Zum Nachdenken II

Diese Texte wären der Inhalt meiner weiteren Bücher, aber ich stelle sie hiermit jedermann zum Lesen zur Verfügung. Sie stehen ausdrücklich zum Teilen zur Verfügung, aber bitte nur unter Angabe meines Namens und meiner Webseite. Eva Windisch - www.mithundensein.de


46. Besuch

 

 

Für viele Hunde ist es ein Graus, ein stressiger Störfaktor im eigenen Haus.

Warum ist das so?
Sie müssen bedenken, liebe Hundehalter, dass in der Regel das eigene Haus bzw. die eigene Wohnung der einzig wirkliche Rückzugsort eines Hundes ist. Der Ort wo er (hoffentlich) zu seinen ca. 20 Stunden Schlaf kommt, die er so dringend braucht. So gut wie nie ist ein verhaltensauffälliger Hund zu Hause verhaltensauffällig. Denn die Reizauslöser, die ihn draußen häufig zum Explodieren bringen, gibt es im eigenen Heim nicht.

Und dann kommt Besuch, und der Hund flippt aus. Es signalisiert höchsten Stress, und dieser kann positiv sein, spricht er springt dem Besuch ins Gesicht und möchte ihn vor lauter Begeisterung am liebsten zu Tode küssen, so sehr freut er sich über jeden Menschen. 
Er kann aber auch negativ sein, sprich, der Hund empfindet es (zurecht) als eine bodenlose Frechheit, dass da plötzlich ein fremder Mensch ungefragt ins eigene Heim eindringt und sich hier wie zu Hause fühlt. Was würden übrigens Sie tun, wenn plötzlich ein Fremder in Ihrem Wohnzimmer stehen würde? Oder wenn Sie abends schon im Schlafgewand wären und Ihr Partner bringt plötzlich seine Kumpels/Freundinnen mit heim? Können Sie die Empörung Ihres Hundes jetzt ein bisschen nachvollziehen?
Natürlich haben Sie das Recht, Besuch einzuladen bzw. auch einen Handwerker in Ihr Heim zu lassen (zu welchem Zweck auch immer ;-) ), aber wie können Sie Ihrem Hund diese Unverschämtheit etwas angenehmer machen?
Wenn Sie wissen, dass Sie Besuch bekommen, ziehen Sie ihm schon im Vorfeld das Geschirr (niemals, wirklich niemals das Halsband!) an, und wenn es klingelt, machen Sie bitte die Leine ran. Halten Sie die Leine kurz, wenn Sie die Tür öffnen, damit der arme Besuch nicht angesprungen oder angegriffen wird, denn nicht jeder mag Hunde, bzw. haben viele Angst vor Hunden. Auch ich werden nicht gerne von fremden Hunden angesprungen, und ab einer gewissen Größe ist dies ja auch sehr schmerzhaft. Bitten Sie Ihren Besuch herein und halten Sie Ihren Hund auf der reizarmen Seite, so dass Sie als Bodyguard funktionieren. Sofern der Besuch nicht ohnehin totaler Fan Ihres Hundes ist, soll er bitte bei sich bleiben, also den Hund nicht ansprechen oder dies zumindest sehr leise machen und keinesfalls übergriffig werden. Das erfordert aber sehr viel Fingerspitzengefühl. 
Mutmaßlich werden Sie sich im Wohnzimmer oder in der Küche niederlassen. Da nehmen Sie Ihren Hund bitte mit verkürzter Leine dicht zu Ihnen auf die reizarme Seite und streicheln ihn zärtlich und beruhigend ins Koma. Bleiben Sie trotzdem bei sich. Nach spätestens 5 Minuten wird der Hund deutlich ruhiger werden, dann können Sie gerne die Leine abmachen, und Sie werden sehen, dass das Interesse an dem „Eindringling“ deutlich geringer und vor allem unemotionaler sein wird. Reagiert Ihr Hund aggressiv auf Besuch, dann halten Sie ihn bitte weiterhin dicht bei sich an der Leine, und falls er Futter nimmt, dann geben Sie ihm ab und zu ein schmackhaftes Leckerchen und versüßen ihm damit die für ihn unangenehme Situation. So kann er für sich neu Verknüpfen: „Sooooo schlimm ist Besuch dann doch nicht, es hat sogar was Gutes.“
Bitte lassen Sie Ihren Hund aber nicht vom Besuch füttern. Das ist ein Fremder, die beiden haben nichts miteinander zu tun, und Ihr Hund hat ja mit dieser Person sonst nichts zu tun, und viele Hunde fürchten sich (zurecht) vor Fremden. Nein – Sie sind der Ansprechpartner für Ihren Hund, nicht der Besuch, Sie bewahren ihn vor Gefahren- Sie sind seine gute Fee. 

Und nicht anders handhaben Sie es bitte im Restaurant.



 45. Der Rückruf

 

Der Rückruf scheint etwas sehr Bedeutsames zu sein, was man als Hundehalter scheinbar selber nicht kann und zwingend einen Trainer dazu braucht. Und dies scheint dann unbedingt beigebracht, trainiert, und ständig geübt werden müssen. Regelmäßig. Denn es ist ein Mysterium. Der Rückruf. Üblicherweise meist als Abruf bekannt. Wir sind schließlich beim Militär, im Krieg – so scheint einem der Umgang mit einem Hund. SITZ! PLATZ! FUSS! AUS! HIER! Alles Militärsprache. Der Krieg ist seit 100 Jahren vorbei, aber scheinbar will man als Hundehalter immer gewappnet sein. Wer weiß, evtl. wird man doch beim nächsten Krieg zusammen mit seinem Hund eingezogen?

 

Ironie beiseite. Ein Hund zieht bei Ihnen ein. Er hat einen Namen, bzw. Sie geben ihm einen Namen nach Ihrer Wahl, nach Ihrem Geschmack. Und logischerweise verwenden Sie im Haus schon mehrfach diesen Namen, wenn Sie ihn ansprechen, wenn Sie etwas von ihm möchten. So wie bei Ihren Mitbewohnern und logischerweise so wie bei anderen Haustieren. Denn irgendwie muss derjenige ja wissen, dass Sie ihn meinen. Und wenn Sie die Aufmerksamkeit eines Tieres möchten, dann sprechen Sie es doch in der Regel freundlich an. Denn es ist ja nun nicht selbstverständlich von einem Haustier, allein bei Ihrer Ansprache sofort Gewehr bei Fuß bei Ihnen zu stehen. So spricht man dieses Tier üblicherweise freundlich, lockend, animierend an. Je weniger es dem Menschen von Natur aus zugewandt ist, desto mehr legt man sich ins Zeug.

Einen Hund schafft man sich an, weil man Hunde liebt. Und diese Liebe wird im Vergleich zu allen anderen Haustieren zu 100% und bedingungslos zurückgegeben. Erstaunlicherweise ist die Reaktion der meisten Hundehalter auf diese bedingungslose Liebe die Erwartung auf 100% Gehorsam. Wie bizarr! Es handelt sich um ein Tier! Gehorsam der selbsternannten Krone der Schöpfung gegenüber entspricht nicht seiner Natur. Bei keinem Tier.
 
Und daher bitte liebe Hundehalter: Rufen Sie Ihren Hund IMMER (und zwar wirklich IMMER!) freundlich, fröhlich, animierend, motivierend. Mit seinem Namen und einem netten Beisatz. So dass er Bock hat zu Ihnen zu kommen. So dass er zu Ihnen kommt, weil er es selber will, und nicht weil er es muss. Und bitte ohne diese emotionslose Militärsprache, ohne „Hiiiiiiiiiieeeeeer!“, ohne „hiiiiiiieeeeerheeeeeer!“, ohne „zuuuuuuu miiiiiiiiieeeer!“, sondern so wie Sie jedes andere Tier zu sich rufen (locken) würden. Das ist das Einfachste der Welt, das brauchen Sie nicht trainieren oder üben, sondern einfach machen. Ist er bei Ihnen angekommen, gibt’s ne kleine Party und ein Leckerchen als Dankeschön. Immer.

Und das ist das Einfachste der Welt. Genau wie der Umgang mit einem Hund.

 

Seien Sie normal. Seien Sie authentisch. Seien Sie nett. Seien Sie freundlich. In 10 bis 15 Jahren ist er schon nicht mehr bei Ihnen.



44. Emotionen unterdrücken


Auf Amazon Prime gibt es seit eine Spielshow („Last One Laughing“), mittlerweile ist die 4. Staffel gelaufen, bei der sich 10 deutsche Comedians für 6 Stunden in einem Loft befinden und nicht lachen dürfen, nicht mal lächeln, bzw. nicht mal die Mundwinkel hochziehen dürfen.
 
Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals in so einer Situation befunden haben, bei der sie um keinen Preis lachen dürfen. Spontan denke ich an meine Pubertätsanfangsphase in den 70er Jahren, als meine Cousine und ich bei jedem Besuch bei ihr regelmäßig bei den Mahlzeiten die schlimmsten Lachkrämpfe bekamen. Ich weiß nicht warum und wie es begann, mutmaßlich weil wir irgendwann mal bei Tisch zu laut kicherten. Ihre Eltern waren sehr streng und schimpften deswegen. Und das war dann über Jahre der Auslöser. Es war unerträglich: In dem Moment wo wir saßen, ging es schon los. Wir sahen uns schon gar nicht mehr an, denn allein der Anblick des anderen – wie er krampfhaft versuchte sich das Lachen zu verbeißen – war unerträglich. Es bereitete uns körperliche Qualen nicht lachen zu dürfen. Und - wie gesagt – ihre Eltern waren sehr streng. Meine Cousine wurde dann jedes mal auf ihr Zimmer geschickt und die Stimmung war eisig. Fazit: Wir fürchteten uns vor jeder Mahlzeit.

 

Es war wie ein Deja Vu für mich, diese Spielshow mit Bully Herbig zu sehen. Ich litt mit den Kandidaten mit, die schweißgebadet waren, Übersprungshandlungen machten, ihr Gesicht verzogen, merkwürdige Geräusche machten, Emotionen wie Wut, Schmerz, Trauer, ja regelrechter Wahnsinn dazukamen. Teilweise brüllten sie wie ein Tier.

 

Und sowas ist Ihnen mit Sicherheit auch schon passiert. Dass Sie – egal aus welchen Gründen - Ihre Emotionen nicht zeigen zu dürfen. 
Und so geht es den meisten Hunden tagtäglich: Sie dürfen ihre Emotionen nicht zeigen. Sie dürfen sich nicht zu sehr freuen, sie dürfen nicht trauern, sie dürfen nicht ängstlich sein, sie dürfen sich nicht fürchten, nicht unsicher sein und vor allem dürfen sie niemals und unter keinen Umständen wütend oder ärgerlich sein. All diese Emotionen und die logischerweise damit verbundenen Handlungen und Verhaltensweisen werden entweder ignoriert oder gemaßregelt und bestraft… sowohl psychisch als auch physisch. Nach dem Vorbild der allgegenwärtigen TV-Hundetrainer und aufgrund der „guten“ Ratschläge anderer Hundehalter. Sei es auf der Straße oder in den sozialen Netzwerken.


 Diese Schauspieler waren dem Wahnsinn nahe, obwohl sie selber und aus Eigeninteresse versuchten, Ihre Emotionen zu unterdrücken. Im Interview danach sagten Sie, dass sie sich vorkamen wie im Irrenhaus. Teilweise merkten sie nicht mal mehr, wenn sie dennoch lachten.
 
Alle Säugetiere (auch wir sind nur Säugetiere) haben und empfinden die gleichen Emotionen wie wir und zeigen dementsprechende Verhaltensweisen, die sie nicht unterdrücken können. Werden sie dafür gestraft, dann ist dieses Lebewesen gebrochen. Es ist dann ein funktionierendes Lebewesen, ein Roboter, eine leere Hülle. Und irgendwann explodiert es. Ist das wirklich erstrebenswert?
 
In diesem Sinne: Stehen Sie Ihrem Hund bei. Nehmen Sie seine Emotionen ernst und unterstützen Sie ihn. Freuen Sie sich mit ihm, beruhigen Sie ihn, trösten Sie ihn, sprechen Sie ihm Mut zu, stärken Sie ihn, beruhigen Sie ihn, beschwichtigen Sie ihn, besänftigen Sie ihn. Seien Sie ihm der beste Freund, so wie auch er ihr bester Freund ist. Und er hat nur Sie.




43. Ignorieren oder bei sich Bleiben?


Den Hund zur Strafe zu ignorieren, teilweise sogar stunden- oder tagelang wird nach wie vor von den meisten Hundetrainern und natürlich auch im TV-Hundetraining propagiert.

Mit dem angeblichen Effekt, dass der Hund dann scheinbar über seine „Sünden“ nachdenkt. Darüber nachdenkt, dass er mal wieder gegen das menschliche Gesetzbuch verstoßen hat.


Tja, die Vermenschlichung der Hunde kennt keine Grenzen. Und mit Vermenschlichen, meine ich mitnichten, einem domestizieren Tier, welches uns liebt und braucht, Zuneigung, Zärtlichkeiten, Liebe, Streicheleinheiten, Verständnis, Empathie und warme Worte zu geben. Sondern von einem Tier zu verlangen, sich wie ein perfekter Mensch zu verhalten. Wie ein gelehrter Hochschulprofessor mit Anstand, Moral und Sitte. Denn das kann ein Tier nicht. Das kann nur ein Mensch, der in diesem System lebt und gezwungen ist, sich systemkonform zu verhalten. Und dies auch nur, weil man es ihm erklärt hat und er die Ratio besitzt, dies nachvollziehen zu können.

Ich hoffe, dieser kleine Ausschweifer lässt Sie, lieber Hundehalter, verstehen, dass ein Hund in seiner Denke nicht nachvollziehen kann, dass wenn Sie ihn zur Strafe ignorieren, er im Vorfeld einen Fehler begangen hat.

Bitte bedenken Sie immer, dass die Verhaltensweisen Ihres Hundes, die Sie als Fehler bezeichnen, in der Welt des Hundes, die einzig richtige und vernünftige Verhaltenssweise in seiner Welt, in seinem Leben war. Denn sie war bedürfnisorientiert und dazu da, sein Leben, sein Überleben und seine Gesundheit zu schützen. Dahinter steckt kein Kalkül und kein Hinterhalt. Daher kann er niemals verstehen, dass Sie dieses Verhalten als falsch ansehen, und er wird nie verstehen, dass Ihr Ignorieren eine Strafe für etwas Vergangenes ist. Ein Hund lebt im Hier und Jetzt.


Jemandem, der einen ignoriert, dem kann man auf lange Sicht nicht vertrauen, sich ihm niemals hingeben. Denn wer blind, taub und stumm ist, der ist eigentlich nicht überlebensfähig, so lernt der Hund nur, weiterhin sein Handeln selbstbestimmt zu tätigen, auf sich und seine Sinne selber zu vertrauen.


Nun gibt es aber tätsächlich Situationen in unserem Alltag, bei denen wir nicht dauerpräsent für unseren Hund sein können, obwohl wir zusammen sind. Und ebenso im Zusammenleben mit unseren Sozialpartnern. Kleines Beispiel: Wenn mein Mann liest und ich ihn etwas frage, nimmt er es nicht wahr, so fokussiert ist er in diesem Moment. Er ist bei sich und bei dem was er gerade tut. Er ignoriert mich nicht. Denn Ignorieren ist etwas, was man willentlich tut, um dem anderen zu schaden. Bei sich zu bleiben ist nur eine Sache der Konzentration (genauso funktioniert übrigens Hypnose). Und diese steuert man nicht willentlich. Alle Sinne sind auf eine Sache gerichtet, man nimmt anderes nicht mehr wahr. Das Gegenteil davon ist Multitasking. Das können Hunde beispielsweise nicht. Männer in der Regel auch nicht. Das ist übrigens der Grund, warum man einen jagenden oder buddelnden Hund so gut wie nicht herrufen kann. Nicht weil er ungezogen ist, sondern weil er den Ruf nicht wahrnehmen kann.


Zur Sache: Sie haben zum Beispiel einen Hund, der sehr ungeduldig ist, der Sie drängt. „Schnell schnell, Frauchen! Vorwärts, Action! Jetzt muss doch was passieren! Ich bin doch gewohnt, dass es gleich losgeht! Party! Futter! Los!“ Solche oder vergleichbare Situationen kennen Sie sicher. Bleiben Sie doch in solchen Momenten mal bei sich und gehen Sie nicht darauf ein, aber nehmen Sie ihn dennoch wahr. Tun Sie das, was Sie gerade tun. Sich anziehen, essen, im Restaurant die Speisekarte studieren, nachdenken, den Abwasch machen, lesen. Konzentrieren Sie sich, bleiben Sie bei sich. Denn mit jedem beschwichtigenden: „Nein, jetzt nicht, warte, gleich…“ sind Sie „im Gespräch" mit Ihrem Hund, ebenso wenn er bettelt, und Sie das in diesem Moment nicht mögen. Solange Sie mit ihm kommunizieren, ist für ihn das Thema noch nicht vom Tisch, und seine Erregungskurve ist und bleibt oben. Und das überträgt sich auf Sie. Kommen Sie innerlich zur Ruhe, bleiben Sie bei sich. Und um Mißverständnisse vorzubeugen: Dies gilt selbstverständlich nicht für Situationen, in denen der Hund durch Äußerlichkeiten gestresst ist, in Not ist oder negativ erregt ist. Da ist natürlich zu 100% Ihr Beistand gefragt.

Den Hund in so einem Fall zu ignorieren ist unfair. Aber es ist ihr gutes Recht, sich auf etwas zu konzentrieren zu dürfen. Damit sind Sie in den Augen ihres Hundes nicht gemein, nicht hart, nicht doof, sondern einfach nur kurz abgelenkt.


Fazit: Ignorieren = Etwas GEGEN den anderen tun

Bei sich bleiben = Etwas FÜR sich tun



40.


Viele meiner Kunden haben auch Pferde (genau wie ich), und natürlich kommt dementsprechend immer wieder die Frage: "Den Hund zum Reiten mitnehmen?"

Meine Antwort immer wieder: NEIN! Auf keinen Fall! Niemals!


Bitte bedenken Sie: Sie sind mit zwei völlig unterschiedlichen Spezies unterwegs, die beide in dieser Zeit Ihre volle Aufmerksamkeit verdient haben. Kein Tier ist zu 100% berechenbar. Weder Ihr Pferd noch Ihr Hund. Sie haben von da oben nicht den Hauch einer Chance. Sie haben keinen Zugriff auf Ihren Hund. Selbst wenn Ihr Hund noch so gut erzogen ist, und auf dem Hundeplatz immer der Beste war - im Falle eines zu großen Reizauslösers ist KEIN Hund mehr rückrufbar. Und solche Situationen passieren nun mal immer wieder. Sie können sich vorstellen, wie wichtig es ist, in so einer Situation zur Stelle zu sein und eingreifen zu können.

Und wenn Ihr Pferd nervös wird, sich erschreckt oder gar durchgeht - was ist dann mit ihrem Hund? Was wenn er aufgeregt ist und gerne nahe bei Ihnen wäre... und da sind die Pferdebeine? 500 kg gegen 5 - 40 kg. Was machen Sie dann?

Und wer bekommt eigentlich während Ihres gemeinsames Ausflugs Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Kommunikation, Ihre Zuwendung? Am Ende Ihr Handy, so kann man gleich 3 Fliegen mit einer Klappe schlagen? Bitte überlegen Sie es sich gut.



Muss man immer alles optimieren? Multitasking, wo immer es geht?

Der Hund hat lediglich den Streß mitzuhalten, Sie nicht zu verlieren, ebenso wie beim Joggen und Radfahren.

In diesem Sinne - Pferd oder Hund? Aber tanzen Sie bitte nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig! Im Interesse Ihrer Tiere und Ihrer ohnehin zu kurzen und zu spärlichen Zeit miteinander.



41.


Ich habe mittlerweile meinen 9. Hund, denn ich hatte von Anfang an immer mehrere Hunde gleichzeitig.

Und ich habe auch mittlerweile mein 8. Pony, denn ich hatte von Anfang an immer mehrere Ponys gleichzeitig.

Ich hatte noch nie eine Erwartungshaltung an eines meiner Tiere. Ich habe immer alle „gebraucht“ geholt. Tiere mit Vorgeschichte. Die schon einen „fertigen“ Charakter haben. Ich habe sie rein aus optischen Gründen ausgesucht. Und genau deshalb hatte ich keine Erwartungshaltung an sie.

Ich habe sie zu mir geholt, weil ich Tiere liebe, vornehmlich natürlich Ponys und Hunde.

Der einzige Grund für mich war, vierbeinige Freunde zu haben, und denen in den paar Jahren des Zusammenlebens das schönste Leben zu bieten. Sie sollten es so gut haben, wie ich es mein Leben lang hatte. Sie sollten sich jeden Tag so fühlen, als ob sie das große Los bei mir gezogen haben. Und das haben sie. Ab dem ersten Tag!

Ich habe weder meine Pferde noch meine Hunde erzogen, sie nie gestraft, geschimpft oder Ähnliches. Ich hatte vor jedem meiner Tiere immer Respekt und auch eine gewisse Demut, denn sie alle waren in ihrer Welt perfekt. Meine Welt war für mich auch perfekt, aber ich hatte nie die Erwartung, dass meine Vorstellung von Perfektionismus auch ihre Vorstellung von einer perfekten Welt war.

Und daher wäre ich nie auf die Idee gekommen, sie zu gehorsamen oder gar unterwürfigen Wesen zu machen. Ich war alleine dafür dankbar, dass sie mich mochten. Was für ein Geschenk! Eine völlig andere Spezies mag mich! So war nur stets mein Ansinnen, dass sie mich weiterhin mögen und niemals sich vor mir fürchten oder gar vor mir Angst haben. Und ich wollte sie auch nicht verändern. Ich habe sie zu mir geholt, also nahm ich alle so wie sie waren, wie sie sind. Jeder eine kleine Persönlichkeit. Mit allen Macken, Ecken und Kanten. Genau wie jeder von uns ist. Und auch meinen Mann und meine Freunde nehme ich selbstverständlich mit allen Macken, Ecken und Kanten. Sonst wäre ich der einsamste Mensch der Welt. Und ebenso dankbar bin ich dafür, dass sie mich so nehmen wie ich bin. Mit allen Macken, Ecken und Kanten. Und dennoch bemühe ich mich jeden Tag aufs Neue, für sie der perfekte Mensch zu sein, der perfekte zweibeinige Sozialpartner, denn sie haben ja nur mich. Aber im Gegenzug verlange ich es von ihnen nicht. Hey, es sind Tiere!!!! Wie dreist, von einem Tier Perfektion und Unterwerfung bzw. Gehorsam zu erwarten! Wie arrogant! Ich ging mit meinen Tieren immer den Weg der Freundschaft, und glauben Sie mir, liebe Hundehalter, was Tiere einem da zurückgeben, ja was sie uns schenken, ist kostbarer, wertvoller und vor allem verlässlicher als der perfekteste Grundgehorsam, die beste Unterwerfung, Unterordnung und Dressur.

Die Arbeit dazu hat nichts mit der Erziehung eines Tieres zu tun. Warum bildet sich der Mensch ein, ein von der Natur aus perfekt geschaffenes Wesen zu erziehen?

Die Arbeit liegt an sich selber. Und das ist schwerer als ein Tier zu dressieren oder abzurichten. Aber es ist eine wunderbare Arbeit! Das Tier wird dann plötzlich zum eigenen Spiegel. Und so wächst man mit seinem Tier. Und jeglicher Ehrgeiz an ein Tier wird im Keim erstickt! Denn man muss plötzlich Ehrgeiz sich gegenüber entwickeln. Wir trainieren uns anstatt ein Tier zu trainieren.

Und wir lernen dadurch die Kunst des Loslassens! Und genau so kommt man zu einem großartigen Ergebnis. Welches man sich nie gesetzt hat. Zum Glück! Und dieses Ergebnis wird nie ein Ziel sein, denn dieses Ergebnis hört nie auf

Was für ein Geschenk! Man hat die Chance, sich als erwachsener Mensch weiter zu entwickeln, keinen Stillstand in sich zuzulassen. Wunderbar!

Unsere Tiere als unsere Lehrer. Ein gemeinsames, leider viel zu kurzes Leben lang. Nutzen Sie es!




41.
Erziehung hat den Vorsatz am anderen etwas zu verändern.
Bei dem was ich lehre ist es genau umgekehrt. Dadurch, dass der Mensch sich verändert, ändert auch der Hund sein Verhalten.


40.
„Und dann hat er mir den Stinkefinger gezeigt!“

Liebe Hundehalter, warum sollte ein Hund das tun?
Ihnen den Stinkefinger zeigen? Ein Wesen, welches unendlich leidet, wenn Sie nicht bei ihm sind? Welches so glücklich ist, wenn es in Ihrer Nähe ist. Warum sollte es Ihnen den „Stinkefinger“ zeigen?

Woher kommt überhaupt die Erwartungshaltung, dass eine ganz bestimmte Tierart dem Menschen gehorchen muss? Eine Tierart von unendlich vielen Tierarten? Speziesismus?

Wieso kommt man nicht auf die Idee, dass ein Meerschweinchen dem Menschen gehorchen muss oder ein Kanarienvogel?
Warum gerade die Spezies Hund? Nur weil dieser den riesen Fehler gemacht hat, im Laufe der selbstgewählten Domestizierung vom Wolf zum Hund vor ca. 15.000 Jahren den Menschen ganz sympathisch zu finden?

Daraufhin haben wir beschlossen, dass er uns bedingungslos gehorchen muss. Kleiner Finger – ganze Hand. Eigentlich bizarr, oder? Die zweite Arschkarte diesbezüglich haben übrigens die Pferde gezogen. Diese haben sich nicht freiwillig dem Menschen angeschlossen. Aber von denen wird ebenfalls bedingungsloser Gehorsam gefordert. Diese werden zu perfekten Sportgeräten gemacht - und Hunde zu perfekten Menschen. Keine Diskussion!

Warum? Ich werde es wirklich nie nie nie nachvollziehen können.

Meine vier bis fünf Hunde, die ich hatte und habe kommen zu – ich würde schätzen – 90% Prozent, wenn ich sie rufe. Und das ist viel. Und ich empfinde es nicht ein einziges Mal davon als eine Selbstverständlichkeit, dass sie es tun, sondern als eine große Ehre, als ein riesen Kompliment ihrerseits an mich. Immer. Jedes einzige Mal. Genauso empfinde ich es als eine Ehre, wenn meine Ponys, mit denen ich frei im Wald spazieren gehe, zu mir galoppiert kommen wenn ich sie rufe. Wer von Ihnen würde das in dem Fall nicht auch so sehen? Wie wäre es bei anderen Tieren? Würden Sie es da nicht als ein unfassbares Geschenk ansehen? Ein Tier, welches zu ihnen kommt, wenn Sie es rufen? Ein Haustier. Woher diese überhebliche Erwartungshaltung an ein bestimmtes Tier uns Zweibeinern gehorchen zu müssen?

Bitte schätzen Sie sich doch primär glücklich, so ein Wesen bei sich zu haben. SIE haben es ausgesucht und zu sich geholt, wie Sie es sicher einst auch einmal in Ihrem Leben mit einem anderen Haustier gemacht haben. Weil Sie sich in dieses Tier verliebt haben. Bei den anderen Haustieren haben Sie sich sicher mächtig ins Zeug gelegt, um sie sich zum Freund zu machen, stimmt’s? Natürlich, denn Sie sind ein Tierliebhaber. Sind Sie auch ein Hundeliebhaber? So machen Sie ihn diesen sich doch auch primär zum Freund. Und dann legen SIE sich doch ins Zeug, damit dieses Lebewesen gerne kommt, wenn Sie es rufen. Damit es gerne und bei jeder Gelegenheit in Ihrer Nähe ist. Damit es Ihnen mit Freuden Ihre Wünsche von den Lippen abliest. Freiwillig. Weil dieses Tier es von sich aus und gerne möchte und nicht weil es muss.

Und dann wird es Ihnen auch keinen Stinkefinger zeigen. Was ohnehin völlig absurd ist. Warum und mit welcher Intension sollte Ihr Hund Ihnen den Stinkefinger zeigen? Wenn Ihr Hund Sie so sehr hasst, dass er Ihnen den Stinkefinger zeigt, dann würde er doch als nächste Instanz sich von Ihnen fernhalten. Wie Sie es bei einer verhassten Person tun würden, der Sie den Stinkefinger zeigen würden.

Ihr Hund ist nicht auf der Welt, um Ihnen bedingungslos zu gehorchen. Es ist ein Tier, das sich ohnehin so unfassbar viel Mühe gibt, uns merkwürdige, unfreundliche und unberechenbare Wesen zu verstehen. Und dann wagt dieses Tier einmal, den Fokus auf etwas anderes als uns zu legen, abgelenkt zu sein, und wir nennen es „uns den Stinkefinger zeigen“?

Bitte geben Sie sich die Mühe, dieses Tier zum Freund zu machen. Und wenn SIE es durch diese unnatürliche Zivilisation voller abstrakter Regeln und Normen führen, dann sichern Sie es dementsprechend, wenn beispielsweise der Rückruf noch nicht klappt und stehen Sie ihm bei, wenn es Stress, Angst, Unwohlsein und auch Wut bekommt, weil wir merkwürdige Wesen es immer wieder in Situationen führen, denen er in der Natur aus dem Weg gehen würde.

Es ist so unendlich viel leichter als Sie denken.

39.
Ihr Hund ist Ihr bester Freund.

SIE haben ihn zu sich geholt, also nehmen Sie ihn so wie er ist, mit all seinen Eigenheiten, seinen Macken, seinen Ecken und Kanten.

Vielleicht haben Sie ihn als kleinen Welpen zu sich geholt…klein, tapsig, unbeholfen. Was ging in dem Moment in Ihnen vor? Planten Sie da schon seine Zukunft, seinen Grundgehorsam, seine Unterordnung, sein Training? Oder liebten Sie ihn einfach, weil er so süß war?

Vielleicht haben Sie ihn aus dem Tierheim geholt, und er hatte bereits die Hölle auf Erden hinter sich. Waren Ihre ersten Gedanken Grundgehorsam, Training, Wettbewerbe, Siege, Gewinne, Leistung, Perfektion?

Kann man von einem Tier Perfektion erwarten? Ist das nicht absurd?

Warum wollen Sie ihn dressieren, abrichten, erziehen, trainieren, ihn zu einen funktionierenden Etwas machen?
Einen Roboter, einen Computer, eine Maschine, die funktioniert? Kompromisslos. Ein Hund wie der Andere? Wie die Hämmer in dem Film "The Wall" von Pink Floyd?

Seien Sie ihm einfach nur ein guter Freund, und er wird Ihnen alles schenken. Alles. Aber er wird er bleiben. Ein Individuum genau wie Sie. Mit all seinen Macken, Ecken, Kanten, mit all seiner Unperfektion. Unperfekt in Ihren Augen. Aber er ist perfekt in seiner Hundewelt.

Tauchen Sie ein in seine spannende und geheimnisvolle Welt voller Liebe und geben Sie ihm diese 1000-fach zurück. In ca. 10 Jahren ist er für immer weg, und Sie werden viele Jahre um ihn und um seine Liebe zu Ihnen weinen. Mit Sicherheit werden Sie doch nicht um seine Unterordnung weinen, um seinen Grundgehorsam weinen, um seine Devotheit weinen, um seine Leistungen im Mantrailing, Obidience, Dogdance, Agility, Frisbee, Flyball etc. weinen.

Nehmen Sie ihn an, wie er ist. Lassen Sie ihn das sein, was er ist: Ein Sie liebendes Wesen in einer Welt voller Lebenslust, voller Kreativität, voller Glück, voller Freunde, voller Liebe.
Genießen Sie jeden Tag, jede Stunde, jede Minute mit ihm. Lernen Sie von ihm.
Lassen Sie ihn Hund sein! Sie lieben doch Hunde, oder?

Hunde sind so wunderbare Wesen, bitte schätzen Sie das, bitte wertschätzen Sie das.
Muss er wirklich all Ihre Vorstellungen erfüllen? Muss er Ihren Forderungen auf den Punkt entsprechen?
Warum haben Sie eine Erwartungshaltung an ein Tier? Forderungen an ein Tier?
Ein Wesen, dass so anders und doch so gleich ist wie wir?
Ist es so schwer, dieses Tier so zu nehmen wie es ist?
Ist es so schwer, sich ein Tier zum Freund zu machen, welches den Schritt zu dieser Freundschaft längst vollzogen hat. Warum ist es so schwer ihm auf Augenhöhe zu begegnen?

Nein, es ist sogar sehr einfach. Hören Sie ihm zu, lassen Sie sich auf seine Welt ein, lassen Sie sich von ihm in seine Welt einladen. Lernen Sie, sein Handeln, sein Denken, sein Tun zu verstehen. Es ist so einfach.
Lernen Sie, sich mit ihm zu arrangieren. Es ist und bleibt ein Tier. Aber im Vergleich zu allen Tieren, ist er ein Tier welches Sie liebt, welches Sie vergöttert. Muss man dies mit Härte und Strenge erwidern? Warum?
Warum fällt es den Meisten so schwer? Für mich persönlich sind Hunde kleine Götter der Liebe.

Das Leben mit einem Hund ist ein Geschenk. Ein Geschenk für kurze Zeit. Nutzen Sie diese Zeit. Es ist eine Zeit und eine Chance für Sie sich zu entwickeln, zu wachsen, Erfahrungen zu machen, erwachsen zu werden, empathisch zu werden, Lieben zu lernen, Achtsamkeit zu erlernen, Klugheit zu lernen, weich zu werden, weise zu werden, wirkliches Hundeflüstern zu lernen. Jeder von uns hat es in sich. Wenn er es zuläßt.

Das ist und bleibt die Botschaft der Hunde.


38.
Gestern wurde ich gefragt, warum ich denn Fehlverhalten „belohne“.

Begehen Tiere ein Fehlverhalten? Was genau ist denn ein Fehlverhalten?
Ein Verhalten eines Hundes welches im Augenblick nicht unseren persönlichen Vorstellungen entspricht? Sind wir der Richter über erwünschtes Verhalten oder Fehlverhalten von Tieren? Ist denn unser persönliches Verhalten durchwegs richtiges Verhalten oder gar auch oft angebliches Fehlverhalten? An wem oder was messen wir denn erwünschtes Verhalten, und glauben Sie, dass ein Tier weiß, welches Verhalten die Krone der Schöpfung als richtig oder falsch einstuft?

Warum glauben Sie, dass ein Tier ein angebliches Fehlverhalten begeht? Und glauben Sie, dass dem Tier bewusst ist, dass die Krone der Schöpfung dieses oder jenes Verhalten als richtig oder falsch einstuft?

Ein Hund handelt immer im Hier und Jetzt in seiner kleinen Hundewelt und zwar so, dass seine Unversehrtheit, seine Ressourcen und sein Individualbereich gewahrt wird. Und das kommuniziert er in seiner Hundesprache. So wie es jedes Lebewesen handhabt. Denn jedes Tier und auch jeder Mensch möchte unversehrt bleiben, seine Ressourcen gewahrt wissen und seinen Individualbereich gewahrt wissen. Jeder in seiner Sprache. Alles andere wäre unnatürlich. Wir tun das doch auch, aber empfinden es bei unserem Hund als Fehlverhalten.

Da Hunde – genau wie wir – es nicht zwingend toll finden, wenn beispielsweise ein anderer Hund ihm zu nah kommt, dann äußert er sich dazu, und seine Vorstellung von „zu nahe“ ist eben nun mal oft eine andere als die Unsere.
Beispiel „Leinenaggression“. Der Hund schreit den anderen an: „Hau ab, Kollege! Du bist zu nahe, ich fühle mich dadurch nicht wohl/bedrängt/bedroht!“ Er ist gestresst. Straft man in so einem Fall den Hund dafür, ist er logischerweise noch gestresster.
Seine Emotion Stress (durch die Wut) wird größer, aber durch die Strafe lediglich unterdrückt. Das Bewusstsein, dass sein – in seiner Welt – richtiges Verhalten in unseren Augen ein Fehlverhalten ist, wird er nie verstehen. Die Angst zukünftig vor der Strafe wird je nach Härte der Strafe einfach nur der Wut und dem Stress über die Nähe des Kollegen überwiegen. Erlernte Hilflosigkeit nennt man das in der Psychologie.

Sie können Verhalten, welches aus einer Emotion entsteht nicht bestrafen, denn Emotionen können nicht willentlich hervorgerufen werden. Das könnten Sie auch nicht. Sie könnten versuchen, jemandem eine Emotion vorzuspielen, aber das würde Ihnen nicht gelingen, außer Sie hätten eine wirklich sehr gute Schauspielausbildung (und ich muss das wissen, denn ich war früher Schauspielerin und Lehrerin auf Schauspielschulen) bevor ich Hundeverhaltenstrainerin/Hund-Mensch-Coach/Hundepsychologin wurde.

Aber Sie können unangenehme Emotionen Ihres Hundes durch angenehme Emotionen deutlich mindern oder sogar löschen. Das hängt davon ab, wie schön und positiv diese angenehmen Emotionen für den Hund sind. Angenehme Emotionen können durch einen Leckerbissen, durch Streicheln, durch liebevolle Worte ausgelöst werden und somit die unangenehmen Emotionen und das dementsprechende Handeln gelöscht werden. Bei jedem Menschen, bei jedem Tier und auch bei einem Hund. Sie können Ihrem Hund einen unangenehmen Augenblick versüßen und damit als Folge den Hund umkonditionieren, so dass ihm unangenehme Situationen mit einer positiven Erwartungshaltung erfüllen, und er sich sofort an Sie wendet, anstatt selber zu handeln.

Nutzen Sie Ihren höheren IQ, seien Sie weise, seien Sie klug, denken Sie nach. Und zwar immer, bevor Sie schimpfen/strafen/maßregeln.
Und seien Sie sich bewusst: Fehlverhalten (welches durch Emotionen ausgelöst wird) kann man nicht belohnen. Und jedes andere andere angebliche „Fehlverhalten“ kann man durch das Anbieten eines positiven Alternativverhalten umlenken. Und das ist so einfach. Für jeden. Auch für Sie. Da bin ich mir ganz sicher.


37.
Brustgeschirr vs. Halsband

Eine Leine ist eine Sicherung.
Eine Sicherung dafür, dass der Hund nicht auf die Straße läuft, nicht zu andern Menschen oder Hunden hinläuft, nicht jagen geht, sich und andere nicht in Gefahr bringt.

Auch wir sichern uns. Beim Autofahren legen wir den Sicherheitsgurt um Brustbein und Rippen, beim Bergsteigen, Fallschirmspringen und Drachenfliegen sichern wir uns am Becken, beim Kettenkarussell am Becken, beim Achterbahnfahren über den Überrollbügel an Rippen und Becken, beim Motorradfahren mit dem Helm am Schädel. Aber niemals sichern wir uns am Hals. Niemals würden wir uns an der Luftröhre sichern.

Warum sichern wir dann eigentlich den besten Freund des Menschen an der Luftröhre?
Am empfindlichsten Körperteil eines Tieres?
Weil man es schon immer so gemacht hat?
Ist das ein Argument?

HALLO!!!???? Die Luftröhre!!!???

Geben Sie sich doch bitte mal einen ganz kleinen, ganz feinen Handkantenschlag gegen die Luftröhre.
Merken Sie, wie unangenehm das ist?
Merken Sie, wie lange dieses unangenehme Gefühl noch nachhallt?
Ganz schön lang.
Ich habe im Selbstversuch eine halbe Stunde gezählt.

Ach so, Ihr Hund zieht nicht? Warum hat er dann eine Leine?

Es gibt keinen einzigen Hund, der nie zieht, aber noch viel weniger gibt es einen Menschen, der nie zieht. Sie ziehen -zig mal pro Spaziergang, mutmaßlich ohne es zu merken. Achten Sie es doch beim nächsten Spaziergang mal ganz bewußt darauf.

Wenn weder Hund noch Mensch nie ziehen würde, dann wäre die Erfindung der Leine unnötig. Es wäre unfassbar anstrengend für beide Parteien, so aufeinander zu achten, dass die Leine niemals straff ist, so dass beide nach wenigen Minuten schon total erschöpft wären. Der Spaziergang hätte für beide keinen Wert, denn sie könnten überhaupt nicht mehr auf ihre Umwelt achten, nur auf denjenigen, der am anderen Ende der Leine hängt.

Sorry, liebe Leser, das kann niemand über einen längeren Zeitraum durchhalten. Weder ein Mensch noch ein Hund. Und das hat nichts mit der Erziehung zu tun.

Daher meine große Bitte an Sie:
Bitte verwenden Sie ein gutsitzendes, locker verschnalltes Y-Brustgeschirr mit einem großen Halsausschnitt.
Auch wenn es nur für ein paar Meter um den Block sind.
Sie würden sich auch für die Autofahrt zum Bäcker den Sicherheitsgurt nicht um den Hals legen.
Sie würden sich auch für den kurzen Aufstieg auf den Berg die Sicherung nicht um den Hals legen.
Sie würden sich auch nicht für den kurzen Drachenflug oder den Fallschirmsprung die Sicherung um den Hals legen.

Und ein Hundetrainer, der behauptet, Leinenführigkeit nur über ein Halsband erreichen zu können, outet sich mit so einer Aussage selber: „Ich kann es leider nur über Sauerstoffentzug und Schmerzreize, ich weiß es nicht besser, ich kann es nicht besser, ich habe es nie besser/anders gelernt.“
Ein Hundetrainer, der ein Halsband benutzt, kann nur über Schmerzreize arbeiten.
Ist das für Sie jemand, der seinen Beruf beherrscht?

Bitte liebe Hundehalter, sichern Sie Ihren Hund so wie Sie sich sichern würden.

Es gibt zig Gründe für ein Y-Brustgeschirr, aber keinen Einzigen für ein Halsband.
Und ja, ich glaube Ihnen, dass das Anziehen etwas umständlich und langwieriger ist als das Überstreifen eines Halsbandes, aber dann ist es halt so. Manche Hunde mögen es halt nicht. Manche Kinder mögen auch das An- und Ausziehen eines T-Shirts nicht. Ich trage beim Mopedfahren auch nicht gerne einen Helm, der die Haare anklatscht, aber ich möchte gerne unversehrt weiterhin Vespa fahren.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Hund auch nicht gerne zum Tierarzt geht, und dennoch machen Sie es. Weil es für die Gesundheit ist.

In diesem Sinne: Eine Leine ist eine Sicherung und nicht dazu da, dem besten Freund des Menschen weh zu tun.



36.
Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie wären richtig gestresst.
Sicherlich hatten Sie so eine Situation schon erlebt.

Sie sind in Eile, haben verschlafen, keine Zeit fürs Frühstück gehabt, den Bus verpasst, also zurück zum Haus. Sie müssen das Auto nehmen. Ständig klingelt Ihr Handy, und dann springt auch noch das Auto nicht an. Sie wissen, dass Sie zu spät zur Arbeit kommen, und was für unangenehme Konsequenzen das für Sie hat.
Sie sind kurz davor, richtig hysterisch zu werden.

Was würden Sie in so einem Fall von Ihrem Partner, den Sie so abgöttisch lieben, erwarten?

Was wäre, wenn er Sie anschreien würde, dass Sie sich nicht so anstellen sollen? Was wäre, wenn er gar handgreiflich werden würde?

Würden Sie sich dann besinnen und sich denken: „Recht hat er, ich sollte bei Stress einfach ruhiger werden, ich dummes Ding. Auf keinen Fall werde ich meine Gefühle zukünftig nach außen tragen und meinem Partner nicht mehr mitteilen, wenn alles über mich zusammenbricht. Diese Ohrfeige gerade hat richtig gutgetan. Ab sofort werde ich bei Stress einen kühlen Kopf bewahren. Das war mir eine Lehre.“

Oder wäre es Ihnen lieber, wenn Ihr Schatz Sie beruhigen würde, Ihnen seine Hilfe anbieten würde, Sie vielleicht mit seinem Auto zur Arbeit fahren würde und alles tun würde, damit Sie sich entspannen können und weniger gestresst sind?

Mit Sicherheit ginge es Ihnen bei Version Zwei besser. Sie würden über Ihren Partner denken: „Was für ein wunderbarer Mensch. Er ist immer für mich da, er nimmt mich ernst, er unterstützt mich, er tut mir gut.“

Und wie reagieren Sie, wenn Ihr Hund gestresst ist?


35.
Die Unsitte Tiere zu strafen – allen voran Hunde und Pferde – ist nicht auszurotten.

Wie kommt man darauf Tiere zu strafen, streng zu ihnen zu sein? Dafür dass sie uns – der selbsternannten Krone der Schöpfung - nicht gehorchen, uns auf Lebenszeit nicht rund um die Uhr devot untertan sind? Unseren Befehlen nicht Folge leisten? Wieso sollten Tiere uns gehorchen? Weil wir etwas Besseres sind?
Warum erhebt man sich so gerne über andere Lebewesen? Und warum gerade über die, die uns am zugewandtesten sind?

Wir sind nichts anderes als Säugetiere mit den gleichen Körperteilen, einem ZNS, den gleichen Emotionen, Gefühlen und Bedürfnissen.
Wir essen Tiere oder wir lieben sie.
Warum strafen wir dann aber so gerne die, die wir lieben?

Was ist in uns, dass wir genau diese, die wir lieben, beherrschen wollen, anstatt einfach ihre Nähe zu genießen, uns daran zu erfreuen, dass sie uns augenscheinlich auch mögen, ja dass es sogar möglich ist, sie durch unsere erwiderte Liebe noch enger an uns zu binden, sie genau durch unsere Liebe dazu zu bringen, uns noch besser zuzuhören.
Nicht anders als wir es bei zweibeinigen Freunden bzw. bei unserem Partner handhaben.

Woher rührt die unglaublich hohe Erwartungshaltung an Hunde? Diese Tiere lieben uns automatisch. Sind wir nicht anwesend, dann sind sie traurig, erscheinen wir wieder auf der Bildfläche, dann freuen sie sich als wären wir jahrelang verschollen gewesen.
Sie genießen unsere Anwesenheit rund um die Uhr, wir werden ihnen durch unsere Anwesenheit nicht lästig. Sie schließen sich uns freiwillig an, verbringen gerne den Alltag mit uns, und wollen uns gefallen.

Aber das scheint uns nicht genug zu sein:
Liebe hin - Liebe her… sie sollten zu 100 Prozent folgsam sein, unauffällig sein, gehorsam sein, keinerlei Eigeninitiative entwickeln, funktionieren, perfekt sein, wie ein Roboter fehlerfrei sein.

Und klappt das nicht, dann wird gestraft, geschimpft, gemaßregelt, die Stimme erhoben. Mit dem Anliegen, dass der Hund doch wissen muss, war für eine hohe Erwartungshaltung er in unserem Leben, in unserer Gesellschaft zu erfüllen hat. Auch wenn er eine völlig andere Spezies ist. Er hat ein besserer Mensch zu sein, ja wie ein perfekter Mensch zu sein.
Perfekter als wir es je sein können.

Begeben Sie sich doch bitte einmal auf Augenhöhe Ihres Hundes und versuchen Sie ein wenig, die Welt aus seinen Augen zu sehen, sein Handeln und Verhalten nachzuvollziehen. Er ist und bleibt eine andere Spezies als Sie. Er hat die gleichen Emotionen wie Sie, aber dennoch nicht die Ratio und den Verstand wie Sie. Er sieht seine und unsere Welt anders, nimmt sie anders wahr als wir.

Die Erwartungen, die wir Menschen in einen Hund haben, wird er nie erfüllen können und vor allem nie nachvollziehen können.

Daher zeigen Sie ihm bitte immer wieder was Sie gerne von ihm möchten, bestätigen Sie ihn immer in dem was er tut, was Sie erfreut. Helfen und unterstützen Sie ihn, wenn er unsicher ist, wenn er Angst hat, wenn es ihm nicht gut geht und stehen Sie ihm bei. Sichern Sie ihn, wenn Sie glauben, dass er in bestimmten Situationen undurchschaubar oder unberechenbar reagiert, aber nehmen Sie auch hin, dass nicht alle Hunde gleich sind und in jeder Situation gleich reagieren.

Unsere Hunde sind alles Individuen – genau wie wir.

Seien Sie ihm das, was er immer für Sie ist und immer für Sie bleiben wird: Ihr bester Freund. Das Leben zusammen in Freundschaft ist so einfach.
Bei Menschen wie bei Tieren.

Wir gehen an einem sonnigen Tag auf einem unserer Panoramawege spazieren, und ein Hundehalter mit einem großen Hund kommt uns entgegen. Der Hundehalter hält die Leine sehr kurz, direkt am Halsband und herrscht seinen Hund während er an uns vorbeigeht die ganze Zeit an: „NEIN! NEIN! NEIN!“

Was lernt der Hund, der wirklich gar nichts Auffälliges gemacht hat, daraus?

Richtig – gelassen anderen Hunden vorbeigehen ist unerwünscht. An anderen Hunden vorbeigehen ist für meinen Menschen sehr stressig.


Es ist völlig absurd den Hund vorsorglich mit NEIN! zu maßregeln, nur weil er ein angebliches Fehlverhalten machen könnte.


Ein Hund lebt im Hier und Jetzt, und prophylaktische Maßregelungen mögen uns Menschen noch einleuchten, weil wir diese mit Erklärungen gespickt in unserer Sprache erläutern und somit verstehen und nachvollziehen können. Aber bitte erwarten Sie dies doch nicht von einem Tier!


Und selbst wenn der Hund dann ein von uns bezeichnetes Fehlverhalten in einer Situation an den Tag legt (bedenken Sie bitte, dass dieses Verhalten in seiner Hundewelt ein korrektes und für ihn notwendiges Verhalten ist), dann schimpfen und strafen Sie ihn nicht dafür, sondern zeigen Sie ihm stattdessen, was er denn alternativ dazu machen könnte.


Das schönste NEIN!AUS!PFUI!, die kräftigsten Leinenrucks, die Tritte, das Anzischen, das Hinterherwerfen von Gegenständen oder wie Menschen noch so kreativ ihre Hunde strafen, kommen für den Hund nur als unberechenbarer Stress- bzw. Schmerzreiz seitens seines Menschen an, aber ein ethisches Verständnis von richtig und falsch, Moral, Anstand und Sittsamkeit wird ein Hund damit nicht entwickeln.

Er wird nur erkennen, dass man sich vor seinem geliebten Menschen oft in Acht nehmen muss und dieser unberechenbar ist.

Im Prinzip das Gegenteil von einem verlässlichen Sozialpartner, dem nach vertrauen kann, dem man sich hingeben möchte, mit dem man durch Dick und Dünn gehen möchte.


Liebe Hundehalter, werden Sie kreativ im Umgang mit Ihrem Hund. Bitte zeigen Sie ihm nicht ständig auf, was er alles falsch macht, sondern zeigen Sie ihm eine Fülle von Möglichkeiten, was er statt dessen Tolles machen kann, und freuen Sie sich darüber.


Das Leben mit einem Hund kann so einfach sein.


33.
Was Ihr Hund beim Leinenruck lernt:

RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!
RUCK!
AUA! Streß!

NICHTS lernt er, außer dass Spazierengehen schmerzhaft und stressig ist.

32.
Haben Sie Angst vor Spinnen?

Oder ist es gar Panik, die Sie befällt, wenn Sie das achtbeinige Krabbeltier an einer Wand in Ihrem Haus/in Ihrer Wohnung sehen? Kreischen oder schreien Sie, wenn dies der Fall ist?

Zurecht. Denn es ist auch für die meisten von uns gruselig. Es ist eine Urangst, denn eine Spinne könnte ja tödlich sein. Kinder schauen unsere Reaktion auf eine Spinne häufig ab und entwickeln nach und nach die gleiche Emotion, das gleiche Verhalten auf diesen Reiz. Lernen durch Nachahmen. Übrigens die leichteste Art des Lernens.

Würde es Ihnen helfen, wenn der Mensch, den Sie am meisten lieben Sie anschreien würde. „Stell Dich nicht so an! Halt die Klappe!“
Oder wenn er Ihnen eine Ohrfeige geben würde, denn das hat man doch früher bei hysterischen Frauen gemacht, und dann waren sie ruhig?

Wäre damit Ihre Spinnenangst kuriert?

Mit Sicherheit nicht. Ihre Panik beim Anblick einer Spinne wäre gleich, aber das Vertrauen in den Menschen, den Sie doch so sehr lieben wäre deutlich gemindert. Im schlimmsten Fall hätten Sie sogar noch zusätzlich Angst vor ihm, wenn Sie das nächste Mal eine Spinne huschen sehen.

Was täte Ihnen in so einem Moment wirklich gut?
Natürlich: Wenn Ihr Partner aufgrund Ihres spitzen Schreies herbeieilen würde, die Spinne in ein Glas setzten würde und hochkant hinausbefördern würde. „Mein Held!“, würden Sie denken. Ihre Angst vor Spinnen wäre zwar weiterhin beim Anblick einer Spinne vorhanden, denn in Ihrer Welt ist Ihre Spinnenphobie begründet, aber der Mensch, den Sie lieben, nimmt Sie immer ernst und beschützt Sie dann, wenn Sie ihn am dringensten brauchen. "Call me an I'll be there!" Was für ein wunderbarer Mensch!

Verstehen Sie worauf ich hinaus will?

Die Emotionen, die viele Hunde beim Anblick eines anderen Hundes haben und das daraus resultierende Verhalten (Laien nennen es oft „Fehlverhalten“) ist in ihrer Welt absolut begründet. Wenn Sie Ihren Hund in so einer Situation schimpfen oder gar strafen, hilft das dem Hund in keinster Weise. Sicher, Sie könnten ihn so hart strafen, dass er vor der Strafe die Sie ihm zufügen in Zukunft mehr Angst haben wird als vor dem entgegenkommenden Kollegen.
Aber wollen Sie das wirklich? Einen Hund brechen, der unsicher ist, der Angst hat? Aggression ist das Resultat von Unsicherheit und Angst. Die Spinne würden Sie mit der Fliegenklatsche töten oder mit dem Staubsauger einsaugen.

Bitte liebe Hundehalter, nehmen Sie Ihren Hund ernst. Wenn er Probleme beim Anblick eines Hundes hat, bitte vergrößern Sie den Abstand soweit es die Lokalität erlaubt, nehmen Sie ihn auf die reizarme Seite, reden Sie freundlich-beruhigend auf ihn ein, und sorgen Sie dafür, dass der Moment des Schreckens schnell vorbei ist. Alles andere ist kontraproduktiv.

Und bedenken Sie immer, wovor Sie Angst, Panik oder welche Phobie Sie auch immer haben. Spinnen, Schlangen, Höhe, Zukunft, Kriege, Schmerzen, Krankheiten, Fahrstühle, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und und und….
Ihre Sozialpartner sollten Sie doch ernst nehmen und für Sie da sein und Sie nicht für Ihre Ängste verachten.

So wie Sie den besten Freund des Menschen immer ernst nehmen sollten.
Seine Ängste, seine Sorgen, seine Streßauslöser.
Bedenken Sie immer: Es sind nur wenige gemeinsame Jahre, die Sie zwei miteinander haben.


31.
Was Sie in meinem Unterricht nicht lernen:

Grundgehorsam, Kommandos, Unterordnung, Dressur, klassische Hundeerziehung, seinen Willen durchsetzen, wie man einen Hund straft, erschreckt oder bedroht, Abrichten, Tricks, Auspowern, Hierarchien, Rangordnungen, Chef sein, Hundesport, Übungseinheiten, Lehrer sein, Trainer für Ihren Hund sein, Rudelführer, Leitwolf oder Alphatier für Ihren Hund sein.

Was Sie in meinen Kursen lernen:

Einen gechillten Alltag mit Ihrem Hund, Freundschaft mit einem Tier, Achtsamkeit, Ruhe, Entspannung, Vertrauen, Klarheit, Konsequenz sich selber gegenüber, Kreativität, Liebe, Empathie, Selbstreflektion, Respekt dem Hund gegenüber, fachlich-fundiertes modernes kynologisches Wissen, Hundeverhalten richtig verstehen und interpretieren.

Was Ihr Hund in meinen Kursen lernt:

Dass Sie wirklich sein bester Freund sind, dass Sie hinter ihm stehen, ihn verstehen, ihn behüten, ihn schützen, ihn ernst nehmen, dass Sie in jeder Situation immer den besten Plan in seinem Sinne haben, dass er sich auf Sie immer verlassen kann, dass Sie seine negativen Emotionen in positive Emotionen verwandeln können, dass Sie ihn großartig finden, dass er etwas wert ist.
Und er wird Sie von einer völlig neuen, überraschenden Seite kennenlernen - und Sie ihn auch.


30.
Wussten Sie, dass Ihr Hund perfekt ist?
Nein?
Doch!
Er kann perfekt gehen, er kann perfekt stehen, er kann perfekt sitzen, er kann perfekt liegen, er kann perfekt rennen, er kann perfekt riechen, hören, sehen, er kann perfekt essen, er kann perfekt trinken, er kann perfekt urinieren, Kot absetzen, bellen, knurren, jaulen, winseln, sich wälzen, schlafen, ruhen, wach sein und so weiter.

Er kann alles perfekt, was Hunde so können. Alles was er macht, ist perfekt und richtig. In seiner Welt ist sein Handeln richtig. Ein Hund macht alles richtig.
Ein Regenwurm macht alles richtig. Ein Schaf macht alles richtig. Ein Orang Utan macht alles richtig. Ein Löwe macht alles richtig.

Das Handeln eines Hundes und eines jeden anderen Tieres ist perfekt und richtig. In seiner Welt ist sein Handeln und sein Tun richtig und perfekt und dient seinem Leben, seinem Überleben, seinem Schutz und seiner eigenen Sicherheit.

Ihr Hund ist perfekt, lieber Leser. Doch viele Hundehalter finden so vieles falsch, was Ihr Hund macht und strafen, bzw. maßregeln ihn dafür. „Er hat gefälligst zu verstehen bzw. einzusehen, dass sein Handeln falsch ist!“ Vergessen Sie nicht: In seiner Welt macht er alles richtig. Wir strafen ihn für korrektes Hundeverhalten.

Sie wissen immer noch nicht, worauf ich hinaus will?

Bitte liebe Hundehalter: Natürlich leben wir in einer Gesellschaft, in der ein Hund am besten nicht auffallen soll, weil wir Menschen unsere eigene Vorstellung von gesellschaftlichem und öffentlichen Auftreten haben. Und genau damit machen wir es unseren Hunden in ihrer Welt sehr schwer, dies alles nachzuvollziehen, was wir von ihnen erwarten, und genau deswegen wird der Umgang leider immer härter.

Daher: Anstatt Ihrem Hund zu zeigen, was er alles nicht darf, was er alles nicht machen soll – zeigen Sie ihm doch bitte stattdessen immer (und wirklich immer), was er in diesem von Ihnen willkürlich gewählten Moment besser machen könnte und loben Sie ihn dafür jedes Mal. Nur das ergibt in seiner Welt für ihn einen Sinn, denn unsere Vorstellung und unsere Erwartungshaltung von guter Erziehung, Moral, Sittsamkeit, Anstand und Benimm werden einem Tier niemals schlüssig sein.


29.
„Man kann doch einen Hund nicht mit einem Kind vergleichen!“
So eine Aussage hört man immer wieder, wenn es darum geht, dem Hund Liebe, Zärtlichkeiten, Fürsorge, Empathie, Schutz oder Trost angedeihen zu lassen.

Denken Sie logisch: Nur ein Hund liebt Sie so bedingungslos, so offen, so ehrlich und so echt wie ein Kleinkind.

Warum werden seine Bedürfnisse uns gegenüber dann so oft mit Füßen getreten oder einfach abgestritten?

Er ist ebenso abhängig von Ihnen wie ein Kleinkind. Von Ihrer Liebe, Ihrer Gunst, Ihrer Anwesenheit, Ihrer Fähigkeit ihn zu schützen, ihm beizustehen wie ein Kleinkind. Dies ist bei keinem anderen domestizieren Tier der Fall. Die Seele eines Kleinkindes ist bei Verweigerung dieser Bedürfnisse schnell für immer gebrochen. Und es wird Sie dennoch weiter lieben. Genau wie bei Ihrem Hund. Ein Hund verzeiht alles, aber er vergisst nie. Und das sogar lebenslang. Das ist bei einem Kind anders ab der Zeit des erwachsen Werdens. Ihr Hund wird Sie solange er lebt lieben. Ihr Kind wird Ihnen später mutmaßlich die Rechnung für das Nicht-Erfüllen seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse liefern.

Sie regeln bei einem Kleinkind den kompletten Tagesablauf, Sie regeln was wann auf den Tisch kommt, Sie regeln wann es wohin gehen kann, was es tut, mit was es sich beschäftigt.
Sie schützen es, wenn es in Gefahr ist, halten es an der Hand, wenn Sie an der Straße gehen. Sie bringen es zum Arzt, wenn es krank ist. Genau wie Ihren Hund.

Wovor kommt denn dann die weit verbreitete Angst, einen Hund wie ein Kleinkind zu behandeln?
Angst davor, dass der Hund die Herrschaft im Haus übernimmt? Hat man die Angst auch bei einem Kleinkind?
Angst, dass einem der Hund dann auf der Nase herumtanzt und zum Chef mutiert? Was hätte er davon? Würde er dann Sie versorgen, Sie schützen, Sie bemuttern, Sie füttern, Sie zum Arzt bringen, wenn es Ihnen schlecht ginge?
Bitte bitte haben Sie keine Angst vor Ihrem Hund. Selbst wenn Sie in Kindersprache mit ihm reden, kann nichts passieren. Die hohe Stimme die vor allem Frauen beim Anblick eines Säuglings oder Kleinkindes einsetzen ist für einen Hund wesentlich angenehmer als eine sachlich-nüchterne Stimme. Ist übrigens bei den meisten Haustieren so, auch sogar bei Pferden.

Ich kann Ihnen nur ans Herz legen: Je fürsorglicher und je liebevoller Sie mit dem besten Freund des Menschen umgehen, desto enger wird Ihre Bindung, desto lieber wird Ihr Hund in Ihrer unmittelbaren Nähe bleiben, desto näher wird er Ihnen sein, desto mehr wird er in allen Situationen auf sie achten, desto mehr wird er in für ihn unangenehmen Situationen Sie um „Rat fragen“.

Es ist so einfach!



28.
„Die Hunde von anderen Leuten sind so ruhig und brav, bellen nicht und überhaupt...“
Dies wird mir immer wieder von Kunden beim Erstgespräch gesagt. Sie denken, dass sie die einzigen sind, die Probleme mit ihrem Hund haben.

Nein, lieber Hundehalter, Sie sind nicht alleine mit dem Problem Leinenaggression, nicht klappendem Rückruf, übermäßiges Bellen, Leineziehen und den üblichen Themen, die man so mit seinem Hund hat.

Das ist selektive Wahrnehmung

Bitte machen Sie sich auch bewusst, dass das was wir als Problemhundeverhalten bezeichnen, eigentlich normales Hundeverhalten ist.

Bellen ist die Sprache der Hunde und ihre Art und Weise zu kommunizieren. Nicht anders als unser tägliches Geplapper.

Leineziehen ist normal. Spaß am draußen sein, Vorwärtsdrang, Freude am Tapetenwechsel. Haben wir auch.

Dass der Rückruf nicht immer klappt ist auch normal. Auch wir sind oft so fokussiert, dass wir nichts um uns herum mehr wahrnehmen. Jetzt gerade wo ich diesen Text hier tippe, würde ich einer Unterhaltung neben mir nicht mehr folgen können. Ich bin einfach nur mit der Aufmerksamkeit woanders.

Leinenaggression ist normales Hundeverhalten. Die Hunde wollen einem Kollegen aus dem Weg gehen, können es aber durch die Begrenzung der Leine nicht und gehen daher als Mittel der Wahl auf Angriff bevor es der andere tut.

Selektive Wahrnehmung. Wir sehen nur das was wir sehen wollen. Wir nehmen nur das für uns Negative wahr. Alle anderen Hunde sind „wohlerzogen“, nur unserer nicht.

Ändern Sie doch mal Ihren Blickwinkel: Jeder Hund ist ein Individuum, jeder Hund ist anders. Wir – die anderen – und Sie auch. Jeder ist ein Individuum, jeder ist einmalig, jeder ist einzigartig.
Und wie sind Sie? Wie sind Ihre Freunde, Bekannten und Verwandten?
Merken Sie auch, dass Sie umso kritischer anderen gegenüber werden, je älter Sie werden?
Aber auch sich gegenüber?

Lieber Hundehalter, bitte nehmen Sie Ihren Hund so wie er ist. Mit all seinen Ecken und Kanten. Aber auch mit all seiner Liebe, die er Ihnen tagtäglich und jede Minute in der Zeit Ihres gemeinsamen Zusammenlebens schenkt.
Kommunikationsprobleme können gelöst werden. Lernen Sie, Situationen zu managen, die in Ihren Augen problematisch sind.

Es gibt für jedes Problem eine Lösung, die immer zu 100% gewaltfrei und immer im Sinne des Hundes geregelt werden kann.

Und Sie können Ihre Sichtweise auf ihn ändern. Er ist ein kleines Wunder auf vier Pfoten, und Sie haben ihn sich ausgesucht.

Seien und bleiben Sie ihm ein guter Partner, Freund, Helfer. In guten und in schlechten Zeiten. Er hat nur Sie.



27.
Ich habe seit 15 Jahren so gut wie jeden Tag Kunden, habe kaum einen freien Tag (und will auch keinen), an den Wochenenden Kurse in verschiedenen deutschsprachigen Städten, unter der Woche Kunden aus ganz Deutschland und Österreich für jeweils zwei Tage zum Intensivtraining.
Die Vorgeschichten sind immer die Gleichen: Unendlich viele Hundeschulen besucht, viele Trainer im Haus gehabt, und nichts hat geholfen.
Die Herangehensweisen, die mir da jedesmal geschildert werden klingen wie aus einem Psychothriller: Die Hunde wurden gestraft, mit Gegenständen beworfen, erschreckt, am Nacken geschüttelt, auf den Rücken gedreht und die Besitzer aufs Übelste für ihre angebliche Weichheit beschimpft und verlacht, bevorzugt vor den anderen Kunden, damit der Trainer auch noch den Comedian spielen kann. Wird ja im Fernsehen vorgemacht. Und alles unter der Prämisse eines angeblich gewaltfreien Trainings.

Es fühlt sich für mich wie selbst erlebt an, es bereitet mir selbst körperliche Schmerzen, wenn ich solche Geschichten höre, und ich kann es einfach nicht nachvollziehen, wie Menschen zu solchen Grausamkeiten gegenüber einem schwächeren, sie bedingungslos liebenden Lebewesen fähig sind.

Meine Kunden haben alle gespürt, dass dies nicht der richtige Weg ist, daher kommen sie zu mir, aber wie viele Hundehalter lassen sich einen solchen Umgang einleuchten?

Viel zu viele.

Auch das ach so gewaltfreie Ignorieren ist an Brutalität nicht zu übertreffen. Da soll ein pubertierender Hund für einen nicht funktionierenden Rückruf 10 Tage komplett ignoriert werden. Komplett. Total.
Er bekommt seine Grundversorgung mit Eiseskälte seitens seines Menschen. Genau wie Gefängnisinsassen in Haft.

Ein Hund hat die Abhängigkeit zu uns wie ein Kleinkind. Seelische Grausamkeit, so ein Wesen zu ignorieren. Liebesentzug. Wenn Sie so etwas mit einem Kind machen, dann bleibt das ein Leben lang hängen. Ignoriert von der Person die man am meisten liebt, am meisten braucht, von der man zu 100 Prozent abhängig ist. Eine der schlimmsten Strafen, und es ist nicht einmal eine Strafe, denn Hunde haben kein Schuldbewußtsein und erkennen den Zusammenhang dieser Strafe für eine vorausgegangene angebliche Missetat nicht.

Und das Ganze funktioniert auch noch! Nach 10 Tages der Eiseskälte, des kompletten Liebesentzugs wird der Hund in den Freilauf entlassen, und ab da ist das Schweigegelübte seitens des Hundehalters aufgehoben. Dass der Hund in diesem Moment sein Glück kaum fassen kann und sich nur noch dicht bei seinem Menschen aufhält ist natürlich absolut nachvollziehbar. Sein über alles geliebter einziger Sozialpartner, von dem er zu 100 Prozent abhängig ist, nimmt ihn wieder wahr! Und er wird jede Sekunde dieser Zuwendung genießen und extrem aufmerksam sein und dicht bei seinem Menschen bleiben.

Für immer?

Was wenn ihn dann doch einmal eine Herzensdame, ein Reh oder ein toller Geruch alles um ihn rum vergesssen läßt? Geht die Psychofolter dann wieder von vorne los? Beginnt das Hundeguantanamo dann von vorne?

Liebe Hundehalter, ein Hund ist keine Maschine, kein Computer und kein Roboter.
Funktionieren kann kein Hund der Welt. Und auch kein Mensch der Welt. Niemand kann funktionieren, denn wir sind gottseidank alle Individuen.

Bitte bitte bitte strafen Sie Ihren Hund nicht – weder körperlich, noch psychisch (was wirklich genauso schlimm ist).
Zeigen Sie Ihrem Hund, was Sie von ihm möchten, und verstärken Sie dies JEDES Mal positiv, wenn er es tut. Und wenn ein Hund sich im Freilauf partout nicht rückrufen lasst (was vor allem in der Pubertät nicht ungewöhnlich ist), dann benutzen Sie bitte eine Schleppleine, was kein Armutszeugnis für Sie ist, und bleiben Sie am Ball.

Sie haben ihn ohnehin nur unfähr 10 Jahre. Danach ist er für immer weg. Blicken Sie dann befriedigt auf die Zeit des eisigen Schweigens und Ignorierens zurück, wenn Sie die Urne im Regal betrachten?


26.

Diesen Sommer (natürlich mal wieder bei viel zu warmen Temperaturen)
überholte mich einen Joggerin (mit Kopfhörern) mit einem Cockerspaniel (!) am Halti.
Liebe Hundehalter: Ich verstehe, wenn es Sie nervt, wenn Ihr Hund an der Leine zieht, wenn er gerade in der Pubertät ist und impulsiv und voller Lebensfreude nach vorne schießt. Dass ein Hund an der Leine zieht und nach vorne will ist primär erst mal normal. Der Hund ist voller Energie und will was erleben, etwas entdecken. Jeder Tag ist spannend, jeder Spaziergang aufregend und voller Eindrücke. Zumal Hundehalter ja ihre Hunde auch ständig dazu antreiben zügig vorwärts zu gehen.
Leinenführigkeit ist eine Aufgabe, die der Hundehalter zu bewältigen hat. Und sie wird einem nicht geschenkt. Aber einem Hund, und dann noch dazu einem so kleinen Hund ein Halti zu verpassen ist schon wirklich der Wahnsinn! Ein Halti gehört in eine sensible Hand. In eine Fachhand. Denn geht der Hund impulsiv nach vorne, kann er sich mit diesem Instrument sogar einen Bandscheibenvollfall im Halswirbelbereich einhandeln. Und das ist nicht mal die Ausnahme. Es wirken Scherkräfte auf die filigranen Halswirbel ein, die dem Prinzip eines Nussknackers gleichkommen. Ist es das wert?
Ich verstehe, wie schwer es ist, einen impulsiven Hund zu führen, der 40 kg und mehr wiegt. Aber wenn Sie es beim besten Willen nicht schaffen, selber sehr klein und schlank sind und wirklich ein Halti benötigen, dann bitte immer und ausschließlich in Kombination mit einem gutsitzenden Brustgeschirr, auf welchem immer der primäre Zug einwirken soll. Am besten mit zwei Leinen, von denen eine im Geschirr und eine längere, die am Halti eingeklinkt sein sollte. Aber auf keinen Fall soll dies eine Dauerlösung darstellen. Und dies machen Sie bitte ausschließlich unter der Anleitung eines gewaltfrei arbeitenden Hundetrainers.
Bleiben Sie fair - Sie haben ihn zu sich ins Haus geholt, nicht umgekehrt.



34.
Wir gehen an einem sonnigen Tag auf einem unserer Panoramawege spazieren, und ein Hundehalter mit einem großen Hund kommt uns entgegen. Der Hundehalter hält die Leine sehr kurz, direkt am Halsband und herrscht seinen Hund während er an uns vorbeigeht die ganze Zeit an: „NEIN! NEIN! NEIN!“
Was lernt der Hund, der wirklich gar nichts Auffälliges gemacht hat, daraus?
Richtig – gelassen anderen Hunden vorbeigehen ist unerwünscht. An anderen Hunden vorbeigehen ist für meinen Menschen sehr stressig.

Es ist völlig absurd den Hund vorsorglich mit NEIN! zu maßregeln, nur weil er ein angebliches Fehlverhalten machen könnte.

Ein Hund lebt im Hier und Jetzt, und prophylaktische Maßregelungen mögen uns Menschen noch einleuchten, weil wir diese mit Erklärungen gespickt in unserer Sprache erläutern und somit verstehen und nachvollziehen können. Aber bitte erwarten Sie dies doch nicht von einem Tier!

Und selbst wenn der Hund dann ein von uns bezeichnetes Fehlverhalten in einer Situation an den Tag legt (bedenken Sie bitte, dass dieses Verhalten in seiner Hundewelt ein korrektes und für ihn notwendiges Verhalten ist), dann schimpfen und strafen Sie ihn nicht dafür, sondern zeigen Sie ihm stattdessen, was er denn alternativ dazu machen könnte.

Das schönste NEIN!AUS!PFUI!, die kräftigsten Leinenrucks, die Tritte, das Anzischen, das Hinterherwerfen von Gegenständen oder wie Menschen noch so kreativ ihre Hunde strafen, kommen für den Hund nur als unberechenbarer Stress- bzw. Schmerzreiz seitens seines Menschen an, aber ein ethisches Verständnis von richtig und falsch, Moral, Anstand und Sittsamkeit wird ein Hund damit nicht entwickeln.
Er wird nur erkennen, dass man sich vor seinem geliebten Menschen oft in Acht nehmen muss und dieser unberechenbar ist.
Im Prinzip das Gegenteil von einem verlässlichen Sozialpartner, dem nach vertrauen kann, dem man sich hingeben möchte, mit dem man durch Dick und Dünn gehen möchte.

Liebe Hundehalter, werden Sie kreativ im Umgang mit Ihrem Hund. Bitte zeigen Sie ihm nicht ständig auf, was er alles falsch macht, sondern zeigen Sie ihm eine Fülle von Möglichkeiten, was er statt dessen Tolles machen kann, und freuen Sie sich darüber.

Das Leben mit einem Hund kann so einfach sein.

Neuer Text

25.
Am Abend eines Kurstages:

Preisfrage: Warum liegen diese beiden schlafenden Hunde auf den Füßen ihres Halters?

Ich wette, 80% der Leute entdecken hier wieder mal den dominanten Hund.

Glauben Sie wirklich, dass es in der Natur eines Hundes liegt, seinen Menschen dominieren zu wollen?
Glauben Sie wirklich, dass Hunde sich vor 15.000 Jahren dem Menschen angeschlossen haben, um einen lebenslangen Kampf um die Vorherrschaft zu starten, und um Macht über uns Menschen auszuüben?

Warum sind Hunde dann so beliebte Haustiere, wenn man 24/7 vor ihnen auf der Hut sein muss?
Wäre es nicht äußerst riskant, sich solch eine Bestie ins Haus zu holen, ähnlich gefährlich wie ein wildes Raubtier?
Was wäre die Folge davon? Dass der die Dominanz erworbene Hund dann über seinen Menschen (heißt es nicht "der beste Freund des Menschen" oder ist er doch der ärgste Rivale des Menschen?)) herrscht? Und dann? Ist er dann der Rudelführer? Was macht denn so ein Rudelführer? Kämpft er rund um die Uhr gegen sein Rudel? Wozu? Warum hat er dann ein Rudel um sich herum?
Fragen über Fragen. Kontroversen über Kontroversen.

Ich darf es Ihnen erklären:

Zum Thema Rudel: Wölfe sind Rudeltiere. Da sind wir uns alle im Klaren. Aber selbst dieser Begriff ist nicht korrekt, denn sie sind Familientiere, bestehend aus Mama Wolf, Papa Wolf (beide monogam) mit ihren Welpen der ersten und zweiten Generation, wobei die älteren mit der Pubertät das Elternhaus verlassen (wie bei uns Menschen).
Hunde hingegen sind keine Rudeltiere. Die Mama zieht die Welpen alleine auf, und ab da ist jeder sich selbst der Nächste. Hunde sind hochsoziale Lebewesen (im Vergleich zu uns Menschen), vermeiden Streß und Konflikte, bilden gerne individuelle Freundschaften, aber keine Rudel. Kann man ganz wunderbar an Straßenhunden beobachten, die alleine durch die Straßen ziehen, sich aber an Futterstellen wie Müllhalden oder bei fütternden Touristen treffen. Jeder ist auch da sich selbst er nächste. Keiner dient dem anderen. (Lesen Sie doch bitte dazu das Buch "Pizzahunde" vom Wolfsforscher Günher Bloch, ein sehr aufschlußreiches Experiment.)

Hunde haben aber durch die Domestizierung (und sie haben sich als einzige Haustiere selber domestiziert) beschlossen, dass Menschen in ihrem Leben wichtiger sind als Kollegen, und wenn ein Hund die Wahl zwischen einem Leben mit einem Menschen und dem Leben mit einem Kollegen hat, wird er sich für den Menschen entscheiden.

Da sie keine Rudel bilden, kennen sie auch keine Rangordnung und keine Hierarchien, im Vergleich zu uns Menschen. Genau wie beispielsweise Katzen. Sprich: Kein Hund will über seinen geliebten Menschen herrschen. Unsere Hunde lieben uns, sind tottraurig, wenn wir außer Sichtweite sind, begrüßen uns jeden Morgen wie einen totgelaubten Verwandten aufs Neue, drehen durch vor Freude, wenn wir nach der Arbeit nach Hause kommen. Kurz: Sie lieben uns mehr als wir jemals im Stande wären, irgendjemanden auch nur annähernd zu lieben.

Dominanz? Nein, natürlich nicht. Was diese hundemüden Hunde auf den Fotos machen nennt sich Kontaktliegen. Sie legen sich auf die Füße ihres Menschen, um ihm ganz nah zu sein, um ihn auch im Schlafe zu spüren und seinen Schutz zu genießen. Am liebesten würden sie in ihn hineinkriechen. Sie sind abhängig von uns, unserer Liebe, unserer Fürsoge und unserem Schutz.

So einfach ist das. Geben sie dies doch einfach Ihren treuen vierbeiningen Freunden zurück anstatt 10 - 15 Jahre gegen sie zu kämpfen. Es ist so einfach und tut so gut.

24.
Oft höre ich von Hundehaltern, wenn ich Ihnen erkläre, dass ihre Hunde sie mehr lieben als je ein Mensch sie lieben wird, die Erklärung, dass es doch nur daran läge, dass die Hunde von uns gefüttert werden, sie also rein aus materiellen Gründen uns ihre angebliche Liebe „vorheucheln“ würden. Sie seien eben Opportunisten.

Dann, liebe Leser, müssten Tierheimhunde in In- und Ausland doch überglücklich sein. Sie bekommen genügend Essen, leben oft in Gruppen und haben zumindest in Deutschland häufig sogar einen Pfleger, der mit ihnen spazieren geht.
Also alles, was einen Hund glücklich macht.
Warum sehen Tierheimhunde in In- und Ausland dann nicht glücklich aus?
Warum lieben uns dann andere Haustiere nicht ebenso bedingungslos, wenn wir sie doch auch füttern? Bekommen sie doch die gleiche Pflege und Zuwendung.

Kein Haustier hat eine so enge und innige Beziehung zu uns Menschen wie der Hund. Das ist eine Folge der Domestizierung. Und der Hund hat sich als einziges Haustier selber domestiziert, alle anderen Haustiere hat der Mensch domestiziert. Wenn Sie einen Hund vor die Wahl stellen würden: Ein Leben in Freiheit oder ein Leben mit Artgenossen oder ein Leben mit seinem Menschen, er würde sich immer für Letzteres entscheiden.

Hunde lieben uns Menschen. Und vor allem ihren Menschen, und sie wollen dicht mit ihm zusammenleben, nicht nur zur Futterzeit. Alleinsein ist das Schlimmste. Ist das nicht wunderbar?
Ist das nicht ein triftiger Grund, diese Liebe ebenso bedingungslos zurückzugeben, so dass Sie jede Sekunde mit Ihrem Hund Rollen tauschen würden? Niemand verzeiht Ihnen all Ihre Fehler so wie Ihr Hund es tut. Und Sie?


23.
„Man kann doch einen Hund nicht mit einem Menschen/mit einem Kind vergleichen!“ ist oft das Argument, wenn man einen Hund liebevoll behandelt.

Leider vergessen viele bei diesem Vorwurf, dass der Hund ein Säugetier ist – und wir auch. Wir sind nichts anderes als Säugetiere. Und Säugetiere haben alle den biologisch gleichen Körper, ein Herz, ein Gehirn, das ZNS, die gleichen Organe, Knochen, Muskeln, Gelenke, Haare, Ohren, Nase, Augen, Mund, Zähne.
Die gleichen Gefühle, Emotionen, Schmerzempfindungen und Ängste.

Nur hat der Mensch sich einst als Krone der Schöpfung ernannt, weil er wohl mal in der Bibel geschmökert hat und beschlossen hat, sich die Erde untertan zu machen und sich selber somit über alles zu erheben.

Ein Säugetier wie jedes andere Tier auch.
Sind wir wirklich etwas Besseres, weil wir – solange es uns gibt – Elend, Not, Leid, Hass und Zerstörung über dieses Planeten gebracht haben? Muss man in seinem Größenwahn, in seiner Selbstherrlichkeit alle anderen Säugetiere schlechter behandeln als die eigene Spezies? Moment mal? Behandeln wir überhaupt die eigene Spezies liebevoll?

Wäre es nicht erstrebenswerter, zumindest beim eigenen, geliebten Hund anzufangen und zu beschließen, dass man wenigstens ihn, den man sich ja bewußt aus Liebe ins Haus geholt hat, freundlich und liebevoll zu behandeln, denn deutlicher als bei einem Hund erkennt man doch kaum wie gleich die seine und die unsere Gefühlwelt einander ähneln.

Fangen Sie doch jetzt an und schenken ihm all Ihre bedingungslose Liebe, und machen Sie ihm die paar Jahre, die Sie miteinander verbringen zu einer einzigartigen Zeit, in der Sie jederzeit - zu jeder Minute - mit ihm Rollen tauschen würden.



22.
„Mein Hund will nicht in Wasser. Ich habe alles versucht, er will einfach nicht rein, selbst mit Leckerlis oder Spielzeug ist er nicht reinzulocken.“

Liebe Hundehalter, bitte bedenken Sie: Hunde sind keine Wassertiere, sondern Landbewohner, genau wie wir. Es gibt Hunde die Spaß im Wasser haben, die gerne im Wasser toben, platschen und auch gerne schwimmen, aber das ist die persönliche Vorliebe genau dieser Hunde, aber als Individuum.

Jeder Hund ist ein Individuum – genau wie wir. Mit all seinen Eigenheiten, persönlichen Merkmalen, mit all seinen Vorlieben, Hobbies, Sympathien und Antipathien, mit all seinen Abneigungen und auch mit all seinen Ängsten – genau wir wir.

Der eine schwimmt gerne, der andere eben nicht. Der eine spielt gerne, der andere eben nicht. Der eine ißt gerne – der andere eben nicht. Der eine mag dies, der andere mag das.

Genau wie wir. Kein Mensch gleicht dem anderen, kein Hund gleicht dem anderen.

Nicht jeder Junge mag Fußball spielen, nicht jedes Mädchen mag Ballett tanzen.

Lernen Sie doch dies zu akzeptieren und hinzunehmen. Loszulassen und Wegzukommen von diesem verbitterten Wollen. Sie müssen nicht dauern versuchen, es ihrem Hund schmackhaft zu machen. Und wenn Sie an einer Wasserstelle sind und ihr Hund nur zum Trinken hingeht, dann ist das doch in Ordnung.
Und wenn er nur ein bißchen reingeht, um sich an einem heißen Tag die Beine zu kühlen, dann ist das doch auch ok.

Bei einem Kind würden Sie doch auch nicht hinbetteln: „Jetzt komm, Julia, Ballett ist doch soooo toll, alle Mädchen mögen doch Ballett. Schau, das süße Tutu, das würde Dir so gut stehen, und ich wäre so glücklich Dich an der Ballettstange zu sehen“, wenn das Kind sich doch für Pferde interessiert und lieber in einer ollen Latzhose Pferdeställe ausmistet.

Nur weil Ihnen etwas gefällt, muss es nicht zwangsläufig allen gefallen, dazu sind die Geschmäcker zu verschieden.

In diesem Sinne – jeder ist einzigartig, und jeder ist einmalig.
Ihr Hund und Sie auch.


21.
Ich greife mal wieder das schon oft von mir erwähnte Thema Angst bei Hunden auf.

Einen Hund bei Angst zu trösten ist absolut legitim, und wer nur ein Fünckchen Empathie besitzt weiß, dass dies im Prinzip keinerlei Diskussion bedarf. Trost kann Angst nicht verstärken. Bei keinem Lebewesen der Welt. Ist neurobiologisch absolut unmöglich.

Um das Ganze abgesehen vom emotionalen Aspekt noch mal in wissenschaftlich zu erklären: Angst ist lebensnotwendig, denn ohne Angst würde man ganz schnell sterben.
Angst macht bereit für die berühmten vier „f“s:
Flee – Fight – Freeze – Fiddle About
also: Flucht – Angriff – Erstarren oder Herumhibbeln

Angst macht Streß, und Streß bewirkt, dass in der Nebennierenrinde das Streßhormon Cortisol produziert um den Körper für die vier „f“s bereit zu machen. Beim liebevollen Streicheln eines Wesens, sei es Mensch oder Tier wird das sogenannte Bindungs- und Kuschelhormon Oxytozin produziert, welches der Gegenspieler von Streßhormon Cortisol ist. Je mehr Oxytozin produziert wird, desto schneller sinkt der Cortisolspiegel.

Nun kommen aber die Einwände, dass man aber selber doch ganz viel Ruhe und Stärke ausstrahlen müsste, wenn man den Hund tröstet. Klar, das wäre schön, aber oft gibt es Situationen, bei denen man selber aufgeregt oder ängstlich ist, beispielsweise wenn der eigene Hund angegriffen oder verletzt worden ist. Oder ihm eine große OP bevorsteht, und Sie beide im Wartezimmer der Tierklinik zittern. Da sind Sie zurecht ebenso aufgeregt, ängstlich und besorgt wie es Ihr Hund ist.

Was tun zwei Menschen, die sich nahe stehen und die sich beide fürchten? Richtig: Sie nehmen einander instinktiv fest in die Arme, klammern sich aneinander. Um zumindest in ihren schlimmsten Ängsten am anderen noch ein wenig Halt in dieser schrecklichen Situation zu finden. Und dies verschafft mehr Trost als vom anderen ignoriert zu werden. Und verstärkt natürlich die Angst nicht, sonst würde man es ja nicht instinktiv machen.

Daher, Sie müssen nicht immer den Helden spielen. Auch Sie dürfen Ängste zeigen, vor allem, wenn diese auch noch angebracht sind. Aber seien Sie bitte immer für Ihren Hund da, nehmen Sie ihn und seine Ängste ernst. Bedenken Sie, wieviele Ängste Sie in Ihrem Leben mit sich herumtragen, und wie schön es ist einen liebenden Menschen an Ihrer Seite zu haben, der Sie und Ihre Ängste ernst nimmt. Bedenken Sie, dass Sie der einzige Sozialpartner für Ihren Hund in seinem kleinen und kurzen Leben sind.
In ungefähr 10 Jahren ist er für immer weg.
Ihm die kalte Schulter zu zeigen und ihn zu ignorieren ist einfach nur grausam.




20.
Viele Hundehalter sind besessen von dem Gedanken, was sie alles ihrem Hund beibringen könnten.

Warum nicht einfach mal den Spieß umdrehen und erfahren, was wir alles von unseren Hunden lernen können, denn sie sind uns in vielen Punkten um Längen voraus.
Tauchen wir doch mal ein ein in ihre wunderbare Welt und lernen wir, die Welt aus ihrer Sicht und durch ihre Augen zu erleben.
Nicht wir sind ihre Lehrer und Dompteure, sondern auch umgekehrt. Wenn wir uns darauf einlassen.

- Ihre Fähigkeit zu lieben übersteigert um Klassen unsere Fähigkeit zu lieben. Ihre Liebe zu uns ist bedingungslos und wird niemals weniger. Zu so etwas sind wir nicht fähig, weil unsere Liebe immer an Bedingungen geknüpft ist und in der Regel weniger wird. Unsere Hunde sind jeden Tag aufs Neue in uns frisch verliebt.

- Hunde leben im Hier und Jetzt. Das können wir nicht. Wir leben meistens in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Wir sind ständig am planen, haben Sorgen wegen unserer Zukunft oder trauern Vergangenem nach. Der Hund genießt den Augenblick, lebt den Moment, kann entspannen, sobald wir es ihm ermöglichen. In unserer Gesellschaft und diesem System steht mittlerweile fast jeder kurz vorm Burn Out.

- Glück und Freunde zu spüren, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen und dies offen zu zeigen... können wir Menschen das überhaupt noch? Kinder und Hunde sind dazu fähig, weil es sie nicht interessiert was die anderen über sie denken. Und weil sie noch nicht in diesem System gefangen sind.

- Fühlen, spüren, wahrnehmen, alle Sinne einsetzen, auch da sind unsere Hunde uns um Längen voraus, denn ihre Sinne sind wesentlich besser ausgeprägt. Und man geht tatsächlich davon aus, dass sie auch einen 6. oder 7. Sinn haben. Den haben nur wenige Menschen, vor allem die Übersensiblen. Ein Hund kann anhand des Geruchs der Hinterlassenschaften eines Kollegen allerhand über ihn und seine Befindlichkeiten herauslesen. Das ist sein Facebook, seine Zetung, das ist seine Nasen- und seine Kopfarbeit. Können Sie da auch nur annähernd mithalten? Wohl kaum. Fast schon absurd, was wir dann unseren Hunden als „Nasenarbeit“ vorsetzen wollen. Sie machen ohne unser Zutun draußen ununterbrochen Nasenarbeit.

- Etwas fokussieren, sich konzentrieren können Hunde besser als wir. Viele Hundehalter behaupten, ihr Hund würde ihnen den „Stinkefinger“ zeigen, wenn sie ihn rufen und er nicht kommt. Das ist schlichtweg falsch! Der Hund hat etwas gesehen und ist hochkonzentriert. Er fokussiert und nimmt dadurch alles andere nicht mehr wahr. Männer können das besser als Frauen.
Sprechen Sie mal ihren Mann an, während er Zeitung liest. „Hast Du was gesagt, Schatz?“
Das ist keine Unhöflichkeit oder Ignoranz, sondern die Folge seiner Konzentration auf das was er gerade tut. Wir Frauen beherrschen Multitasking, was nicht unbedingt ein Grund ist, auf sich stolz zu sein. Hypnose ist übrigens nichts anderen als Konzentrieren und Fokussieren. Ist ganz einfach.

- Faul sein. Raubtiere sind Energiesparer. Und daher faul. „Du fauler Hund!“ schimpft man einen Taugenichts. Aber den anerkennenden Satz: „Du fleißiger Hund!“ zu einem strebsamen Menschen hat man noch nicht gehört. Raubtiere können sich den Luxus leisten, faul zu sein. Ihre einzige Motivation zur Bewegung ist Futtersuche und das Abgehen des Reviers. Bei Katzen ist dies gut zu beobachen. Sie rennen nicht durch ihr Revier, nein sie streifen durch ihr Revier. Alle Raubtiere tun dies. Ca. 20 Stunden ruhen sie, und in den wenigen Stunden des wach seins ziehen sie durch die Gegend. Beutegreifer, um zu jagen, Straßenhunde, um nach Essensresten zu suchen. Gut zu sehen auf der DVD von Günther Bloch "Pizzahunde".
In unserer Gesellschaft ist faul sein verpöhnt. Kaum noch jemand gönnt sich den Luxus des faul seins. Leistung ist in diesem System gefordert, wer faul ist, taugt nichts. Eine schreckliche Einstellung, und daher muss heutzutage jeder rund um die Uhr erreichbar sein, bis zur totalen Ersachöpfung für andere arbeiten und sich selber ausbeuten bis zum Burn Out.

- Hunde sind authentisch. Sie spielen uns nichts vor. Ihre Freude und ihre Begeisterungsfähigkeit ist offen, ehrlich und wahrhaftig. Ihre Gefühle sind echt. Wie oft hingegen verstellen wir uns, um nicht aufzufallen oder um zu gefallen? Wir setzen uns einen falschen Hut auf, um gesellschaftskonform zu sein. Heuchler, Schleimer, Lügner, Betrüger! So etwas ist einem Hund fremd.

- Hunde kennen keine Hierarchien und sind unserem Sozialverhalten um Längen voraus. Sie sind Weltmeister im Konflikte vermeiden, und haben dazu eine große Vielfalt an körpersprachlichen Kommunikatiomsmöglichkeiten. Sie bilden genau wie Wölfe keine Rudel mit Rangordnung wie man früher fälschlicherweise annahm, sondern bilden individuelle Freundschaften (bei Wölfen sind es Familien), die ehrlich und authentisch sind. Es ist für uns Menschen teilweise unverständlich, wie Tiere dies schaffen, einfach in Friede und im Einklang miteinander zu leben, aber tatsächlich sind es nur wir Menschen und einige Primatenarten, die in strengen Hierarchien leben. Und obwohl wir die Intelligenz und den Verstand dazu hätten, dies zu ändern, dies anders zu handhaben und ein soziales Miteinander zu erlernen, schaffen wir es einfach nicht. Seit es uns gibt.

Es gibt noch viel zu lernen für uns, die angebliche Krone der Schöpfung. Nutzen wir doch die Zeit.




19.
Empathie: Segen oder Fluch?

Sind Sie ein empathischer Mensch?
Spüren Sie die Befindlichkeit Ihrer Mitmenschen? Können Sie sich in sie hineinversetzen? Können Sie die Stimmung in einem Raum voller Menschen fühlen?

Wie ist es mit Tieren? Können Sie die entsetzlichen Fotos und Videos von sogenannter Nutztierhaltung auch nicht mehr ertragen? Bereitet es Ihnen auch schlaflose Nächte? Ebenso die Fotos von jeglicher Art von Tierquälerei im In- und Ausland?

Leiden Sie mit, wenn Sie sehen wie ein Hundehalter seinen Hund straft oder schimpft? Spüren Sie einen Leinenruck, den ein Hundehalter bei seinem Hund anwendet, wie wenn er gerade bei Ihnen gemacht werden würde? Können Sie im Gesicht eines Tieres sehen, wie es leidet?

Können Sie die Befindlichkeiten Ihres Hundes in seinem Gesicht lesen? An seiner Körpersprache erkennen? In seinen Augen sehen? Oder sie tatsächlich spüren?

Empathisch und sensibel zu sein beziehungsweise zu werden kann man lernen. Aber man muß es lernen wollen. Oder man beschließt, alles auszublenden. Kalt und herzlos zu sein. Das eigene Wohl allem anderen voranzustellen. Ist natürliche die einfachere Variante. So halten es die meisten Menschen.

Empathisch zu sein ist eine Kunst, und es ist ein Segen. Aber auch ein Fluch, da man gegen das meiste Leid auf dieser Erde nicht viel ausrichten kann. Wären alle Menschen empathisch, dann würde diese Welt ganz anders aussehen.

Aber fangen Sie doch im Kleinen an: Lernen Sie, Ihren Hund zu lesen, mit ihm zu kommunizieren, zu spüren wie er sich fühlt. Lernen Sie, seine Ängste, Sorgen und Nöte wahrzunehmen und dabei zu fühlen, wie es Ihnen in so einem Moment ginge.

Ihr Hund kann das bereits. Er spürt, ob sie fröhlich, glücklich, einsam, traurig, voller Schmerz und Trauer oder wütend sind. Er nimmt Sie, Ihre Gefühle und ihre Emotionen immer ernst.

Seien Sie ihm ein guter Sozialpartner und lernen Sie von ihm die wunderbare Fähigkeit zur Empathie. Er hat nur Sie und sonst niemanden.

Wenn Sie empathisch werden, dann wird diese Welt durch Sie zumindest ein klein wenig besser.



18.
Respekt oder Angst?

„Der Hund soll Respekt vor mir haben!“ hört man oft.
Wie verdient oder bekommt man denn eigentlich diesen Respekt?

Rapper wollen ja immer Respekt (mit gerolltem kiezdeutschen „r“ , zumindest handeln ihre Lieder davon, was mich mit meinen 55 Jahren dann doch immer ein wenig zum schmunzeln bringt. Wofür wollen die Respekt? Fürs Rapperdasein? Fürs Graffiti-Sprühen? Für Sprechgesang? Ich verstehe es nicht ganz, muss ich aber in meinem Alter glaub ich auch nicht mehr. Ich hörte in meiner Jugend AC/DC, Pink Floyd und die Beatles, und die wollten keinen Respekt, sondern einfach nur Musik machen.

Aber wie bekommen wir Menschen denn Respekt vor anderen, bzw. vor welchen Menschen haben wir denn eigentlich Respekt?
Ich kann mal nur von mir sprechen, aber ein anerkennendes RESPEKT! äußere ich vor jemandem, der eine aus meiner Sicht großartige Leistung vollbracht hat, oder der sich um das Allgemeinwohl verdient gemacht hat, oder der sich durch Positives einen großen Namen gemacht hat.

Leider verwechseln viele Hundehalter Respekt mit Angst.
Sie möchten, dass ihr Hund vor ihnen Angst hat.

Denn den wirklichen Respekt vorm eigenen Hund muss man sich hart erarbeiten. Aber mit Sicherheit nicht durch Härte, Strafe, Druck, Maßregelungen und Rumgeschimpfe.

Respekt von unseren Hunden bekommen wir, wenn wir gelernt haben, ihn zu verstehen, ihn und seine Emotionen ernst zu nehmen, ihn zu schützen, ihm Beistand zu geben, vorausschauend zu handeln, achtsam ihm gegenüber zu sein, seine Sprache und auch seine Körpersprache zu verstehen, unsere Emotionen im Griff zu haben, gelassen zu sein, weise zu sein, klar zu sein und konsequent zu uns selber zu sein.

Dann bekommen Sie zu seiner unendlichen Liebe, die er ihnen sowie schenkt auch noch seinen Respekt.

Was man häufig einen respektlosen Hund nennt, ist nichts weiter als ein Hund, der normales Hundeverhalten an den Tag legt, zum Beispiel gleich zu essen, wenn der Napf hingestellt wird oder einen Menschen anzuspringen, den er besonders toll findet (nennt sich in der Fachsprache übrigens aktive Demut). Dinge, die man ganz locker managen kann ohne Erziehungsversuche und ohne zu schimpfen oder zu strafen.

In diesem Sinne – erarbeiten Sie sich den Respekt, den Sie sich von Ihrem Hund wünschen – aber respektieren Sie bitte auch die Wünsche Ihres Hundes. Denn dieses wunderbare Wesen hat all unseren Respekt verdient.




17.
„Und dann hab ich meine Tierärztin gefragt, was ich gegen das Leineziehen/die Leinenaggression machen kann, und die hat mir dann geraten...“.
STOP!
Wie kann man allen Ernstes einen Tierarzt bei Problemen im Umgang mit dem Hund fragen? Ein Tierarzt ist ein Mediziner und kein Hundetrainer. Hundepsyche oder Hundeverhalten kommen im Studium nicht vor.
Oder würden Sie Ihren Hausarzt um Rat fragen, wenn Sie Eheprobleme haben?

Meine Bitte daher: Wenn Sie Probleme im Umgang mit Ihrem Hund haben, dann wenden Sie sich nicht an einen Mediziner und bitte auch nicht an ein Forum/Gruppe im Internet (dort finden Sie nur viele verschiedene Meinungen von vielen verschiedenen Menschen), sondern an einen kompetenten Hundetrainer.

Und schon kommt das große ABER: Bitte lesen Sie seine Webseite genau. Schauen Sie als erstes, ob er wirklich gewaltfrei arbeitet.
Suchen Sie verstecke Hinweise wie Rudel, Rudelführer, Wolfsverhalten, Rangordnung, Hierarchie, Rangordnung, dann sollten bei Ihnen bereits alle Alarmglocken schrillen. Schauen Sie sich die Fotos der Hunde auf der Webseite an. Tragen Sie Halsband oder ein lockeres, gut sitzendes Geschirr?

Es geht hier immerhin um ein lebendes, fühlendes Familienmitglied und nicht um einen Gegenstand, der zum Funktionieren gebracht werden muss. Wenn Sie den Trainer zu Rate gezogen haben, dann überlegen Sie, ob sie in jeder Sekunde mit Ihrem Hund in dieser Situation die Rollen tauschen würden.

Hören Sie bitte auf Ihr Bauchgefühl, Ihr Herz und Ihren gesunden Menschenverstand. Bedenken Sie dass sich JEDER Hundetrainer nennen darf. Dieser Beruf ist nicht geschützt.



17.
Wie straft man einen Hund?

Eine Kundin fragte mich neulich: „Wie strafst Du Deine Hunde?“
Ich war richtig schockiert, wie man darauf kommt, mich so etwas zu fragen. Nie nie nie im Leben wäre ich auch nur einmal auf die Idee gekommen meine Tiere zu strafen. Weder meine Hunde, noch meine Ponys, noch meine Katze. Wie kommt man auf die Idee ein Tier zu strafen? Es war mir immer ein Rätsel und wird mir immer ein Rätsel bleiben. Welch Geistes Kind muss man sein, wenn man sich über ein Tier erhebt und es straft? Sich als etwas Besseres zu  fühlen. Sich als etwas Höherstehenderes zu empfinden. Sich selber als Krone der Schöpfung zu sehen. Was gibt einem das für ein Gefühl wenn man ein Tier straft? Macht? Lust? Was ist daran erstrebenswert? Eigene Unzulänglichkeiten zu kompensieren? Schwäche zu kompensieren? Macht über ein Wesen zu haben, welches ohnehin schwächer ist als wir – selbst wenn es uns körperlich überlegen ist, wie beispielsweise ein Pferd. Warum tun wir das? Es ist mir wirklich absolut  unbegreiflich. Wir holen diese wundervollen Wesen zu uns und strafen sie, wenn sie uns nicht gehorchen? Ist das nicht einfach nur pervers?

Ist es nicht das Wunderbarste der Welt, mit einem Tier befreundet sein zu dürfen? Ihm auf Augenhöhe begegnen zu dürfen? Es zu nehmen wie es ist. Als ein völlig andersartiges Wesen, welche sein Leben mit uns teilt. Das ist ein Geschenk! Und jede Form der Zuwendung, die dieses Wesen uns schenkt ist für mich ein Grund in die totale Demut zu gehen.

Einem Tier neutral zu begegnen, keine Forderungen, keine Erwartungen zu haben, keinen Gehorsam zu verlangen, sondern einfach mit ihm sein zu dürfen eröffnet so wunderbare Momente, die man nicht in Worte fassen kann. Was Tiere uns dann schenken ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Mit ihnen in ihrem Sinne zu kommunizieren, von ihnen verstanden zu werden ist harte Arbeit (vor allem an sich selber), aber diese Aufwendung kommt tausenfach zurück. Alle Rückschläge, Niederlagen lassen einen selbst reifen, und dann kommt der Moment, wo man sein Tier als etwas Besonderes und Einzigartiges, ja Magisches erkennt. Und dann erscheint einem alles andere im Leben als völlig nebensächlich.

In diesem Sinne – Ich wünsche Ihnen allen diese Momente erleben zu dürfen. Es ist für jeden möglich.





16.
Bockig, stur, zickig, eigensinnig?

Gerne werden Hunde solche vermenschlichenden Eigenschaften angedichtet. Aussage all dieser Attribute ist letztendlich, dass der Hund seinem selbsternannten Herren und Gebieter nicht bedingungslos gehorcht.

Anstatt in so einem Fall zu schimpfen, zu strafen und zu maßregeln, wäre es doch viel naheliegender zu überlegen, warum der Hund sich verweigert.
Er macht es ja nicht ohne Grund, bzw. es steckt ja nicht die Absicht dahinter, seinem Menschen eins auszuwischen, sondern es könnte doch genauso gut sein, dass er gerade etwas Interessantes entdeckt hat, das gerade seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
Er ist abgelenkt, genau wie wir es sehr häufig sind.
Liebe Damen, haben Sie schon mal Ihrem Partner eine Frage gestellt, während er gerade Zeitung liest? In der Regel reagiert er gar nicht auf Ihre Frage oder fragt zeitverzögert: „Hast Du was gesagt, Liebling?“ Ist er deswegen ein schlechter Mensch? Liebt er Sie deswegen weniger? Nein, sein Fokus lag nur in dem Moment auf etwas völlig anderem. So und nur so funktioniert übrigens Hypnose. Eine ganz simple Form des Fokussierens. Kann jeder lernen und ist kein Hokuspokus.
Warum kann man das seinem Hund nicht zugestehen? Und je fokussierter Ihr Hund ist, desto weniger hört er. Also liegt es doch an Ihnen, die Aufmerksamkeit Ihres Hundes wieder auf Sie zu lenken. Machen Sie sich spannender und interessanter als das was gerade die Aufmerksamkeit Ihres Hundes erregt. Werden Sie kreativ. Begeistern Sie ihn erneut für sich, anstatt ihn abzuurteilen.

Wenn Ihr Hund angeblich bockig ist, überlegen Sie doch bitte erst mal, ob es sein kann, dass er Schmerzen hat oder ob er Angst hat. Und wenn dem der Fall ist, dann helfen Sie ihm doch über seine Ängste hinweg. Und wenn es Schmerzen sein könnten, lassen Sie ihn vom Tierarzt Ihres Vertrauens gründlich durchchecken, auch neurologisch.

Eigensinn ist etwas völlig Normales. Auch wir sind eigensinnig, sonst wären wir alle gleich. Bedenken Sie bitte immer bei all den Ansprüchen, die Sie an ein Tier haben: Es ist und bleibt ein Tier. Keine Maschine, kein Roboter, kein Bundeswehrsoldat, kein Sklave, kein Strafgefangener, keine Marionette. Er kann nicht alle Erwartungen erfüllen, die Sie an ihn stellen. Das wird auch Ihr Partner oder Ihr bester Freund nicht können, und im Umkehrschluß auch Sie nicht an Ihre Mitmenschen.

Ist ein Hund wirklich zickig, wenn er seinen Individualbereich und seine Ressourcen verteidigt? Das ist das normalste Hundeverhalten und dient seinem Überleben und der eigenen Unversehrtheit. Das machen Sie übrigens auch ständig. Sie möchten weder überfallen, noch ausgeraubt, noch ungefragt betatscht werden. Sind Sie deswegen zickig? Oder einfach ganz normal wie all Ihre Mitmenschen.

Lernen Sie, Ihren Hund so zu nehmen wie er ist. Mit all seinen Ecken und Kanten, Macken und Eigenheiten. Denn genau die machen ihn zu einem Individuum. Genau wie Sie. Kein Lebewesen kann perfekt sein. Jeder hat Ängste, Sorgen und Nöte, und jede Erfahrung die er tagtäglich macht, macht ihn zu dem was er heute ist. Genau wie Sie.

In diesem Sinne – Lernen Sie, in gewissen Situationen Vorsorge zu treffen, so dass niemand zu Schaden kommt. Managen Sie Situtionen, so dass alle Beteiligten damit leben können. Seien Sie Ihrem Hund ein guter Freund, Weggefährte und Partner – genau das was er für Sie ist. Er hat nur Sie.
Es ist so einfach.



15.
Spiegeln Sie Ihren Hund oder spiegelt Ihr Hund Sie?

Werden Sie aggressiv, wenn Ihr Hund aggressiv wird?
Werden Sie hektisch, wenn Ihr Hund hektisch wird?
Werden Sie laut, wenn Ihr Hund laut wird?

Drehen Sie doch mal den Spieß um:

Werden Sie friedlich, wenn Ihr Hund aggressiv wird.
Werden Sie entspannt, wenn Ihr Hund hektisch wird.
Werden Sie leise, wenn Ihr Hund laut wird.

Und Sie werden sehen: Plötzlich fängt Ihr Hund an, Sie zu spiegeln.
Und spätestens da stellt sich die Frage:
Wer ist hier wessen Lehrmeister?

14.
„Das hab ich in der Hundeschule ganz anders gelernt“.

Dieser Satz fällt in meinem Unterricht ständig.

Natürlich haben sie es ganz anders gelernt. Jeder lernt und lehrt völlig anders.

100 Hundetrainer – 100 Meinungen und 100 Lehrmethoden.

Eine Meinung ist nichts wert. Eine Meinung ist keine Wahrheit. Eine Meinung ist nichts anderes als ein Geschmack.

"Meiner Meinung nach ist diese und jene Musik gut" – "Meiner Meinung nach ist diese und jene Musik schlecht."
"Diese Sendung gut" – "diese Sendung schlecht".
"Dieses Restaurant gut" – "dieses Restaurant schlecht."

Das ist alles eine Geschmacksfrage, die von Mensch zu Mensch eigen, individuell und völlig unterschiedlich ist, weil jeder in seinem Leben andere, eigene Erfahrungen gemacht hat, einen eigenen ganz, persönlichen Geschmack hat, Erwartungen hat, und die Welt durch seinen eigenen persönlichen Filter sieht und wahrnimmt.

Das macht uns als Individuen aus. Keiner von uns gleicht einem anderen. Jeder ist einzigartig und einmalig.
Ist übrigens bei unseren Hunden nicht anders. Keiner gleicht dem anderen. Jeder ist einzigartig und einmalig.
Leider neigen viele Hundehalter dazu, ihre Hunde alle normen und vergegenständlichen zu wollen.
"Ein Hund hat sich so und so zu verhalten." Das ist oft die Prämisse. Aber ich kann Ihnen garantieren: Das geht nicht. Ein Hund ist wie ein Mensch: Die Summe aus dem Erlebten, aus dem Erfahrenen, aus den eigenen Präferenzen. Hunde lassen sich wie Menschen nicht normen.

Leider ist es aber in dieser Gesellschaft und in diesem Wirtschaftssystem erwünscht, Menschen zu normen. Sie haben gesellschaftskonform zu sein, Erwartungshaltungen zu erfüllen, die dieses System vorgibt, sie haben tüchtig, strebsam und gehorsam und unauffällig zu sein. Leider hat man diese Erwartungshaltung in den letzten 100 Jahren auf den Hund übertragen. Auf ein Tier! Er hat tüchtig, strebsam, gehorsam und unauffällig zu sein. Er hat wie wir in diesem System zu funktionieren. Und das entspricht überhaupt nicht seinem Naturell.

Hunde sind genau das Gegenteil: Faule Raubtiere (genau wie Katzen), die ca. 20 Stunden des Tages verschlafen, und die vier Stunden des Wachseins würden sie mit Durchstreifen ihres Reviers (welches bei Hunden sehr begrenzt ist, mit Nahrungssuche und mit sozialen Interaktionen verbringen.
Ist genug Nahrung vorhanden würde sich das Durchstreifen des Reviers deutlich vermindern. (siehe Günther Blochs „Pizzahunde“).

Leider wird in vielen Hundeschulen das Funktionieren des Hundes gelehrt, und er wird durch einen Stundenplan des Auspowerns geschickt. Bis zum Burn Out. Und dann heißt es, er sei nicht genug ausgelastet worden, und er wird noch mehr ausgepowert.
Seine wahren Bedürfnisse werden häufig ignoriert bzw. bestraft, seine Sorgen und Nöte nicht ernst genommen. Anstatt ihn zu schützen wird er gemaßregelt, und die veralterte und wissenschaftlich überholte Rangordnungtheorie als Argument für alles genommen.

Bitte hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, wenn Ihnen etwas in der Hundeschule gelehrt wird, was GEGEN Ihren Hund und vor allem gegen Ihr Bauchgefühl geht. Und bitte bilden Sie sich außerhalb der Hundeschule fort. Lesen Sie moderne Fachliteratur über Hundeverhalten und Hundepsyche, so dass Sie nicht mit Meinungen argumentieren sondern mit fundiertem Wissen. Auf meiner Webseite unter der Rubrik „Bücher“ finden Sie viele Literaturhinweise.

13.
„Ab in Dein Körbchen!“
Schlafplatz oder Strafplatz?

Früher hat man Kinder in die Ecke gestellt, wenn sie etwas Falsches gemacht haben. Das war mehr als demütigend.
Und heute schickt man einen Hund in sein Bettchen – zur Strafe.
Glauben Sie wirklich, dass der Hund das verstehen kann? Sein Bettchen ist ein Ort an dem er sich ausruhen kann, in welchem er sich wohl fühlt, in dem er normalerweise wohlig schläft, sich seine benötigten 18 – 20 Stunden Erholung holt, und jetzt wird er dorthin strafverbannt, weil man es von früher aus der eigenen Kindheit kennt? Und da soll er dann über seine Sünden nachdenken? Über sein nicht Erfüllen der Befehle, die ihm sein Herr und Gebieter gegeben hat?

Die Erwartungshaltung, die viele Hundehalter in ihr Tier legen ist für ihn in der Regel nicht nachvollziehbar. Es wird erwartet, dass er sich wie ein wohlerzogener und perfekter Mensch in dieser Gesellschaft verhält, der den Knigge auswendig gelernt hat. Er wird bestraft für normales Hundeverhalten, für normale Kommunikation in seiner Sprache.
Kein Mensch ist perfekt bzw. verhält sich immer perfekt, denn jeder ist ein Individuum. Wer ist die Instanz, die vorgibt, wie ein jeder zu sein hat, was eigentlich perfektes Verhalten ist?
Wir erlegen unseren Hunden Regeln und Gesetze auf, die teilweise völlig entgegen ihrer Natur sind. Sie werden bestraft für Verhaltensweisen, welche aus ihrer Sicht in ihrer Hundewelt absolut logisch und normal sind.

Vergleichen Sie doch bitte einen Hund mit einem zweijährigen authistischen Kind, welches seine authistischen Verhaltensweisen und Denkmuster auch durch Strafe oder nicht ablegen kann. Ein authistisches Kind handelt in seiner Welt korrekt und richtig. Und selbst ein erwachsener Autist wird unser selbsternanntes „normales“ Handeln als unnormal empfinden.

Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Jeder empfindet sein Verhalten als das Richtige, es ist jeweils die eigene Sichtweise, die ein Richtig und ein Falsch definiert. Und dann zu erwarten, dass ein Tier mit dem Gemüt eines zweijährigen autistischen Kindes unsere persönlichen Wahrheiten als den einzig richtigen Verhaltenskodex sieht, ist absurd.

Ein Hund kann nicht über seine „Sünden“ nachdenken, weil es so etwas in seiner Welt nicht gibt. Das ins Körbchen schicken macht ihn einfach nur traurig, weil er merkt, dass sein Mensch wütend ist – in seinen Augen unberechenbar. Aber er kann daraus keine Rückschlüsse ziehen für ein angebliches von ihm begangenes Fehlverhalten.

Bitte stafen Sie Ihren Hund nicht – egal wie. Er wird es nicht verstehen. Er wird nur verstehen, dass Sie häufig aus heiterem Himmel unberechenbares Verhalten an der Tag legen.

Zeigen Sie ihm statt dessen von Ihnen Erwünschtes und zwar so, dass er nachvollziehen kann, dass Sie dieses oder jenes Verhalten von ihm toll finden, anstatt ihn für „falsches“ Verhalten zu strafen, denn er wird nie von sich aus verstehen können, was denn die richtige Version seines Handelns gewesen wäre.

12.
Auf der Nase herumtanzen?

Das ist die häufigste Angst vieler Hundehalter, wenn sie nicht streng zu ihrem Hund sind.

Wie darf man sich das dann vorstellen?

Also da ist dann die Angst vor dem eigenen Vierbeiner, welcher Sie tagtäglich bis zum Sterbebett mehr liebt und lieben wird als Sie je ein Mensch in Ihrem Leben auch nur annähernd lieben kann? Das Tier, welches Ihnen alle Fehler verzeiht, die Sie im Umgang mit ihm machen, welches nicht nachtragend ist, welches sich von Ihnen zu allem Möglichen motivieren lässt, welches sich von Ihnen begeistern läßt, welches Ihnen gefallen will, welches Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Nähe möchte, welches unfassbar traurig ist, sobald Sie das Haus verlassen, welches eigentlich ein Nichts ohne Sie ist – und Sie glauben allen Ernstes, dass dieses Tier, das im Vergleich zu uns stets im Hier und Jetzt lebt, den Plan schmiedet, uns auf der Nase herumzutanzen?

Wozu?

Zu welchem Zweck?
Was hätte ein uns liebendes Wesen davon, uns auf der Nase herumzutanzen? Ist dieser Gedanke nicht Vermenschlichung pur?

Woher kommen diese geschürten Ängste vor dem eigenen Haustier? Warum holt man sich so ein Tier freiwillig ins Haus und nennt es dann auch noch „den besten Freund des Menschen“, wenn man ihm gleichzeitig ständig unterstellt, er würde jede Schwäche unsererseits ausnützen und hinterhältig händereibend darauf warten, uns von unserem selbsternannten Thron zu stürzen?

Hunde tanzen niemandem auf der Nase herum. Sie haben Bedürfnisse, die Hunde nun mal haben und kommunizieren diese auf ihre hündische Art mit uns. Das ist kein "auf der Nase herumtanzen", das ist normales Hundeverhalten, auf das Sie entweder eingehen können oder eben nicht. Hundeverhalten ist kein Hinterhalt.

Liebe Leser, sie dürfen Ihren Hund mit Liebe überschütten, ihn herzen, kuscheln und liebhaben, ihm zugestehen, dass er als Hund sich wie ein Hund verhält. Sie brauchen keine Härte, keine Strenge und keine Strafe, um mit ihm eine harmonische Zeit bis zu seinem Lebensende zu verbringen.

Hundehaltung ist das Einfachste der Welt. Lassen Sie sich nichts einreden, was Ihrem Bauchgefühl widerspricht.

Lernen Sie von Ihrem vierbeiningen Freund im Hier und Jetzt zu leben, den Augenblick zu genießen. Es ist ohnehin ein viel zu kurze Zeit. Nutzen Sie sie.

Eva Windisch (der keiner ihrer fünf Hunde, vier Ponys, einer Katze, einem Ehemann und vielen guten Freunden auf der Nase herumtanzt)


11.
Was macht Ihr Hund, wenn Sie traurig sind?

Kommt er zu Ihnen und wirkt besorgt?

Natürlich. Hunde spüren unsere Befindlichkeiten und kleinste Veränderungen unserer Emotionen besser als andere Tiere, teilweise sogar besser als unsere Mitmenschen. Wir haben eine so enge Verbindung zu unseren Hunden und sie mit uns, was eine von vielen Folgen der seit ca. 15.000 Jahre bestehenden Domestizierung. Je enger Sie mit Ihrem Hund zusammenleben, ihn in Ihren Alltag mit einbeziehen, im wahrsten Sinne des Wortes Freud und Leid mit ihm teilen, desto sensibler wird er Ihnen gegenüber werden.

Hunde sind Weltmeister im Interpretieren unserer Körpersprache und unserer gesprochenen Worte (umgekehrt leider eher weniger), weil sie jede Minute des Zusammenseins bemüht sind, uns seltsame Wesen zu verstehen, da wir ihr einziger Sozialpartner sind.

Ihr Hund ist beunruhigt und will Sie trösten, wenn Sie traurig sind. Verstärkt das Ihre augenblickliche Stimmung? Sind Sie in so einem Moment noch trauriger? Wohl kaum. Mutmaßlich wird er Ihnen sogar ein Lächeln entlocken in Ihrem Leid.

Unsere fünf Hunde reagieren übersensibel auf unsere Stimmungen.
Selbst wenn ich bei einem kitschigen Liebesfilm beim Happy End aufschluchze, kommen die Mädels angerannt und stupsen mich an, bzw. sehen mich beunruhigt an. Ich werde dabei nicht trauriger, sondern fröhlicher.

Und wenn ich mich bei einem spannenden Film grusle oder vor lauter Spannung total aufgeregt bin, dann kommen sie zu mir gelaufen und nehmen Kontakt auf, bzw. meine Schäferhündin bellt dann gleich warnend Richtung Garten, um schon mal alle potentielle Bösewichter zu vertreiben. Ich bekomme dabei nicht mehr Angst, sondern fühle mich besser. Ich bin nicht alleine, ein gutes Gefühl.

Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Man kann negative Emotionen, Gefühle oder Empfindungen nicht durch Beistand, Empathie und Trost verstärken. Das Gegenteil ist der Fall. Man nennt das in der Fachsprache Social Support.

Und das ist bei allen Lebewesen so, auch wenn es bei uns Menschen in dieser Zeit und in dieser Gesellschaft und in diesem System immer verpöhnter ist. Leider ist Härte scheinbar immer mehr die erwünschtere Eigenschaft. Gegen Menschen und auch gegen Tiere.

Hunde sind so viel feinsinniger als wir und können unsere Emotionen viel besser wahrnehmen als wir die ihren. Wäre es nicht Zeit, die Gefühle, Ängste und Sorgen unserer Hunde ernst zu nehmen, anstatt uns über sie zu erheben? Ihnen der gleiche beste Freund zu sein, der sie für uns sind.

10.
Rettung naht

Stellen Sie sich einen Superman-Film vor. Kann auch ein Batman- oder Spiderman-Film sein. Oder wen es sonst noch als Superhelden gibt. Eine prägnante Szene kommt in jedem dieser Filme vor: Eine schöne Frau ist in Gefahr, sie wird von Schurken bedroht, schreit um ihr Leben, und wie aus dem Nichts taucht plötzlich Superman/Spiderman/Batman auf und rettet die Frau, indem er sie hoch in die Lüfte zieht.
Erleichtet sieht die Frau ihrem Retter in die Augen, und die Beiden verlieben sich natürlich sofort ineinander.

Dass vor allem die Frau sich in ihren Retter verliebt, liegt doch eigentlich auf der Hand. Wer will nicht für den Rest seines Lebens so einen traumhaften Helden an seiner Seite haben?
Da kann einem doch nie wieder etwas passieren. Fortan weiß man, dass Gefahr kein Thema mehr ist, dass man im Leben zumindest diese Sorgen streichen kann. Man hat einen Dauerlebensretter an seiner Seite, einen Securityman, einen Bodyguard. Ach ja, da gabs ja auch einen Film mit Whitney Houston. Die hat sich auch in ihren Bodyguard verliebt.
Starke Partner an der eigenen Seite wirken scheinbar sehr attraktiv auf jemand Schwächeren.

Könnten Sie sich die gleichen Szenen mal in einer Slapstickkomödie vorstellen oder in einer Persiflage? Die schöne Frau ist also wieder mal in Gefahr, böse Schurken wollen sie töten, entführen, quälen, vergewaltigen. Sie schreit aus Leibeskräften – Superman oder wer auch immer kommt von oben, zieht sie aus der Gefahrenquelle heraus – und sie schreit noch mehr als sie gerettet wird und ihren Retter sieht. Völlig absurd, nicht wahr? Unglaubwürdig, albern. Selbst in der Persiflage verwirrend. Was soll jetzt daran lustig sein? Wieso sollte sie noch mehr Angst haben, wo sie doch gerade von einem heldenhaften Schönling vor potentiellen Mördern/Vergewaltigern gerettet wird?

Merken Sie was?

Genau das wird tagtäglich Hundehaltern vorgeworfen, die ihre kleinen Hunde, welche Angst haben auf ihren Arm nehmen. Sie schützen und ihnen zeigen, dass sie in dieser fremden und seltsamen Welt einen Beschützer an ihrer Seite haben, auf den sie sich verlassen können. Und das soll ihre Angst angeblich ver- oder bestärken?

Liebe Leser, das kann bei keinem Lebewesen die Angst verstärken. Gerettet werden war und ist für jeden gleichermaßen erleichternd. Ob Ihr Partner Sie rettet, die Feuerwehr, die Polizei, das FBI oder die CIA. Für Sie, für Ihre Kinder, für Ihre Mitmenschen und auch für ein Tier.
Und vor allem für Ihren kleinen Hund, der nur Sie in seinem kleinen, kurzen Leben als einziger Sozialpartner und Superhelden hat.

In diesem Sinne - seien Sie der Retter, der Superheld für Ihren kleinen Hund. Wenn er unsicher ist, sich fürchtet und Angst hat. Da fällt Ihnen kein Zacken aus der Krone, im Gegenteil: Die Krone erhält noch ein paar Zacken mehr.


9.
Allein sein

In meinen Telefonsprechstunden rufen mich viele Hundehalter an, weil ihre Hunde beim Alleine sein stundenlang bellen, heulen, jaulen, winseln, trotz Stubenreinheit ins Haus urinieren und koten oder gar Gegenstände zerstören. Das ist keine Unerzogenheit, wie es oft interpretiert wird und erst recht kein Protestverhalten.
Das ist Todesangst, und diese ist bitte immer ernst zu nehmen!

Hunde sind von uns Menschen so abhängig wie ein Welpe vom Muttertier. Hunde haben den emotionalen IQ eines zweijährigen Kindes. Würden Sie ein zweijähriges Kind alleine lassen? Mit Sicherheit nicht, es würde verzweifelt weinen und nach seiner Mama schreien.
Wir haben unseren Hunden gegenüber eine Elternfunktion: Wir regeln ihren Tagesablauf, wir füttern sie, wir bestimmen wann, wie oft, wohin und wie lange sie raus dürfen, und wann sie sich lösen dürfen. Bei keinem anderen Haustier ist dies so extrem. Hunde haben sich selbst domestiziert, also sich selbst dem Menschen angeschlossen, und wenn sie die Wahl hätten zwischen einem Artgenossen, der Freiheit und ihrem Menschen, dann fiele ihre Wahl immer auf ihren Menschen. Bei keinem anderen Haustier wäre dies der Fall. Und es liegt nicht daran, dass wir sie füttern, wie viele meinen, denn dann wären Tierheimhunde ja überglücklich. Sie werden regelmäßig gefüttert, leben oft mit Kollegen zusammen und haben einen Gassigeher. Auch in den gut geführten Auslandstierschutzheimen werden die Hunde gefüttert. Was glauben Sie, warum die Hunde trotzdem so traurig aussehen? Richtig – sie brauchen einen Menschen. Eine Familie. Mama und Papa, um es mal ganz emotional auszudrücken, aber mit Sicherheit weder einen Rudelführer oder einen Futterautomaten.

Ab der Pubertät beginnt ein Welpe allmählich selbstständig zu werden. Die Zeit des sich Lösens von den Elterntieren beginnt beim Wolfsschnösel mit ca. zwei Jahren. Bei Hunden ist es früher, da sie eben sehr früh den Menschen als nähere Bezugsperson sehen, sofern sie mit Menschen aufgewachsen sind, was ja in der Regel immer der Fall ist. Auch wenn die Pubertät ca. ab dem 7. Lebensmonat beginnt. Das ist auch der Grund, warum man Hunde nicht zähmen muss oder besonders früh an einen neue Person gewöhnen muss. Menschen sind grundsätzlich das Tollste für sie.
Das Alleinesein ist daher für sie erst mal der Supergau. Allein sein bedeutet für einen Welpen verhungern, selber gefressen werden oder sterben. Das ist tief in ihnen verankert. Daher fangen Sie bitte nicht zu früh an, den Welpen ans allein sein zu gewöhnen. Er hat ohnehin gerade durch Sie seine Mutter und seine Geschwister für immer verloren. Wie gesagt: Erst ab der Pubertät sinkt kurzfristig die extrem starke Bindung zur Bezugsperson.

Ich möchte hier keine Regel aufstellen, denn ich kenne Welpen, die sehr früh sehr selbstständig sind und im Gegensatz dazu Welpen, die wahre Muttersöhnchen sind, die an Frauchens Rockzipfel hängen vor lauter Angst verloren zu gehen. Jeder Hund ist ein Individuum. Gehen Sie dennoch behutsam an die Sache heran.

Anfangs wird der Welpe ihnen auf Schritt und Tritt folgen, das ist sein Überlebensinstinkt: Sie sind die Ersatzmama bzw. der Ersatzpapa. Fangen Sie subtil an: Einfach mal die Badezimmertür kurz zu machen, wenn sie auf der Toilette sind, aber sprechen Sie von innen mit dem Hund, damit er hört, dass Sie da sind, auch wenn er Sie nicht sehen kann. Beruhigen Sie ihn, so dass er lernt, dass alles in Ordnung ist. Das Ganze können Sie langsam steigern. Verlassen Sie die Wohnung, schließen Sie die Tür und verwenden Sie dabei einen Satz, den Sie immer wenn Sie gehen sagen, z.B.: „Ich komme gleich wieder, sei schön brav.“ Lauschen Sie, ob Sie etwas hören. Sobald er bellt, weint, heult oder jammert, kommen Sie bitte sofort wieder rein und sagen: „Alles gut, ich bin schon wieder da.“ Nehmen Sie seine Emotionen ernst. Er weint, weil er Todesangst aussteht und nicht, weil er protestiert. Dazu hat die Natur Lebewesen diese Laute gegeben. Ängste sind immer ernst zu nehmen, egal ob sie von einem Menschen oder einem Tier kommen. Und keine Sorge, er wird durch Ihr sofortiges Zurükkommen nicht lernen, dass er nur weinen muss, und schon sind Sie wieder da, sondern er wird lernen: „Selbst wenn mein Mensch außer Sichtweite ist, ist er doch irgendwie für mich da und achtet auf mich.“ Ich bin Atheist, aber vergleiche dies mit dem Glaube eines Christen, dass Gott, Jeus, Maria  - trotzdem man ihn/sie nie gesehen hat - immer präsent sind und einen beschützen.

Streichen Sie das Wort „Kontrollzwang“ in Bezug auf Hunde aus Ihrem Wortschatz. Hunde haben sich nicht dem Menschen angeschlossen , um ihn zu kontrollieren. Wozu auch? Sie brauchen uns und wollen bei uns sein. Hunde, die diesen angeblichen Kontrollzwang haben, haben einfach nur unsagbare Angst, plötzlich alleine zu sein. Unsicher Hunde haben dies häufig bzw. Hunde die sehr früh Verluste erlitten haben, sei es durch zu frühes Alleinseintraining oder zu frühes Absetzen vom Muttertier.

Und bitte bitte bitte schleichen Sie sich niemals heimlich aus dem Haus, wenn das Hundebaby gerade schläft. Wenn es aufwacht, und Sie sind wie vom Erdboden verschwunden, wird es tausend Tode sterben. Und genauso ziehen Sie sich einen angeblichen „Kontrollfreak“ heran, der gelernt hat: „Wenn ich die Augen zumache, dann bin ich für immer allein!“ Dann geht es ihrem Hund wie den Jugendlichen in „Nightmare on Elm Streat“. Wenn Sie einschlafen, dann passiert das Grauen. Die Folge wird sein, dass Ihr Hund Ihnen auf Schritt und Tritt folgen wird, nie mehr zu seinen 20 Stunden Schlaf am Tag kommt, und in Folge des ständigen Schlafentzuges unter Dauerstress gerät. Im schlimmsten Fall haben Sie dann einen Hund, der nie mehr alleine sein kann und ständig unter Strom steht. Dann heißt es: "Der ist nicht genügend ausgelastet!" und dann wird das arme Baby auch noch zu Marathonspaziergängen mitgenommen, die es aufgrund seiner Verlassensheitsängste auch noch mitmacht und vor lauter Streßhormone auch noch aushält.

Sich einen Welpen zu holen ist der gleiche Fulltimejob wie ein Kind zu bekommen.

Einen zweiten Hund als Gesellschaft dazuzuholen klappt meistens nicht. Es ist in der Regel dann nicht der Fall, dass der Zweithund dem Ersthund vermittelt, dass Alleinesein doch nicht so schlimm ist, sondern umgekehrt: Die Angst, die der panische Ersthund vermittelt, kommt beim Zweithund genauso an: Alleinesein ist scheinbar wirklich lebensgefährlich.

In diesem Sinne – nehmen Sie sich Zeit für die paar Monate, in denen Ihr Hund/Kind noch ein Baby ist. Sie legen damit einen Grundstein fürs Leben.


8.
Wenn man auf die Aggression eines Hundes mit Aggression bzw. Gewalt reagiert, wie soll der Hund dann schlußfolgern können, dass Aggression unerwünscht ist?


7.
„Wenn er nicht gehorcht beim Spazierengehen, dann brechen wir zur Strafe den Spaziergang ab!“ hat mir vor kurzem eine Kundin mitgeteilt.


Glauben Sie wirklich, dass ein Hund dies als Strafe für sein Vergehen erkennen und interpretieren kann?

Ebenso beliebt ist: „Zur Strafe kommt er an die Leine!“
Bitte denken Sie logisch. Dann wäre im Umkehrschluß jedes Ende eines Spaziergang für den Hund eine von Ihnen erteilte Strafe an den Hund, jedes Anleinen eine von Ihnen erteilte Strafe an den Hund. Dann wäre ja für der Hund - wenn es für ihn ersichtlich wäre - dieser Moment der Zeitpunkt über seine „Sünden“ nachzudenken, zu reflektieren, logische Schlüsse zu ziehen und um –zig Ecken zu interpretieren, was für Missetaten er begangen haben könnte.

Liebe Hundehalter: Das geht nicht, und das kann er nicht. Einem Menschen kann man so etwas erklären, einem Tier nicht.

Würde Ihr Hund das Anleinen als Strafe empfinden, dann wäre ja jedes Gehen an der Leine für ihn eine Strafe. Wenn dem so wäre, dann hätten Sie aber einiges im Zusammenleben mit Ihrem Hund falsch gemacht. Das Gehen an der Leine sollte für den Hund als genauso schön empfunden werden, wie der Freilauf. An der Leine gehen ist ein Hand-in-Hand gehen, eine innige Nähe, eine Verbundenheit, ein Miteinander, ein Schutz.

Und ebenso das Ende eines Spazierganges, was ja bei jedem Spaziergang die logische Folge ist, denn jeder Spaziergang hat ein Ende. Es soll ein Ausklingen des gemeinsam Erlebten sein, ein nach Hause kommen, was wiederum wohlige Entspannung bedeutet.

Bitte bedenken Sie: Ein Strafe – soll sie für den Hund ersichtlich sein – muss sofort (innerhalb von 2 - 3 Sekunden) und so hart erfolgen, dass der Hund wirklich einen Zusammenhang daraus verknüpfen kann. Und Bestrafen können Sie nur eine Handlung. Also ist es sinnlos, den Hund zu bestrafen, wenn er etws nicht tut, also wenn er beispielsweise auf einen Rückruf nicht folgt. Er verknüpft die Strafe, die Sie ihm für einen nicht befolgten Befehl erteilen nur mit der Tatsache, dass Sie gerade anwesend sind.
Bedenken Sie weiterhin, dass das was wir als Strafe an den Hund weitergeben, in der Hundewelt völlig anders verstanden wird.
Hunde bestrafen sich in dem Sinne nicht, wie wir Menschen es tun:
Hunde verteidigen Ihre Ressourcen, wie zum Beispiel Futter, Spielzeug, Schlafplätze, ihren Menschen oder ihren Individualbereich (und damit auch das Bedürfnis nach Ruhe in seiner Nähe). Nichts anderes machen wir in solchen Situationen auch. Aber das ist kein Strafen.

Aber Hunde bestrafen sich nicht gegeseitig fürs nicht Gehorchen, denn Gehorsam gibt es in der Hundewelt nicht. Gehorsam hat immer etwas mit Herrschaft zu tun. Hunde sind keine Rudeltiere (Wölfe auch nicht, denn die sind Familientiere), und selbst in einem Rudel gibt es in dem Sinne keinen Oberbefehlshaber, der militärische Befehle erteilt, sondern einen, der durch sein Wissen das Rudel leitet, führt und schützt.

Machen Sie es Ihrem Hund leicht: Es ist um vieles einfacher für ihn, zu begreifen, was Sie von ihm wollen, anstatt in unserer komplizieren Menschenwelt nachzuvollziehen, was Sie NICHT wollen.
Es liegt an Ihnen, es ihm so zu vermitteln, dass er es auch verstehen kann. Anstatt das Unerwünschte zu bestrafen, zeigen Sie ihm das Richtige, das Erwünschte.


6.
Warum Sie niemals der Rudelführer/Chef/Leitwolf/Alpha/Packleader Ihres Hundes werden können.

Warum Sie niemals der Rudelführer/Chef/Leitwolf/Alpha/Packleader Ihres Hundes werden können.
Der Gedanke, der Rudelführer über seinen Hund zu werden, ist leider nicht totzukriegen und wird fleißig tagtäglich wie Flüsterpost in den Medien und Hundeschulen verbreitet.

Rudelführer über den eigenen Hund ist aber biologisch nicht möglich, da Hunde keine Rudeltiere sind und ihnen somit eine Rangordnung oder ein Hierarchiegedanke völlig fremd ist. Hunde haben sich vor 15.000 Jahren nicht dem Menschen angeschlossen, um mit ihm ein Rudel zu bilden, was ja ziemlich absurd wäre, denn dann wären Hunde ja ziemlich dumme Tiere, wenn sie nicht mal den Unterscheid zwischen Mensch und Hund erkennen könnten. Und Tiere können nur innerartlich Rudel bzw. Herden bilden, so hat die Natur es gewollt. Sonst wäre ja auch die Erhaltung der Art gefährdet. Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich am Ende mit Ihrem Hund verpaaren... als ordentlicher selbsternannter Rudelführer. Gruseliger Gedanke, oder?
Satire beiseite.
Hunde sind im Vergleich zu Wölfen keine Rudeltiere. Und selbst Wölfe sind streng genommen keine Rudeltiere, sondern Familientiere, denn ein Rudel besteht aus einem monogamen Elternpaar und zwei Generationen Welpen, die jeweils in der Pubertät mit zwei bis drei Jahren das Elternhaus verlassen, um selber eine kleine Familie zu gründen. Kein Alpha, kein Omega, keine Rangordnung, sondern eine Familie, die zusammenhält und sich niemals gegenseitig bekriegen oder bekämpfen würde.
Hunde haben sich selber domestiziert, man musste sie nicht erst zähmen, sie haben sich freiwillig dem Menschen angeschlossen und sind die einzigen Tiere, die das Zusammenleben mit einem Menschen einem Leben in der Freiheit oder einem Leben mit einem Artgenossen vorziehen. Hunde sind hochsoziale Lebewesen, Weltmeister im Konflikte vermeiden und gehen unangenehmen Situationen eher aus dem Weg als das Risoko einer Auseinandersetzung einzugehen.
Und sie haben sich nicht dem Menschen angeschlossen, um gegen ihn zu kämpfen. Ansonsten wäre ja Hundehaltung ein ziemlich riskantes Hobby und der Hund sicher nicht eines der beliebtesten Haustiere. Auch der Terminus „bester Freund des Menschen“ wäre ja dann eine Farce, wenn dieser angeblich beste Freund ständig auf eine Gelegenheit lauern würde, um uns in der angeblichen Rangordnung zu übertrumpfen.
Rangordnungen gibt es bei uns Menschen in diesem Wirtschschaftssystem, in welchem es ausschließlich darum geht, gegeneinander zu konkurrieren. Daher vermenschlichen wir in dieser Sichtweise den Hund extrem, indem wir ihm unterstellen, ebefalls in dieser menschlichen Hierarchieschiene zu leben. Tut er aber nicht.
Hunde lieben uns Menschen mehr als wir Menschen uns gegenseitig fähig sind lieben. Ihre Liebe ist bedingungslos. Sie lieben uns und und verzeihen uns dummerweise auch noch alles. Wie würde dieses Ansinnen mit einer Rangordnung gleichzusetzen sein?
Hunde bilden keine Rudel, sondern manchmal individuelle Freundschaften, die aber auch nichts mit Rangordnungen zu tun haben. Hunde sind sehr soziale Lebewesen, aber sie verteidigen aus überlebenstechnischen Gründen ihre Ressourcen und ihren individualbereich. Was immer noch nichts mit einer Rangordnung zu tun hat. Jeder verteidigt seine Ressourcen und seinen Individualbereich. Wir Menschen ganz besonders.
Wenn Sie sich als vermeindlicher Rudelführer über ihren Hund aufspielen, bekommt Ihr Hund lediglich Angst vor Ihnen und verliert sein Vertrauen in Sie und in Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen. Wer sich so verhält ist einfach nur asozial und gefährlich in den Augen eines Hundes. Und dennoch kann er nicht anders – und liebt Sie trotz allem immer noch.
Und abgesehen davon ist ein Rudelführer oder ein Leittier in der Natur außer bei einigen wenigen Affenarten nie derjenige der am meisten rumprollt und am asozialsten ist, sondern derjedenige, der den anderen Mitgliedern am meisten dient. Er ist derjenige, der vor Gefahren schützt, der der am besten sieht, wittert und hört, der Klügste, der Gelassenste, der Souveränste, der Weiseste, also derjenige, der durch seine besonderen Fähigkeiten den Schutz des Rudels /der Herde gewährleisten kann. Aber niemals derjenige, der Ausbeutung oder Bekämpfung der Gemeinschaft betreibt, denn dann wäre er in Kürze ganz alleine.
Ich empfehle allen immer noch gläubigen Rudelführern das Buch „Hundeverstand“ von John Brandshaw, das aktuellste kynologische Buch, welches nicht ganz einfach zu lesen ist. Wie es bei wissenschaftlicher Literatur eben so ist. Das Märchen von der Rangordnung bei Wölfen ist seit den Mitte der 90er Jahre von vielen Wolfsforschern wissenschaftlich widerlegt und bei Hunden auch schon seit vielen Jahren von diversen namhaften Kynologen.

Werden Sie nicht der Feind Ihres Hundes, sondern sein Freund. Die gemeinsame Zeit ist ohnehin viel zu kurz und sollte nicht mit dem ständigen Niederringen eines liebenden Tieres vergeudet werden.


5.
Wie war Ihre Kindheit?

Wie gingen Ihre Eltern mit Ihnen um? Gab es bei Ihnen noch die „gesunde Watsch’n“, die angeblich noch keinem geschadet hat?
Sind Sie häufig gestraft oder geschimpft worden? Was hat das in Ihrer damaligen Sicht mit Ihnen gemacht und was in Ihrer heutigen Sicht?
Warum straft oder schimpft man eigentlich mit Vorliebe Schwächere und Abhängige?

Wie gehen Sie mit Ihrem Hund um? Genau so wie man mit Ihnen als Kind umgegangen ist? Möchten Sie nochmal das gestrafte Kind von früher sein? Möchten Sie Ihr Hund sein? Möchten Sie mit Ihrem Hund tauschen? Soll er für Ihre Kindheit büßen?

Gerne wendet man das, was man in seiner Kindheit erlebt hat, auf andere Lebewesen an.

Wie war wohl die Kindheit von besonders liebevollen und empathischen Menschen?

Und wie war wohl die Kindheit von grausamen, harten und eventuell gar kriminellen Menschen?

Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Selbst wenn Sie eine nicht besonders liebevolle Kindheit hatten, Sie nicht geherzt und geküßt wurden, kuscheln und Lob bei Ihnen nicht zur Tagesordnung gehörte, Ihre Eltern Ihnen nicht die Liebe gegeben haben, die Sie als kleines wehrloses und abhängiges Kind so dringend gebraucht hätten... ist das ein Freibrief, dies ungefiltert an Schwächere weiterzugeben? Sie sind doch nicht fremdbestimmt. Keine unsichtbare Macht in Ihrem Inneren zwingt Sie dazu. Sie können freigeistig über Ihr Handeln bestimmen – und reflektieren.

Anstatt solche unschönen Erziehungsmethoden Ihrer Eltern an Ihren Hund weiterzugeben, sehen Sie doch die Beziehung zu Ihrem Hund als Chance, es besser zu machen. Fangen Sie sofort damit an, und Sie werden sehen, wie sich Ihre Beziehung zu Ihrem Hund zum Postitiven verändert. Es ist ganz einfach und liegt nur an Ihnen. Machen Sie es besser und machen Sie damit die Welt ein Stück weit besser.
4.
Was passiert zwischen Ihnen und Ihrem Hund, wenn Sie ihn strafen?

Egal wie Sie ihn strafen, mit körperlicher oder psychischer Gewalt, mit Stimme oder Drohgesten, Ihr Hund wird nur eines daraus lernen: Ihre Nähe zu meiden. Wenn ein Hund einen anderen Hund attackiert, dann will er dass dieser sich entfernt und mit Sicherheit nicht, dass dieser näher zu ihm kommt und ihm vertraut. Attacke bedeutet: „Hau ab! Weg aus meinem Dunstkreis! Weg aus meinem Individualbereich! Ich mag Dich nicht! Ich will Dich nicht in meiner Nähe haben!“
Aber niemals bedeutet es. „Bleib näher bei mir, komm dichter zu mir, bleib mit dem Blickkontakt bei mir, bleib mit Deiner Aufmerksamkeit bei mir! Vertraue mir! Lass uns ein Team werden! Lass uns Freunde fürs Leben werden!“

Somit erreichen Sie niemals das Erwünschte, wenn Sie Ihren Hund strafen. Daher bitte zeigen Sie IMMER Ihrem Hund, was Sie von ihm möchten und niemals, was Sie NICHT möchten. Er wird es nicht verstehen, denn unsere Gedankengänge sind zu kompliziert und zu komplex, als dass er sie wirklich erraten könnte.

Einen Hund, der ja seinen Menschen immer bedingungslos liebt zu strafen oder zu bedrohen, bewirkt lediglich, dass das Vertrauen zu dieser Person Stück für Stück zu bröckeln beginnt. Der Hund wird lernen, Probleme selber auf seine eigene Art und Weise zu lösen und nicht auf die Kompetenz seines Menschen zu setzen. Er wird im Augenblick des gestraft-Werdens Fehlverknüpfungen machen und die Situation, in der er gestraft wurde erst recht negativ in Erinnerung behalten. Und somit entstehen immer mehr Probleme, denn der Hund sieht seinen Menschen dann nicht mehr als seinen Freund und Sozialpartner, sondern als seinen Gegner. Somit für den Hundehalter ein weiterer Freibrief, seinen Hund noch mehr zu strafen, zu maßregeln und zu bedrohen, und ein regelrechter Teufelskreis beginnt.

Durchbrechen Sie ihn und fangen Sie von vorne an, um aus dieser Spirale wieder herauszukommen. Lernen Sie, Ihren Hund zu verstehen und seine Emotionen ernst zu nehmen. Sein Verhalten ist nur eine logische Folge seiner Emotionen. Emotionen kann man nicht bestrafen, aber man kann negative Emotionen in positive Emotionen umwandeln, so dass der Hund das unerwünschte Verhalten gar nicht mehr zeigen muss.

3.
Kennen Sie Sisyphos?

Jenen "Helden" der griechischen Mythologie, der immer und immer wieder vergebens einen Felsen einen Berg hinaufstemmte, welcher oben angekommen wieder bergab zurückrollte. Sisyphos lernte nichts daraus und versuchte es weiterhin.
Eine sinnlose Tätigkeit, die zu nichts führt, nennt man gemeinhin Sisyphustätigkeit.
Fast niemand macht so etwas. Mit fällt da höchstens Homer Simpson ein, der beispielsweise irgendwo hinfasst, wo es weh tut, „AU!“ schreit, und im nächsten Moment wieder dorthinfasst und erneut „AU!“ schreit. Dies mit ein paar Wiederholungen bringt die Zuschauer zum Lachen, und jeder denkt: „So ein Trottel!“ Spätestens nach dem dritten sinnlosen Versuch, merken doch die meisten, dass etwas nicht klappt.

Und dieser wunderbaren Methodik können Sie sich im Umgang mit Ihrem Hund bedienen. Ohne ihn zu dressieren, abzurichten oder gar zu strafen. In fast jeder Situation. Lassen Sie ihn doch einfach die Erfahrung machen, dass das, was er vorhat, einfach nicht klappt.

Einfaches Beispiel: Sie stehen aus irgendeinem triftigen Grund irgendwo, und Ihr Hund zieht an der Leine, weil er weiter möchte. Was wäre Ihre übliche Reaktion? (An dieser Stelle möchte ich bitte nochmals anmerken, dass eine Leine eine Sicherung ist, und die Luftröhre ein denkbar ungeeignetes Körperteil zum Sichern eines atmenden, fühlenden Lebewesens ist. Daher bitte immer ein gutsitzendes Brustgeschirr zum Sichern verwenden.)
Leinenruck? Schimpfen? Zurückziehen?
Ihr Hund lernt nichts daraus, außer dass Sie mal wieder schlecht gelaunt sind und ihm ständig (in seiner Denke) grundlos weh tun. Denn ein Hund kann nicht erkennen, dass Gehen plötzlich falsch sein soll.
Lassen Sie Ihren Arm immer länger werden? Oder gehen Sie auf einem Bein balancierend mit dem Oberkörper und dem anderen Bein immer mehr in die Waagrechte? Oder gehen Sie gar zwei, drei Schritte mit ihm mit? Was lernt Ihr Hund daraus? Richtig: Dass an der Leine ziehen sich lohnt. Es ist zwar ein wenig anstrengend, aber Anstrengung führt ja bekanntlich zum Ziel. Ganz einfacher Lerneffekt. Und doch logisch und nachvollziehbar, nicht wahr? Daher ziehen Hunde in der Regel an der Leine, wenn der Hundehalter steht. Weil sie es gelernt haben, dass sich dadurch etwas ändert. Weil die Halter es ihnen unbewußt beigebracht haben.

Also was wäre die einfachste und für alle Beteiligten logischste Variante? Natürlich! Gehen Sie doch einfach NICHT darauf ein! Soll er doch ziehen! Er darf gerne ziehen. Es wird sich nichts an seiner Situation ändern, und so lernt jeder Hund ratzfatz: An der Leine zu ziehen bringt nichts. Vergebliche Liebesmüh. Es ändert sich nichts.

Und diese Erkenntnis läßt sich weiter fortführen beim Leineziehen beim Gehen. Bitte lassen Sie sich weder zu einer schnelleren Gangart hinreißen (Sie werden ohnehin nie so schnell gehen können wie Ihr Hund, da wir Menschen nur zwei Beine haben), noch zum oft geratenen Stehenbleiben, noch zu der Unart des ständigen strafenden Leinenrucks. Gehen und bleiben Sie in Ihrem Tempo, und Sisyphos wird einfach nur merken: „Der/die Arme kann halt nicht schneller.“

Ihr Hund bettelt? Na und? Gehen Sie doch einfach nicht drauf ein, anstatt ihn zuzutexten mit: „Neiiiiiiiiiin, es gibt nichts! Neiiiiiiiin, das ist meins!“ Oder dem prolligen AUS!- oder ABINDEINKÖRBCHEN!-Gebrülle. Egal ob Sie es nett oder aggressiv vermitteln, Ihr Hund lernt lediglich daraus, dass Sie um Ihre Ressource Essen kämpfen, und dass das Thema noch gar nicht vom Tisch ist – im wahrsten Sinne des Wortes.
Sisyphos kann betteln soviel er will – es führt zu nichts. Also wird er sich irgendwann mal in sein Körbchen oder unter den Tisch kuscheln. Bleiben Sie dran, und bleiben Sie bei sich. Das Thema „Bei sich bleiben“ habe ich in meinem Buch 3 „Mit Hunden Sein 3- Die Botschaft der Hunde“ ausführlich beschrieben.

Ihr Hund will Menschen anspringen? Halten Sie in so einem (meist absehbaren) Moment doch einfach die Leine so kurz, dass er es gar nicht erst schafft, und Sisyphos wird merken, dass Hochspringen nicht klappt. Erlebe ich tagtäglich, wenn ich Neukunden treffe, und diese seelenruhig zusehen, wie Ihre 50 kg-Dogge an der langen Leine an mir hochklettert. Auch wenn ich Hundetrainerin bin, finde ich es in keinster Weise toll, wenn fremde Hunde an mir hochspringen. Tut gerade bei großen Hunden übrigens echt weh, wenn man nicht gerade wie für eine Polarexpedition gekleidet ist.

Dass die Haustür zu ist, der Garten einen Zaun hat, der Kühlschrank zu ist, die Futterbox nicht erreichbar ist, und und und ... diese und ähnliche Erkenntnisse machen Hunde tagtäglich ohne dass wir ihnen das antrainieren oder anerziehen müssen. Es sind einfache Erfahrungen durch Try and Error, die Hunde tagtäglich machen, ihre Schlüsse daraus ziehen und für sich lernen. Uns geht es tagtäglich nicht anders.

Und dies können Sie sich wunderbar im täglichen Umgang mit Ihrem besten vierbeinigen Freund zunutze machen. Völlig unspektakulär.
Und so einfach.

In diesem Sinne – bleiben und werden Sie kreativ.
Und bleiben sie immer klar und durchschaubar. Für Mensch und Tier.
 
2.
Auf der Seite eines sehr bekannten deutschen Hundetrainers las ich den Tipp, den Hund nicht immer zu streicheln, wenn dieser es fordere, sonst würde der Hund glauben, wir seien seine Marionette.

Nun lassen sich dies mal bitteschön auf der Zunge zergehen. Da wünscht sich dieses uns liebende Wesen, welches in seinen wenigen ca. 10 Jahren Lebenserwartung nur uns hat und sonst niemanden, einfach in diesem Moment ein wenig Liebe, ein wenig Zärtlichkeit, ein wenig Nähe, und Sie sollen ihm die kalte Schulter zeigen? Was soll das Geben von Liebe und Körperkontakt Negatives bewirken? Gab es schon mal einen Fall, bei dem Liebe, Streicheleinheiten, Nähe und Körperkontakt etwas Negatives hervorgerufen hat?

Wie ginge es Ihnen in so einem Moment? Sie sehnen sich nach einfachem Körperkontakt von Ihrem Partner, und dieser weist Sie ab. Ich vermute, Sie fangen an, an seiner Liebe zu zweifeln oder zu vermuten, dass in Ihrer Beziehung etwas nicht stimmt.
Hatten Sie nicht auch mal das Bedürfnis, Ihrem Partner zu sagen: „Kannst Du mich bitte ganz fest in die Arme nehmen?“
Oder Sie umarmen und küssen ihn, weil sie gerade vor Liebe und Sehnsucht nach ihm zerspringen könnten.
Ein Kind will mit den Eltern kuscheln, und diese ignorieren dies.
Hunde sind von uns so abhängig wie ein Kind von seinen Eltern.
Das Verwehren von Liebe ist mit das Grausamste was man jemanden, der von einem abhängig ist, antun kann. Das hinterläßt einen tiefen Riss in der Seele.

Bitte hören Sie auf Ihr Herz, Ihr Bauchgefühl und auf Ihren gesunden Menschenverstand. Ihr Hund möchte nichts weiter als einfach gestreichelt werden. Streicheln Sie Ihren Hund nicht gerne?

Was passiert denn eigentlich, wenn Sie Ihren Hund liebevoll streicheln (und damit meine ich nicht wuscheln, kratzen oder klopfen, sondern wirklich streicheln)?

Im Körper des Hundes wird ein Hormon gebildet, das sogenannte Kuschel- und Bindungshormon Oxytozin. Dieses Hormon bewirkt, dass sich der Gestreichelte wohl fühlt, es stärkt die Bindung, die Beziehung, das Vertrauen und die Hingabe. Und das Schöne ist: Im Körper des Streichelnden bildet sich das gleiche Hormon. Das heißt, dass beide, also Streichelnder und der Gestreichelte diesen Moment gleichermaßen genießen und sich noch mehr zueinander hingezogen fühlen.

Oxytozin entsteht zwischen Mutter und Baby schon im Mutterleib und zwischen zwei Verliebten beim Sexualakt. Sie lieben sich in dem Moment noch mehr. Und Sie und Ihr Hund lieben sich beim Kuscheln noch mehr. Und das soll kontraproduktiv sein? Zwei Wesen, die sich lieben und berühren? Es ist in keinester Weise biochemisch oder verhaltensbiologisch erklärbar, dass dies negative Auswirkungen hätte.

Also wovor haben Sie in so einem Moment Angst? Lassen Sie sich bitte nichts einreden. Ihre gemeinsame Zeit ist ohnehin viel zu kurz. Hören Sie immer auf Ihr Bauchgefühl.

1.
Grenzen – Regeln

Die Zauberwörter vieler Hundehalter, an die sie sich gerne klammern wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.

„Regeln und Grenzen muss er kennen, und gehorchen muss er“.

Was für Regeln und Grenzen sollen das aber denn nun sein, die ein Tier, welches in einer völlig anderen Welt lebt, alle auswendig kennen und können muss?

Dass es kommt, wenn man es ruft? Ist das eine Regel? Dann wären ja alle Hunde, die diese Regel einst gelernt hatten, jederzeit zu 100% abrufbar. Ist aber kein Hund – definitiv keiner. Nicht mal meine fünf Mädels, und das will schon was heißen! 100% kann niemand.

Also ist dies schon mal keine Regel, sondern etwas, was man sich verdienen bzw. schwer erarbeiten muss. Der Rückruf ist ein Geschenk seitens des Hundes an Sie. Ein gut aufgebauter Rückruf ist Gold wert und kann lebensrettend sein. Je attraktiver Sie den Rückruf gestalten, desto mehr Lust hat der Hund zu kommen, ja für Sie alles stehen und liegen zu lassen. Also keine Regel. An Ihnen liegt es!

Ist es eine Regel, dass der Hund nicht auf die Staße rennen darf? Ich hoffe doch sehr, dass Ihr Hund an Straßen angeleint ist, und es gar nicht erst dazu kommen kann, denn das wäre grob fahrlässig. Die Vernunft und den Verstand, dass Autos tödlich sein können, kann ein Hund und auch ein Kleinkind nicht haben. Also wieder keine Regel. Sie haben die Verantwortung.

Ist es eine Regel, dass Ihr Hund an der Ampel stehen bleiben muss? Ich hoffe doch sehr, dass Sie an der Ampel stehen bleiben und dabei die Leine kurz halten, so wie Sie ein Kleinkind in so einer Situation an der Hand halten würden.

Ist es eine Regel, dass der Hund im Haus kein Essen „klauen“ darf? Eine Ressource, die nicht bewacht wird, gilt in der Welt der Hunde als freigegeben, also bewahren Sie bitte Lebensmittel wie bei einer Katze auch außer Reichweite auf. Also liegt erneut die Verantwortung und die Regel bei Ihnen.

Er soll sich hinsetzen, bevor Sie ihm sein Essen geben.
Warum? Tiere füttern ist doch etwas selbstverständliches: Man gibt ihnen ihr Essen. Unsere Pflicht und eine Regel für alle Tierhalter.

Er soll nicht betteln? Dann gehen Sie doch einfach nicht darauf ein, anstatt eine Litanei an Maßregelungen loszulassen. Lassen Sie ihn doch in aller Gelassenheit die Erfahrung machen, dass Betteln zu nichts führt. Wieder eine Regel, die nicht der Hund sondern Sie einhalten müssen.

Wäre es nicht besser, wir setzen uns als Hundehalter, die wir die Fürsorgepflicht haben, selber eine Menge Regeln und Grenzen.

Unseren unangeleinten Hund zum Beispiel nicht zu einem angeleinten Hund zu lassen.
Für unseren Hund zu 100% berechenbar zu sein und nicht ständig unseren Mißmut an ihm auszulassen.
Die Spaziergänge in seinem Sinne zu gestalten, ihn in Ruhe schnüffeln und markieren zu lassen.
Ihn an der Leine kurz zu halten, wenn er dazu neigt, andere Menschen anzuspringen, weil er Menschen so liebt und am liebsten die ganze Welt umarmen könnte.
Ihn so wenig wie möglich alleine zu lassen.
Für ihn da zu sein, wenn er uns braucht.
Ihn und seine Emotionen ernst zu nehmen.
Uns ständig mit wirklicher Fachliteratur über Hundverhalten und Hundepsychologie soweit schlau zu machen, so dass wir wissen, wie denn so ein Hund lebt, liebt, denkt, tickt, lernt, wie er unsere menschliche Welt wahrnimmt und wie wir seine Welt interpretieren können.
Anderen Menschen Grenzen zu setzten, die unserem Hund zu nahe kommen oder gar schaden wollen.
Vor allem unseren Kindern Grenzen setzen, was ihren Umgang mit dem Hund betrifft. Schlimm genug, was Hunde in unserer Zeit bei Kindern alles aushalten müssen. Wagt der Hund einmal sich zu wehren, dann gilt er aggressiv. Früher war es Gang und Gäbe, dass man einen Hund, der schläft in Ruhe läßt und dass Kinder ihn nicht verfolgen dürfen, wenn sie ihn streicheln wollen, sondern warten müssen, bis er gesreichelt werden möchte.

Ein Tier zum Funktionieren zu bringen, ihm ein Verständnis für unsere Welt auferlegen zu wollen, ist absurd. Es ist ein Tier und kein erwachsener Gelehrter, der den Knigge auswendig kann. Funktionieren müssen wir Menschen in diesem System. Funktionieren und benutzbar sein müssen Computer und Maschinen, und es wird von uns und von diesen Gegenständen erwartet, aber von einem Tier? Und ist es nicht nach unseren Vorstellungen zu 100% perfekt, dann greift der Mensch zu Mitteln wie Unterwerfung, Strafe, gefügig machen, damit es auf Knopfdruck funktioniert. Ist das denn wirklich möglich? Wenn man unseren IQ und den eines Hundes vergleicht, erscheint es doch völlig absurd, was wir alles von einem Hund erwarten und verlangen.

Wenn Ihr Hund etwas in einer Situation macht, was sie gerade nicht möchten, dann sagen Sie doch einfach ganz freundlich, ja fast fragend seinen Namen, er wird Ihren Blickkontakt suchen, da er sofort aufgrund Ihrer freundlichen Stimme eine positive Erwartungshaltung an Sie hat, Sie ansehen, Sie loben ihn dafür sofort verbal – und schon ist die Situation beendet. Super einfach und wirksam. Und besser als ständige Abbruchsignale, mit denen Sie Ihren Hund nur zeigen, dass Sie eine Spaßbremse sind. Das Anbieten eines Alternativverhaltens ist für den Hund tausendmal schöner und wirksamer als ein Abbruchsignal.

Also: Setzten sich sich selber Grenzen, stellen Sie sich selber Regeln auf, seien und bleiben Sie fair zu ihrem Hund, seien Sie kreativ, und wenn er etwas nicht versteht, dann zeigen Sie ihm freundlich, was Sie von ihm wollen, anstatt das zu bestrafen was Sie an seinem Verhalten nicht wollen. Handeln Sie vorausschauend und achtsam, damit er erst gar nicht zu unerwünschten Situationen und unerwünschtem Verhalten kommt. Bieten Sie Ihrem Hund stets ein Alternativverhalten zu seiner Absicht an. Hunde bemühen sich ohnehin so sehr, unsere komplizierte Menschenwelt zu verstehen und uns zu gefallen.

In diesem Sinne - Behandeln Sie ihn so, wie Sie von jemandem behandelt werden möchten, den Sie lieben.

Foto: Entspanntes Mensch-Hund-Paar im Gelassenheitstraining in Münchens Fußgängerzone

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