25.
Am Abend eines Kurstages:
Preisfrage: Warum liegen diese beiden schlafenden Hunde auf den Füßen ihres Halters?
Ich wette, 80% der Leute entdecken hier wieder mal den dominanten Hund.
Glauben Sie wirklich, dass es in der Natur eines Hundes liegt, seinen Menschen dominieren zu wollen?
Glauben Sie wirklich, dass Hunde sich vor 15.000 Jahren dem Menschen angeschlossen haben, um einen lebenslangen Kampf um die Vorherrschaft zu starten, und um Macht über uns Menschen auszuüben?
Warum sind Hunde dann so beliebte Haustiere, wenn man 24/7 vor ihnen auf der Hut sein muss?
Wäre es nicht äußerst riskant, sich solch eine Bestie ins Haus zu holen, ähnlich gefährlich wie ein wildes Raubtier?
Was wäre die Folge davon? Dass der die Dominanz erworbene Hund dann über seinen Menschen (heißt es nicht "der beste Freund des Menschen" oder ist er doch der ärgste Rivale des Menschen?)) herrscht? Und dann? Ist er dann der Rudelführer? Was macht denn so ein Rudelführer? Kämpft er rund um die Uhr gegen sein Rudel? Wozu? Warum hat er dann ein Rudel um sich herum?
Fragen über Fragen. Kontroversen über Kontroversen.
Ich darf es Ihnen erklären:
Zum Thema Rudel: Wölfe sind Rudeltiere. Da sind wir uns alle im Klaren. Aber selbst dieser Begriff ist nicht korrekt, denn sie sind Familientiere, bestehend aus Mama Wolf, Papa Wolf (beide monogam) mit ihren Welpen der ersten und zweiten Generation, wobei die älteren mit der Pubertät das Elternhaus verlassen (wie bei uns Menschen).
Hunde hingegen sind keine Rudeltiere. Die Mama zieht die Welpen alleine auf, und ab da ist jeder sich selbst der Nächste. Hunde sind hochsoziale Lebewesen (im Vergleich zu uns Menschen), vermeiden Streß und Konflikte, bilden gerne individuelle Freundschaften, aber keine Rudel. Kann man ganz wunderbar an Straßenhunden beobachten, die alleine durch die Straßen ziehen, sich aber an Futterstellen wie Müllhalden oder bei fütternden Touristen treffen. Jeder ist auch da sich selbst er nächste. Keiner dient dem anderen. (Lesen Sie doch bitte dazu das Buch "Pizzahunde" vom Wolfsforscher Günher Bloch, ein sehr aufschlußreiches Experiment.)
Hunde haben aber durch die Domestizierung (und sie haben sich als einzige Haustiere selber domestiziert) beschlossen, dass Menschen in ihrem Leben wichtiger sind als Kollegen, und wenn ein Hund die Wahl zwischen einem Leben mit einem Menschen und dem Leben mit einem Kollegen hat, wird er sich für den Menschen entscheiden.
Da sie keine Rudel bilden, kennen sie auch keine Rangordnung und keine Hierarchien, im Vergleich zu uns Menschen. Genau wie beispielsweise Katzen. Sprich: Kein Hund will über seinen geliebten Menschen herrschen. Unsere Hunde lieben uns, sind tottraurig, wenn wir außer Sichtweite sind, begrüßen uns jeden Morgen wie einen totgelaubten Verwandten aufs Neue, drehen durch vor Freude, wenn wir nach der Arbeit nach Hause kommen. Kurz: Sie lieben uns mehr als wir jemals im Stande wären, irgendjemanden auch nur annähernd zu lieben.
Dominanz? Nein, natürlich nicht. Was diese hundemüden Hunde auf den Fotos machen nennt sich Kontaktliegen. Sie legen sich auf die Füße ihres Menschen, um ihm ganz nah zu sein, um ihn auch im Schlafe zu spüren und seinen Schutz zu genießen. Am liebesten würden sie in ihn hineinkriechen. Sie sind abhängig von uns, unserer Liebe, unserer Fürsoge und unserem Schutz.
So einfach ist das. Geben sie dies doch einfach Ihren treuen vierbeiningen Freunden zurück anstatt 10 - 15 Jahre gegen sie zu kämpfen. Es ist so einfach und tut so gut.
24.
Oft höre ich von Hundehaltern, wenn ich Ihnen erkläre, dass ihre Hunde sie mehr lieben als je ein Mensch sie lieben wird,
die Erklärung, dass es doch nur daran läge, dass die Hunde von uns gefüttert werden, sie also rein aus materiellen Gründen uns ihre angebliche Liebe „vorheucheln“ würden. Sie seien eben Opportunisten.
Dann, liebe Leser, müssten Tierheimhunde in In- und Ausland doch überglücklich sein. Sie bekommen genügend Essen, leben oft in Gruppen und haben zumindest in Deutschland häufig sogar einen Pfleger, der mit ihnen spazieren geht.
Also alles, was einen Hund glücklich macht.
Warum sehen Tierheimhunde in In- und Ausland dann nicht glücklich aus?
Warum lieben uns dann andere Haustiere nicht ebenso bedingungslos, wenn wir sie doch auch füttern? Bekommen sie doch die gleiche Pflege und Zuwendung.
Kein Haustier hat eine so enge und innige Beziehung zu uns Menschen wie der Hund. Das ist eine Folge der Domestizierung. Und der Hund hat sich als einziges Haustier selber domestiziert, alle anderen Haustiere hat der Mensch domestiziert. Wenn Sie einen Hund vor die Wahl stellen würden: Ein Leben in Freiheit oder ein Leben mit Artgenossen oder ein Leben mit seinem Menschen, er würde sich immer für Letzteres entscheiden.
Hunde lieben uns Menschen. Und vor allem ihren Menschen, und sie wollen dicht mit ihm zusammenleben, nicht nur zur Futterzeit. Alleinsein ist das Schlimmste. Ist das nicht wunderbar?
Ist das nicht ein triftiger Grund, diese Liebe ebenso bedingungslos zurückzugeben, so dass Sie jede Sekunde mit Ihrem Hund Rollen tauschen würden? Niemand verzeiht Ihnen all Ihre Fehler so wie Ihr Hund es tut. Und Sie?
23.
„Man kann doch einen Hund nicht mit einem Menschen/mit einem Kind vergleichen!“
ist oft das Argument, wenn man einen Hund liebevoll behandelt.
Leider vergessen viele bei diesem Vorwurf, dass der Hund ein Säugetier ist – und wir auch. Wir sind nichts anderes als Säugetiere. Und Säugetiere haben alle den biologisch gleichen Körper, ein Herz, ein Gehirn, das ZNS, die gleichen Organe, Knochen, Muskeln, Gelenke, Haare, Ohren, Nase, Augen, Mund, Zähne.
Die gleichen Gefühle, Emotionen, Schmerzempfindungen und Ängste.
Nur hat der Mensch sich einst als Krone der Schöpfung ernannt, weil er wohl mal in der Bibel geschmökert hat und beschlossen hat, sich die Erde untertan zu machen und sich selber somit über alles zu erheben.
Ein Säugetier wie jedes andere Tier auch.
Sind wir wirklich etwas Besseres, weil wir – solange es uns gibt – Elend, Not, Leid, Hass und Zerstörung über dieses Planeten gebracht haben? Muss man in seinem Größenwahn, in seiner Selbstherrlichkeit alle anderen Säugetiere schlechter behandeln als die eigene Spezies? Moment mal? Behandeln wir überhaupt die eigene Spezies liebevoll?
Wäre es nicht erstrebenswerter, zumindest beim eigenen, geliebten Hund anzufangen und zu beschließen, dass man wenigstens ihn, den man sich ja bewußt aus Liebe ins Haus geholt hat, freundlich und liebevoll zu behandeln, denn deutlicher als bei einem Hund erkennt man doch kaum wie gleich die seine und die unsere Gefühlwelt einander ähneln.
Fangen Sie doch jetzt an und schenken ihm all Ihre bedingungslose Liebe, und machen Sie ihm die paar Jahre, die Sie miteinander verbringen zu einer einzigartigen Zeit, in der Sie jederzeit - zu jeder Minute - mit ihm Rollen tauschen würden.
22.
„Mein Hund will nicht in Wasser.
Ich habe alles versucht, er will einfach nicht rein, selbst mit Leckerlis oder Spielzeug ist er nicht reinzulocken.“
Liebe Hundehalter, bitte bedenken Sie: Hunde sind keine Wassertiere, sondern Landbewohner, genau wie wir. Es gibt Hunde die Spaß im Wasser haben, die gerne im Wasser toben, platschen und auch gerne schwimmen, aber das ist die persönliche Vorliebe genau dieser Hunde, aber als Individuum.
Jeder Hund ist ein Individuum – genau wie wir. Mit all seinen Eigenheiten, persönlichen Merkmalen, mit all seinen Vorlieben, Hobbies, Sympathien und Antipathien, mit all seinen Abneigungen und auch mit all seinen Ängsten – genau wir wir.
Der eine schwimmt gerne, der andere eben nicht. Der eine spielt gerne, der andere eben nicht. Der eine ißt gerne – der andere eben nicht. Der eine mag dies, der andere mag das.
Genau wie wir. Kein Mensch gleicht dem anderen, kein Hund gleicht dem anderen.
Nicht jeder Junge mag Fußball spielen, nicht jedes Mädchen mag Ballett tanzen.
Lernen Sie doch dies zu akzeptieren und hinzunehmen. Loszulassen und Wegzukommen von diesem verbitterten Wollen. Sie müssen nicht dauern versuchen, es ihrem Hund schmackhaft zu machen. Und wenn Sie an einer Wasserstelle sind und ihr Hund nur zum Trinken hingeht, dann ist das doch in Ordnung.
Und wenn er nur ein bißchen reingeht, um sich an einem heißen Tag die Beine zu kühlen, dann ist das doch auch ok.
Bei einem Kind würden Sie doch auch nicht hinbetteln: „Jetzt komm, Julia, Ballett ist doch soooo toll, alle Mädchen mögen doch Ballett. Schau, das süße Tutu, das würde Dir so gut stehen, und ich wäre so glücklich Dich an der Ballettstange zu sehen“, wenn das Kind sich doch für Pferde interessiert und lieber in einer ollen Latzhose Pferdeställe ausmistet.
Nur weil Ihnen etwas gefällt, muss es nicht zwangsläufig allen gefallen, dazu sind die Geschmäcker zu verschieden.
In diesem Sinne – jeder ist einzigartig, und jeder ist einmalig.
Ihr Hund und Sie auch.
21.
Ich greife mal wieder das schon oft von mir erwähnte Thema Angst bei Hunden auf.
Einen Hund bei Angst zu trösten ist absolut legitim, und wer nur ein Fünckchen Empathie besitzt weiß, dass dies im Prinzip keinerlei Diskussion bedarf. Trost kann Angst nicht verstärken. Bei keinem Lebewesen der Welt. Ist neurobiologisch absolut unmöglich.
Um das Ganze abgesehen vom emotionalen Aspekt noch mal in wissenschaftlich zu erklären: Angst ist lebensnotwendig, denn ohne Angst würde man ganz schnell sterben.
Angst macht bereit für die berühmten vier „f“s:
Flee – Fight – Freeze – Fiddle About
also: Flucht – Angriff – Erstarren oder Herumhibbeln
Angst macht Streß, und Streß bewirkt, dass in der Nebennierenrinde das Streßhormon Cortisol produziert um den Körper für die vier „f“s bereit zu machen. Beim liebevollen Streicheln eines Wesens, sei es Mensch oder Tier wird das sogenannte Bindungs- und Kuschelhormon Oxytozin produziert, welches der Gegenspieler von Streßhormon Cortisol ist. Je mehr Oxytozin produziert wird, desto schneller sinkt der Cortisolspiegel.
Nun kommen aber die Einwände, dass man aber selber doch ganz viel Ruhe und Stärke ausstrahlen müsste, wenn man den Hund tröstet. Klar, das wäre schön, aber oft gibt es Situationen, bei denen man selber aufgeregt oder ängstlich ist, beispielsweise wenn der eigene Hund angegriffen oder verletzt worden ist. Oder ihm eine große OP bevorsteht, und Sie beide im Wartezimmer der Tierklinik zittern. Da sind Sie zurecht ebenso aufgeregt, ängstlich und besorgt wie es Ihr Hund ist.
Was tun zwei Menschen, die sich nahe stehen und die sich beide fürchten? Richtig: Sie nehmen einander instinktiv fest in die Arme, klammern sich aneinander. Um zumindest in ihren schlimmsten Ängsten am anderen noch ein wenig Halt in dieser schrecklichen Situation zu finden. Und dies verschafft mehr Trost als vom anderen ignoriert zu werden. Und verstärkt natürlich die Angst nicht, sonst würde man es ja nicht instinktiv machen.
Daher, Sie müssen nicht immer den Helden spielen. Auch Sie dürfen Ängste zeigen, vor allem, wenn diese auch noch angebracht sind. Aber seien Sie bitte immer für Ihren Hund da, nehmen Sie ihn und seine Ängste ernst. Bedenken Sie, wieviele Ängste Sie in Ihrem Leben mit sich herumtragen, und wie schön es ist einen liebenden Menschen an Ihrer Seite zu haben, der Sie und Ihre Ängste ernst nimmt. Bedenken Sie, dass Sie der einzige Sozialpartner für Ihren Hund in seinem kleinen und kurzen Leben sind.
In ungefähr 10 Jahren ist er für immer weg.
Ihm die kalte Schulter zu zeigen und ihn zu ignorieren ist einfach nur grausam.
20.
Viele Hundehalter sind besessen von dem Gedanken, was sie alles ihrem Hund beibringen könnten.
Warum nicht einfach mal den Spieß umdrehen und erfahren, was wir alles von unseren Hunden lernen können, denn sie sind uns in vielen Punkten um Längen voraus.
Tauchen wir doch mal ein ein in ihre wunderbare Welt und lernen wir, die Welt aus ihrer Sicht und durch ihre Augen zu erleben.
Nicht wir sind ihre Lehrer und Dompteure, sondern auch umgekehrt. Wenn wir uns darauf einlassen.
- Ihre Fähigkeit zu lieben übersteigert um Klassen unsere Fähigkeit zu lieben. Ihre Liebe zu uns ist bedingungslos und wird niemals weniger. Zu so etwas sind wir nicht fähig, weil unsere Liebe immer an Bedingungen geknüpft ist und in der Regel weniger wird. Unsere Hunde sind jeden Tag aufs Neue in uns frisch verliebt.
- Hunde leben im Hier und Jetzt. Das können wir nicht. Wir leben meistens in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Wir sind ständig am planen, haben Sorgen wegen unserer Zukunft oder trauern Vergangenem nach. Der Hund genießt den Augenblick, lebt den Moment, kann entspannen, sobald wir es ihm ermöglichen. In unserer Gesellschaft und diesem System steht mittlerweile fast jeder kurz vorm Burn Out.
- Glück und Freunde zu spüren, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen und dies offen zu zeigen... können wir Menschen das überhaupt noch? Kinder und Hunde sind dazu fähig, weil es sie nicht interessiert was die anderen über sie denken. Und weil sie noch nicht in diesem System gefangen sind.
- Fühlen, spüren, wahrnehmen, alle Sinne einsetzen, auch da sind unsere Hunde uns um Längen voraus, denn ihre Sinne sind wesentlich besser ausgeprägt. Und man geht tatsächlich davon aus, dass sie auch einen 6. oder 7. Sinn haben. Den haben nur wenige Menschen, vor allem die Übersensiblen. Ein Hund kann anhand des Geruchs der Hinterlassenschaften eines Kollegen allerhand über ihn und seine Befindlichkeiten herauslesen. Das ist sein Facebook, seine Zetung, das ist seine Nasen- und seine Kopfarbeit. Können Sie da auch nur annähernd mithalten? Wohl kaum. Fast schon absurd, was wir dann unseren Hunden als „Nasenarbeit“ vorsetzen wollen. Sie machen ohne unser Zutun draußen ununterbrochen Nasenarbeit.
- Etwas fokussieren, sich konzentrieren können Hunde besser als wir. Viele Hundehalter behaupten, ihr Hund würde ihnen den „Stinkefinger“ zeigen, wenn sie ihn rufen und er nicht kommt. Das ist schlichtweg falsch! Der Hund hat etwas gesehen und ist hochkonzentriert. Er fokussiert und nimmt dadurch alles andere nicht mehr wahr. Männer können das besser als Frauen.
Sprechen Sie mal ihren Mann an, während er Zeitung liest. „Hast Du was gesagt, Schatz?“
Das ist keine Unhöflichkeit oder Ignoranz, sondern die Folge seiner Konzentration auf das was er gerade tut. Wir Frauen beherrschen Multitasking, was nicht unbedingt ein Grund ist, auf sich stolz zu sein. Hypnose ist übrigens nichts anderen als Konzentrieren und Fokussieren. Ist ganz einfach.
- Faul sein. Raubtiere sind Energiesparer. Und daher faul. „Du fauler Hund!“ schimpft man einen Taugenichts. Aber den anerkennenden Satz: „Du fleißiger Hund!“ zu einem strebsamen Menschen hat man noch nicht gehört. Raubtiere können sich den Luxus leisten, faul zu sein. Ihre einzige Motivation zur Bewegung ist Futtersuche und das Abgehen des Reviers. Bei Katzen ist dies gut zu beobachen. Sie rennen nicht durch ihr Revier, nein sie streifen durch ihr Revier. Alle Raubtiere tun dies. Ca. 20 Stunden ruhen sie, und in den wenigen Stunden des wach seins ziehen sie durch die Gegend. Beutegreifer, um zu jagen, Straßenhunde, um nach Essensresten zu suchen. Gut zu sehen auf der DVD von Günther Bloch "Pizzahunde".
In unserer Gesellschaft ist faul sein verpöhnt. Kaum noch jemand gönnt sich den Luxus des faul seins. Leistung ist in diesem System gefordert, wer faul ist, taugt nichts. Eine schreckliche Einstellung, und daher muss heutzutage jeder rund um die Uhr erreichbar sein, bis zur totalen Ersachöpfung für andere arbeiten und sich selber ausbeuten bis zum Burn Out.
- Hunde sind authentisch. Sie spielen uns nichts vor. Ihre Freude und ihre Begeisterungsfähigkeit ist offen, ehrlich und wahrhaftig. Ihre Gefühle sind echt. Wie oft hingegen verstellen wir uns, um nicht aufzufallen oder um zu gefallen? Wir setzen uns einen falschen Hut auf, um gesellschaftskonform zu sein. Heuchler, Schleimer, Lügner, Betrüger! So etwas ist einem Hund fremd.
- Hunde kennen keine Hierarchien und sind unserem Sozialverhalten um Längen voraus. Sie sind Weltmeister im Konflikte vermeiden, und haben dazu eine große Vielfalt an körpersprachlichen Kommunikatiomsmöglichkeiten. Sie bilden genau wie Wölfe keine Rudel mit Rangordnung wie man früher fälschlicherweise annahm, sondern bilden individuelle Freundschaften (bei Wölfen sind es Familien), die ehrlich und authentisch sind. Es ist für uns Menschen teilweise unverständlich, wie Tiere dies schaffen, einfach in Friede und im Einklang miteinander zu leben, aber tatsächlich sind es nur wir Menschen und einige Primatenarten, die in strengen Hierarchien leben. Und obwohl wir die Intelligenz und den Verstand dazu hätten, dies zu ändern, dies anders zu handhaben und ein soziales Miteinander zu erlernen, schaffen wir es einfach nicht. Seit es uns gibt.
Es gibt noch viel zu lernen für uns, die angebliche Krone der Schöpfung. Nutzen wir doch die Zeit.
19.
Empathie: Segen oder Fluch?
Sind Sie ein empathischer Mensch?
Spüren Sie die Befindlichkeit Ihrer Mitmenschen? Können Sie sich in sie hineinversetzen? Können Sie die Stimmung in einem Raum voller Menschen fühlen?
Wie ist es mit Tieren? Können Sie die entsetzlichen Fotos und Videos von sogenannter Nutztierhaltung auch nicht mehr ertragen? Bereitet es Ihnen auch schlaflose Nächte? Ebenso die Fotos von jeglicher Art von Tierquälerei im In- und Ausland?
Leiden Sie mit, wenn Sie sehen wie ein Hundehalter seinen Hund straft oder schimpft? Spüren Sie einen Leinenruck, den ein Hundehalter bei seinem Hund anwendet, wie wenn er gerade bei Ihnen gemacht werden würde? Können Sie im Gesicht eines Tieres sehen, wie es leidet?
Können Sie die Befindlichkeiten Ihres Hundes in seinem Gesicht lesen? An seiner Körpersprache erkennen? In seinen Augen sehen? Oder sie tatsächlich spüren?
Empathisch und sensibel zu sein beziehungsweise zu werden kann man lernen. Aber man muß es lernen wollen. Oder man beschließt, alles auszublenden. Kalt und herzlos zu sein. Das eigene Wohl allem anderen voranzustellen. Ist natürliche die einfachere Variante. So halten es die meisten Menschen.
Empathisch zu sein ist eine Kunst, und es ist ein Segen. Aber auch ein Fluch, da man gegen das meiste Leid auf dieser Erde nicht viel ausrichten kann. Wären alle Menschen empathisch, dann würde diese Welt ganz anders aussehen.
Aber fangen Sie doch im Kleinen an: Lernen Sie, Ihren Hund zu lesen, mit ihm zu kommunizieren, zu spüren wie er sich fühlt. Lernen Sie, seine Ängste, Sorgen und Nöte wahrzunehmen und dabei zu fühlen, wie es Ihnen in so einem Moment ginge.
Ihr Hund kann das bereits. Er spürt, ob sie fröhlich, glücklich, einsam, traurig, voller Schmerz und Trauer oder wütend sind. Er nimmt Sie, Ihre Gefühle und ihre Emotionen immer ernst.
Seien Sie ihm ein guter Sozialpartner und lernen Sie von ihm die wunderbare Fähigkeit zur Empathie. Er hat nur Sie und sonst niemanden.
Wenn Sie empathisch werden, dann wird diese Welt durch Sie zumindest ein klein wenig besser.
18.
Respekt oder Angst?
„Der Hund soll Respekt vor mir haben!“ hört man oft.
Wie verdient oder bekommt man denn eigentlich diesen Respekt?
Rapper wollen ja immer Respekt (mit gerolltem kiezdeutschen „r“ , zumindest handeln ihre Lieder davon, was mich mit meinen 55 Jahren dann doch immer ein wenig zum schmunzeln bringt. Wofür wollen die Respekt? Fürs Rapperdasein? Fürs Graffiti-Sprühen? Für Sprechgesang? Ich verstehe es nicht ganz, muss ich aber in meinem Alter glaub ich auch nicht mehr. Ich hörte in meiner Jugend AC/DC, Pink Floyd und die Beatles, und die wollten keinen Respekt, sondern einfach nur Musik machen.
Aber wie bekommen wir Menschen denn Respekt vor anderen, bzw. vor welchen Menschen haben wir denn eigentlich Respekt?
Ich kann mal nur von mir sprechen, aber ein anerkennendes RESPEKT! äußere ich vor jemandem, der eine aus meiner Sicht großartige Leistung vollbracht hat, oder der sich um das Allgemeinwohl verdient gemacht hat, oder der sich durch Positives einen großen Namen gemacht hat.
Leider verwechseln viele Hundehalter Respekt mit Angst.
Sie möchten, dass ihr Hund vor ihnen Angst hat.
Denn den wirklichen Respekt vorm eigenen Hund muss man sich hart erarbeiten. Aber mit Sicherheit nicht durch Härte, Strafe, Druck, Maßregelungen und Rumgeschimpfe.
Respekt von unseren Hunden bekommen wir, wenn wir gelernt haben, ihn zu verstehen, ihn und seine Emotionen ernst zu nehmen, ihn zu schützen, ihm Beistand zu geben, vorausschauend zu handeln, achtsam ihm gegenüber zu sein, seine Sprache und auch seine Körpersprache zu verstehen, unsere Emotionen im Griff zu haben, gelassen zu sein, weise zu sein, klar zu sein und konsequent zu uns selber zu sein.
Dann bekommen Sie zu seiner unendlichen Liebe, die er ihnen sowie schenkt auch noch seinen Respekt.
Was man häufig einen respektlosen Hund nennt, ist nichts weiter als ein Hund, der normales Hundeverhalten an den Tag legt, zum Beispiel gleich zu essen, wenn der Napf hingestellt wird oder einen Menschen anzuspringen, den er besonders toll findet (nennt sich in der Fachsprache übrigens aktive Demut). Dinge, die man ganz locker managen kann ohne Erziehungsversuche und ohne zu schimpfen oder zu strafen.
In diesem Sinne – erarbeiten Sie sich den Respekt, den Sie sich von Ihrem Hund wünschen – aber respektieren Sie bitte auch die Wünsche Ihres Hundes. Denn dieses wunderbare Wesen hat all unseren Respekt verdient.
17.
„Und dann hab ich meine Tierärztin gefragt, was ich gegen das Leineziehen/die Leinenaggression machen kann,
und die hat mir dann geraten...“.
STOP!
Wie kann man allen Ernstes einen Tierarzt bei Problemen im Umgang mit dem Hund fragen? Ein Tierarzt ist ein Mediziner und kein Hundetrainer. Hundepsyche oder Hundeverhalten kommen im Studium nicht vor.
Oder würden Sie Ihren Hausarzt um Rat fragen, wenn Sie Eheprobleme haben?
Meine Bitte daher: Wenn Sie Probleme im Umgang mit Ihrem Hund haben, dann wenden Sie sich nicht an einen Mediziner und bitte auch nicht an ein Forum/Gruppe im Internet (dort finden Sie nur viele verschiedene Meinungen von vielen verschiedenen Menschen), sondern an einen kompetenten Hundetrainer.
Und schon kommt das große ABER: Bitte lesen Sie seine Webseite genau. Schauen Sie als erstes, ob er wirklich gewaltfrei arbeitet.
Suchen Sie verstecke Hinweise wie Rudel, Rudelführer, Wolfsverhalten, Rangordnung, Hierarchie, Rangordnung, dann sollten bei Ihnen bereits alle Alarmglocken schrillen. Schauen Sie sich die Fotos der Hunde auf der Webseite an. Tragen Sie Halsband oder ein lockeres, gut sitzendes Geschirr?
Es geht hier immerhin um ein lebendes, fühlendes Familienmitglied und nicht um einen Gegenstand, der zum Funktionieren gebracht werden muss. Wenn Sie den Trainer zu Rate gezogen haben, dann überlegen Sie, ob sie in jeder Sekunde mit Ihrem Hund in dieser Situation die Rollen tauschen würden.
Hören Sie bitte auf Ihr Bauchgefühl, Ihr Herz und Ihren gesunden Menschenverstand. Bedenken Sie dass sich JEDER Hundetrainer nennen darf. Dieser Beruf ist nicht geschützt.
17.
Wie straft man einen Hund?
Eine Kundin fragte mich neulich: „Wie strafst Du Deine Hunde?“
Ich war richtig schockiert, wie man darauf kommt, mich so etwas zu fragen. Nie nie nie im Leben wäre ich auch nur einmal auf die Idee gekommen meine Tiere zu strafen. Weder meine Hunde, noch meine Ponys, noch meine Katze. Wie kommt man auf die Idee ein Tier zu strafen? Es war mir immer ein Rätsel und wird mir immer ein Rätsel bleiben. Welch Geistes Kind muss man sein, wenn man sich über ein Tier erhebt und es straft? Sich als etwas Besseres zu fühlen. Sich als etwas Höherstehenderes zu empfinden. Sich selber als Krone der Schöpfung zu sehen. Was gibt einem das für ein Gefühl wenn man ein Tier straft? Macht? Lust? Was ist daran erstrebenswert? Eigene Unzulänglichkeiten zu kompensieren? Schwäche zu kompensieren? Macht über ein Wesen zu haben, welches ohnehin schwächer ist als wir – selbst wenn es uns körperlich überlegen ist, wie beispielsweise ein Pferd. Warum tun wir das? Es ist mir wirklich absolut unbegreiflich. Wir holen diese wundervollen Wesen zu uns und strafen sie, wenn sie uns nicht gehorchen? Ist das nicht einfach nur pervers?
Ist es nicht das Wunderbarste der Welt, mit einem Tier befreundet sein zu dürfen? Ihm auf Augenhöhe begegnen zu dürfen? Es zu nehmen wie es ist. Als ein völlig andersartiges Wesen, welche sein Leben mit uns teilt. Das ist ein Geschenk! Und jede Form der Zuwendung, die dieses Wesen uns schenkt ist für mich ein Grund in die totale Demut zu gehen.
Einem Tier neutral zu begegnen, keine Forderungen, keine Erwartungen zu haben, keinen Gehorsam zu verlangen, sondern einfach mit ihm sein zu dürfen eröffnet so wunderbare Momente, die man nicht in Worte fassen kann. Was Tiere uns dann schenken ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Mit ihnen in ihrem Sinne zu kommunizieren, von ihnen verstanden zu werden ist harte Arbeit (vor allem an sich selber), aber diese Aufwendung kommt tausenfach zurück. Alle Rückschläge, Niederlagen lassen einen selbst reifen, und dann kommt der Moment, wo man sein Tier als etwas Besonderes und Einzigartiges, ja Magisches erkennt. Und dann erscheint einem alles andere im Leben als völlig nebensächlich.
In diesem Sinne – Ich wünsche Ihnen allen diese Momente erleben zu dürfen. Es ist für jeden möglich.
16.
Bockig, stur, zickig, eigensinnig?
Gerne werden Hunde solche vermenschlichenden Eigenschaften angedichtet. Aussage all dieser Attribute ist letztendlich, dass der Hund seinem selbsternannten Herren und Gebieter nicht bedingungslos gehorcht.
Anstatt in so einem Fall zu schimpfen, zu strafen und zu maßregeln, wäre es doch viel naheliegender zu überlegen, warum der Hund sich verweigert.
Er macht es ja nicht ohne Grund, bzw. es steckt ja nicht die Absicht dahinter, seinem Menschen eins auszuwischen, sondern es könnte doch genauso gut sein, dass er gerade etwas Interessantes entdeckt hat, das gerade seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
Er ist abgelenkt, genau wie wir es sehr häufig sind.
Liebe Damen, haben Sie schon mal Ihrem Partner eine Frage gestellt, während er gerade Zeitung liest? In der Regel reagiert er gar nicht auf Ihre Frage oder fragt zeitverzögert: „Hast Du was gesagt, Liebling?“ Ist er deswegen ein schlechter Mensch? Liebt er Sie deswegen weniger? Nein, sein Fokus lag nur in dem Moment auf etwas völlig anderem. So und nur so funktioniert übrigens Hypnose. Eine ganz simple Form des Fokussierens. Kann jeder lernen und ist kein Hokuspokus.
Warum kann man das seinem Hund nicht zugestehen? Und je fokussierter Ihr Hund ist, desto weniger hört er. Also liegt es doch an Ihnen, die Aufmerksamkeit Ihres Hundes wieder auf Sie zu lenken. Machen Sie sich spannender und interessanter als das was gerade die Aufmerksamkeit Ihres Hundes erregt. Werden Sie kreativ. Begeistern Sie ihn erneut für sich, anstatt ihn abzuurteilen.
Wenn Ihr Hund angeblich bockig ist, überlegen Sie doch bitte erst mal, ob es sein kann, dass er Schmerzen hat oder ob er Angst hat. Und wenn dem der Fall ist, dann helfen Sie ihm doch über seine Ängste hinweg. Und wenn es Schmerzen sein könnten, lassen Sie ihn vom Tierarzt Ihres Vertrauens gründlich durchchecken, auch neurologisch.
Eigensinn ist etwas völlig Normales. Auch wir sind eigensinnig, sonst wären wir alle gleich. Bedenken Sie bitte immer bei all den Ansprüchen, die Sie an ein Tier haben: Es ist und bleibt ein Tier. Keine Maschine, kein Roboter, kein Bundeswehrsoldat, kein Sklave, kein Strafgefangener, keine Marionette. Er kann nicht alle Erwartungen erfüllen, die Sie an ihn stellen. Das wird auch Ihr Partner oder Ihr bester Freund nicht können, und im Umkehrschluß auch Sie nicht an Ihre Mitmenschen.
Ist ein Hund wirklich zickig, wenn er seinen Individualbereich und seine Ressourcen verteidigt? Das ist das normalste Hundeverhalten und dient seinem Überleben und der eigenen Unversehrtheit. Das machen Sie übrigens auch ständig. Sie möchten weder überfallen, noch ausgeraubt, noch ungefragt betatscht werden. Sind Sie deswegen zickig? Oder einfach ganz normal wie all Ihre Mitmenschen.
Lernen Sie, Ihren Hund so zu nehmen wie er ist. Mit all seinen Ecken und Kanten, Macken und Eigenheiten. Denn genau die machen ihn zu einem Individuum. Genau wie Sie. Kein Lebewesen kann perfekt sein. Jeder hat Ängste, Sorgen und Nöte, und jede Erfahrung die er tagtäglich macht, macht ihn zu dem was er heute ist. Genau wie Sie.
In diesem Sinne – Lernen Sie, in gewissen Situationen Vorsorge zu treffen, so dass niemand zu Schaden kommt. Managen Sie Situtionen, so dass alle Beteiligten damit leben können. Seien Sie Ihrem Hund ein guter Freund, Weggefährte und Partner – genau das was er für Sie ist. Er hat nur Sie.
Es ist so einfach.
15.
Spiegeln Sie Ihren Hund oder spiegelt Ihr Hund Sie?
Werden Sie aggressiv, wenn Ihr Hund aggressiv wird?
Werden Sie hektisch, wenn Ihr Hund hektisch wird?
Werden Sie laut, wenn Ihr Hund laut wird?
Drehen Sie doch mal den Spieß um:
Werden Sie friedlich, wenn Ihr Hund aggressiv wird.
Werden Sie entspannt, wenn Ihr Hund hektisch wird.
Werden Sie leise, wenn Ihr Hund laut wird.
Und Sie werden sehen: Plötzlich fängt Ihr Hund an, Sie zu spiegeln.
Und spätestens da stellt sich die Frage:
Wer ist hier wessen Lehrmeister?
14.
„Das hab ich in der Hundeschule ganz anders gelernt“.
Dieser Satz fällt in meinem Unterricht ständig.
Natürlich haben sie es ganz anders gelernt. Jeder lernt und lehrt völlig anders.
100 Hundetrainer – 100 Meinungen und 100 Lehrmethoden.
Eine Meinung ist nichts wert. Eine Meinung ist keine Wahrheit. Eine Meinung ist nichts anderes als ein Geschmack.
"Meiner Meinung nach ist diese und jene Musik gut" – "Meiner Meinung nach ist diese und jene Musik schlecht."
"Diese Sendung gut" – "diese Sendung schlecht".
"Dieses Restaurant gut" – "dieses Restaurant schlecht."
Das ist alles eine Geschmacksfrage, die von Mensch zu Mensch eigen, individuell und völlig unterschiedlich ist, weil jeder in seinem Leben andere, eigene Erfahrungen gemacht hat, einen eigenen ganz, persönlichen Geschmack hat, Erwartungen hat, und die Welt durch seinen eigenen persönlichen Filter sieht und wahrnimmt.
Das macht uns als Individuen aus. Keiner von uns gleicht einem anderen. Jeder ist einzigartig und einmalig.
Ist übrigens bei unseren Hunden nicht anders. Keiner gleicht dem anderen. Jeder ist einzigartig und einmalig.
Leider neigen viele Hundehalter dazu, ihre Hunde alle normen und vergegenständlichen zu wollen.
"Ein Hund hat sich so und so zu verhalten." Das ist oft die Prämisse. Aber ich kann Ihnen garantieren: Das geht nicht. Ein Hund ist wie ein Mensch: Die Summe aus dem Erlebten, aus dem Erfahrenen, aus den eigenen Präferenzen. Hunde lassen sich wie Menschen nicht normen.
Leider ist es aber in dieser Gesellschaft und in diesem Wirtschaftssystem erwünscht, Menschen zu normen. Sie haben gesellschaftskonform zu sein, Erwartungshaltungen zu erfüllen, die dieses System vorgibt, sie haben tüchtig, strebsam und gehorsam und unauffällig zu sein. Leider hat man diese Erwartungshaltung in den letzten 100 Jahren auf den Hund übertragen. Auf ein Tier! Er hat tüchtig, strebsam, gehorsam und unauffällig zu sein. Er hat wie wir in diesem System zu funktionieren. Und das entspricht überhaupt nicht seinem Naturell.
Hunde sind genau das Gegenteil: Faule Raubtiere (genau wie Katzen), die ca. 20 Stunden des Tages verschlafen, und die vier Stunden des Wachseins würden sie mit Durchstreifen ihres Reviers (welches bei Hunden sehr begrenzt ist, mit Nahrungssuche und mit sozialen Interaktionen verbringen.
Ist genug Nahrung vorhanden würde sich das Durchstreifen des Reviers deutlich vermindern. (siehe Günther Blochs „Pizzahunde“).
Leider wird in vielen Hundeschulen das Funktionieren des Hundes gelehrt, und er wird durch einen Stundenplan des Auspowerns geschickt. Bis zum Burn Out. Und dann heißt es, er sei nicht genug ausgelastet worden, und er wird noch mehr ausgepowert.
Seine wahren Bedürfnisse werden häufig ignoriert bzw. bestraft, seine Sorgen und Nöte nicht ernst genommen. Anstatt ihn zu schützen wird er gemaßregelt, und die veralterte und wissenschaftlich überholte Rangordnungtheorie als Argument für alles genommen.
Bitte hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, wenn Ihnen etwas in der Hundeschule gelehrt wird, was GEGEN Ihren Hund und vor allem gegen Ihr Bauchgefühl geht. Und bitte bilden Sie sich außerhalb der Hundeschule fort. Lesen Sie moderne Fachliteratur über Hundeverhalten und Hundepsyche, so dass Sie nicht mit Meinungen argumentieren sondern mit fundiertem Wissen. Auf meiner Webseite unter der Rubrik „Bücher“ finden Sie viele Literaturhinweise.
13.
„Ab in Dein Körbchen!“
Schlafplatz oder Strafplatz?
Früher hat man Kinder in die Ecke gestellt, wenn sie etwas Falsches gemacht haben. Das war mehr als demütigend.
Und heute schickt man einen Hund in sein Bettchen – zur Strafe.
Glauben Sie wirklich, dass der Hund das verstehen kann? Sein Bettchen ist ein Ort an dem er sich ausruhen kann, in welchem er sich wohl fühlt, in dem er normalerweise wohlig schläft, sich seine benötigten 18 – 20 Stunden Erholung holt, und jetzt wird er dorthin strafverbannt, weil man es von früher aus der eigenen Kindheit kennt? Und da soll er dann über seine Sünden nachdenken? Über sein nicht Erfüllen der Befehle, die ihm sein Herr und Gebieter gegeben hat?
Die Erwartungshaltung, die viele Hundehalter in ihr Tier legen ist für ihn in der Regel nicht nachvollziehbar. Es wird erwartet, dass er sich wie ein wohlerzogener und perfekter Mensch in dieser Gesellschaft verhält, der den Knigge auswendig gelernt hat. Er wird bestraft für normales Hundeverhalten, für normale Kommunikation in seiner Sprache.
Kein Mensch ist perfekt bzw. verhält sich immer perfekt, denn jeder ist ein Individuum. Wer ist die Instanz, die vorgibt, wie ein jeder zu sein hat, was eigentlich perfektes Verhalten ist?
Wir erlegen unseren Hunden Regeln und Gesetze auf, die teilweise völlig entgegen ihrer Natur sind. Sie werden bestraft für Verhaltensweisen, welche aus ihrer Sicht in ihrer Hundewelt absolut logisch und normal sind.
Vergleichen Sie doch bitte einen Hund mit einem zweijährigen authistischen Kind, welches seine authistischen Verhaltensweisen und Denkmuster auch durch Strafe oder nicht ablegen kann. Ein authistisches Kind handelt in seiner Welt korrekt und richtig. Und selbst ein erwachsener Autist wird unser selbsternanntes „normales“ Handeln als unnormal empfinden.
Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Jeder empfindet sein Verhalten als das Richtige, es ist jeweils die eigene Sichtweise, die ein Richtig und ein Falsch definiert. Und dann zu erwarten, dass ein Tier mit dem Gemüt eines zweijährigen autistischen Kindes unsere persönlichen Wahrheiten als den einzig richtigen Verhaltenskodex sieht, ist absurd.
Ein Hund kann nicht über seine „Sünden“ nachdenken, weil es so etwas in seiner Welt nicht gibt. Das ins Körbchen schicken macht ihn einfach nur traurig, weil er merkt, dass sein Mensch wütend ist – in seinen Augen unberechenbar. Aber er kann daraus keine Rückschlüsse ziehen für ein angebliches von ihm begangenes Fehlverhalten.
Bitte stafen Sie Ihren Hund nicht – egal wie. Er wird es nicht verstehen. Er wird nur verstehen, dass Sie häufig aus heiterem Himmel unberechenbares Verhalten an der Tag legen.
Zeigen Sie ihm statt dessen von Ihnen Erwünschtes und zwar so, dass er nachvollziehen kann, dass Sie dieses oder jenes Verhalten von ihm toll finden, anstatt ihn für „falsches“ Verhalten zu strafen, denn er wird nie von sich aus verstehen können, was denn die richtige Version seines Handelns gewesen wäre.
12.
Auf der Nase herumtanzen?
Das ist die häufigste Angst vieler Hundehalter, wenn sie nicht streng zu ihrem Hund sind.
Wie darf man sich das dann vorstellen?
Also da ist dann die Angst vor dem eigenen Vierbeiner, welcher Sie tagtäglich bis zum Sterbebett mehr liebt und lieben wird als Sie je ein Mensch in Ihrem Leben auch nur annähernd lieben kann? Das Tier, welches Ihnen alle Fehler verzeiht, die Sie im Umgang mit ihm machen, welches nicht nachtragend ist, welches sich von Ihnen zu allem Möglichen motivieren lässt, welches sich von Ihnen begeistern läßt, welches Ihnen gefallen will, welches Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Nähe möchte, welches unfassbar traurig ist, sobald Sie das Haus verlassen, welches eigentlich ein Nichts ohne Sie ist – und Sie glauben allen Ernstes, dass dieses Tier, das im Vergleich zu uns stets im Hier und Jetzt lebt, den Plan schmiedet, uns auf der Nase herumzutanzen?
Wozu?
Zu welchem Zweck?
Was hätte ein uns liebendes Wesen davon, uns auf der Nase herumzutanzen? Ist dieser Gedanke nicht Vermenschlichung pur?
Woher kommen diese geschürten Ängste vor dem eigenen Haustier? Warum holt man sich so ein Tier freiwillig ins Haus und nennt es dann auch noch „den besten Freund des Menschen“, wenn man ihm gleichzeitig ständig unterstellt, er würde jede Schwäche unsererseits ausnützen und hinterhältig händereibend darauf warten, uns von unserem selbsternannten Thron zu stürzen?
Hunde tanzen niemandem auf der Nase herum. Sie haben Bedürfnisse, die Hunde nun mal haben und kommunizieren diese auf ihre hündische Art mit uns. Das ist kein "auf der Nase herumtanzen", das ist normales Hundeverhalten, auf das Sie entweder eingehen können oder eben nicht. Hundeverhalten ist kein Hinterhalt.
Liebe Leser, sie dürfen Ihren Hund mit Liebe überschütten, ihn herzen, kuscheln und liebhaben, ihm zugestehen, dass er als Hund sich wie ein Hund verhält. Sie brauchen keine Härte, keine Strenge und keine Strafe, um mit ihm eine harmonische Zeit bis zu seinem Lebensende zu verbringen.
Hundehaltung ist das Einfachste der Welt. Lassen Sie sich nichts einreden, was Ihrem Bauchgefühl widerspricht.
Lernen Sie von Ihrem vierbeiningen Freund im Hier und Jetzt zu leben, den Augenblick zu genießen. Es ist ohnehin ein viel zu kurze Zeit. Nutzen Sie sie.
Eva Windisch (der keiner ihrer fünf Hunde, vier Ponys, einer Katze, einem Ehemann und vielen guten Freunden auf der Nase herumtanzt)
11.
Was macht Ihr Hund, wenn Sie traurig sind?
Kommt er zu Ihnen und wirkt besorgt?
Natürlich. Hunde spüren unsere Befindlichkeiten und kleinste Veränderungen unserer Emotionen besser als andere Tiere, teilweise sogar besser als unsere Mitmenschen. Wir haben eine so enge Verbindung zu unseren Hunden und sie mit uns, was eine von vielen Folgen der seit ca. 15.000 Jahre bestehenden Domestizierung. Je enger Sie mit Ihrem Hund zusammenleben, ihn in Ihren Alltag mit einbeziehen, im wahrsten Sinne des Wortes Freud und Leid mit ihm teilen, desto sensibler wird er Ihnen gegenüber werden.
Hunde sind Weltmeister im Interpretieren unserer Körpersprache
und unserer gesprochenen Worte (umgekehrt leider eher weniger), weil sie jede Minute des Zusammenseins bemüht sind, uns seltsame Wesen zu verstehen, da wir ihr einziger Sozialpartner sind.
Ihr Hund ist beunruhigt und will Sie trösten, wenn Sie traurig sind. Verstärkt das Ihre augenblickliche Stimmung? Sind Sie in so einem Moment noch trauriger? Wohl kaum. Mutmaßlich wird er Ihnen sogar ein Lächeln entlocken in Ihrem Leid.
Unsere fünf Hunde reagieren übersensibel auf unsere Stimmungen.
Selbst wenn ich bei einem kitschigen Liebesfilm beim Happy End aufschluchze, kommen die Mädels angerannt und stupsen mich an, bzw. sehen mich beunruhigt an. Ich werde dabei nicht trauriger, sondern fröhlicher.
Und wenn ich mich bei einem spannenden Film grusle oder vor lauter Spannung total aufgeregt bin, dann kommen sie zu mir gelaufen und nehmen Kontakt auf, bzw. meine Schäferhündin bellt dann gleich warnend Richtung Garten, um schon mal alle potentielle Bösewichter zu vertreiben. Ich bekomme dabei nicht mehr Angst, sondern fühle mich besser. Ich bin nicht alleine, ein gutes Gefühl.
Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Man kann negative Emotionen, Gefühle oder Empfindungen nicht durch Beistand, Empathie und Trost verstärken. Das Gegenteil ist der Fall. Man nennt das in der Fachsprache Social Support.
Und das ist bei allen Lebewesen so, auch wenn es bei uns Menschen in dieser Zeit und in dieser Gesellschaft und in diesem System immer verpöhnter ist. Leider ist Härte scheinbar immer mehr die erwünschtere Eigenschaft. Gegen Menschen und auch gegen Tiere.
Hunde sind so viel feinsinniger als wir und können unsere Emotionen viel besser wahrnehmen als wir die ihren. Wäre es nicht Zeit, die Gefühle, Ängste und Sorgen unserer Hunde ernst zu nehmen, anstatt uns über sie zu erheben? Ihnen der gleiche beste Freund zu sein, der sie für uns sind.
10.
Rettung naht
Stellen Sie sich einen Superman-Film vor. Kann auch ein Batman- oder Spiderman-Film sein. Oder wen es sonst noch als Superhelden gibt. Eine prägnante Szene kommt in jedem dieser Filme vor: Eine schöne Frau ist in Gefahr, sie wird von Schurken bedroht, schreit um ihr Leben, und wie aus dem Nichts taucht plötzlich Superman/Spiderman/Batman auf und rettet die Frau, indem er sie hoch in die Lüfte zieht.
Erleichtet sieht die Frau ihrem Retter in die Augen, und die Beiden verlieben sich natürlich sofort ineinander.
Dass vor allem die Frau sich in ihren Retter verliebt, liegt doch eigentlich auf der Hand. Wer will nicht für den Rest seines Lebens so einen traumhaften Helden an seiner Seite haben?
Da kann einem doch nie wieder etwas passieren. Fortan weiß man, dass Gefahr kein Thema mehr ist, dass man im Leben zumindest diese Sorgen streichen kann. Man hat einen Dauerlebensretter an seiner Seite, einen Securityman, einen Bodyguard. Ach ja, da gabs ja auch einen Film mit Whitney Houston. Die hat sich auch in ihren Bodyguard verliebt.
Starke Partner an der eigenen Seite wirken scheinbar sehr attraktiv auf jemand Schwächeren.
Könnten Sie sich die gleichen Szenen mal in einer Slapstickkomödie vorstellen oder in einer Persiflage? Die schöne Frau ist also wieder mal in Gefahr, böse Schurken wollen sie töten, entführen, quälen, vergewaltigen. Sie schreit aus Leibeskräften – Superman oder wer auch immer kommt von oben, zieht sie aus der Gefahrenquelle heraus – und sie schreit noch mehr als sie gerettet wird und ihren Retter sieht. Völlig absurd, nicht wahr? Unglaubwürdig, albern. Selbst in der Persiflage verwirrend. Was soll jetzt daran lustig sein? Wieso sollte sie noch mehr Angst haben, wo sie doch gerade von einem heldenhaften Schönling vor potentiellen Mördern/Vergewaltigern gerettet wird?
Merken Sie was?
Genau das wird tagtäglich Hundehaltern vorgeworfen, die ihre kleinen Hunde, welche Angst haben auf ihren Arm nehmen. Sie schützen und ihnen zeigen, dass sie in dieser fremden und seltsamen Welt einen Beschützer an ihrer Seite haben, auf den sie sich verlassen können. Und das soll ihre Angst angeblich ver- oder bestärken?
Liebe Leser, das kann bei keinem Lebewesen die Angst verstärken. Gerettet werden war und ist für jeden gleichermaßen erleichternd. Ob Ihr Partner Sie rettet, die Feuerwehr, die Polizei, das FBI oder die CIA. Für Sie, für Ihre Kinder, für Ihre Mitmenschen und auch für ein Tier.
Und vor allem für Ihren kleinen Hund, der nur Sie in seinem kleinen, kurzen Leben als einziger Sozialpartner und Superhelden hat.
In diesem Sinne - seien Sie der Retter, der Superheld für Ihren kleinen Hund. Wenn er unsicher ist, sich fürchtet und Angst hat. Da fällt Ihnen kein Zacken aus der Krone, im Gegenteil: Die Krone erhält noch ein paar Zacken mehr.
9.
Allein sein
In meinen Telefonsprechstunden rufen mich viele Hundehalter an, weil ihre Hunde beim Alleine sein stundenlang bellen, heulen, jaulen, winseln, trotz Stubenreinheit ins Haus urinieren und koten oder gar Gegenstände zerstören. Das ist keine Unerzogenheit, wie es oft interpretiert wird und erst recht kein Protestverhalten.
Das ist Todesangst, und diese ist bitte immer ernst zu nehmen!
Hunde sind von uns Menschen so abhängig wie ein Welpe vom Muttertier. Hunde haben den emotionalen IQ eines zweijährigen Kindes. Würden Sie ein zweijähriges Kind alleine lassen? Mit Sicherheit nicht, es würde verzweifelt weinen und nach seiner Mama schreien.
Wir haben unseren Hunden gegenüber eine Elternfunktion: Wir regeln ihren Tagesablauf, wir füttern sie, wir bestimmen wann, wie oft, wohin und wie lange sie raus dürfen, und wann sie sich lösen dürfen. Bei keinem anderen Haustier ist dies so extrem. Hunde haben sich selbst domestiziert, also sich selbst dem Menschen angeschlossen, und wenn sie die Wahl hätten zwischen einem Artgenossen, der Freiheit und ihrem Menschen, dann fiele ihre Wahl immer auf ihren Menschen. Bei keinem anderen Haustier wäre dies der Fall. Und es liegt nicht daran, dass wir sie füttern, wie viele meinen, denn dann wären Tierheimhunde ja überglücklich. Sie werden regelmäßig gefüttert, leben oft mit Kollegen zusammen und haben einen Gassigeher. Auch in den gut geführten Auslandstierschutzheimen werden die Hunde gefüttert. Was glauben Sie, warum die Hunde trotzdem so traurig aussehen? Richtig – sie brauchen einen Menschen. Eine Familie. Mama und Papa, um es mal ganz emotional auszudrücken, aber mit Sicherheit weder einen Rudelführer oder einen Futterautomaten.
Ab der Pubertät beginnt ein Welpe allmählich selbstständig zu werden. Die Zeit des sich Lösens von den Elterntieren beginnt beim Wolfsschnösel mit ca. zwei Jahren. Bei Hunden ist es früher, da sie eben sehr früh den Menschen als nähere Bezugsperson sehen, sofern sie mit Menschen aufgewachsen sind, was ja in der Regel immer der Fall ist. Auch wenn die Pubertät ca. ab dem 7. Lebensmonat beginnt. Das ist auch der Grund, warum man Hunde nicht zähmen muss oder besonders früh an einen neue Person gewöhnen muss. Menschen sind grundsätzlich das Tollste für sie.
Das Alleinesein ist daher für sie erst mal der Supergau. Allein sein bedeutet für einen Welpen verhungern, selber gefressen werden oder sterben. Das ist tief in ihnen verankert. Daher fangen Sie bitte nicht zu früh an, den Welpen ans allein sein zu gewöhnen. Er hat ohnehin gerade durch Sie seine Mutter und seine Geschwister für immer verloren. Wie gesagt: Erst ab der Pubertät sinkt kurzfristig die extrem starke Bindung zur Bezugsperson.
Ich möchte hier keine Regel aufstellen, denn ich kenne Welpen, die sehr früh sehr selbstständig sind und im Gegensatz dazu Welpen, die wahre Muttersöhnchen sind, die an Frauchens Rockzipfel hängen vor lauter Angst verloren zu gehen. Jeder Hund ist ein Individuum. Gehen Sie dennoch behutsam an die Sache heran.
Anfangs wird der Welpe ihnen auf Schritt und Tritt folgen, das ist sein Überlebensinstinkt: Sie sind die Ersatzmama bzw. der Ersatzpapa. Fangen Sie subtil an: Einfach mal die Badezimmertür kurz zu machen, wenn sie auf der Toilette sind, aber sprechen Sie von innen mit dem Hund, damit er hört, dass Sie da sind, auch wenn er Sie nicht sehen kann. Beruhigen Sie ihn, so dass er lernt, dass alles in Ordnung ist. Das Ganze können Sie langsam steigern. Verlassen Sie die Wohnung, schließen Sie die Tür und verwenden Sie dabei einen Satz, den Sie immer wenn Sie gehen sagen, z.B.: „Ich komme gleich wieder, sei schön brav.“ Lauschen Sie, ob Sie etwas hören. Sobald er bellt, weint, heult oder jammert, kommen Sie bitte sofort wieder rein und sagen: „Alles gut, ich bin schon wieder da.“ Nehmen Sie seine Emotionen ernst. Er weint, weil er Todesangst aussteht und nicht, weil er protestiert. Dazu hat die Natur Lebewesen diese Laute gegeben. Ängste sind immer ernst zu nehmen, egal ob sie von einem Menschen oder einem Tier kommen. Und keine Sorge, er wird durch Ihr sofortiges Zurükkommen nicht lernen, dass er nur weinen muss, und schon sind Sie wieder da, sondern er wird lernen: „Selbst wenn mein Mensch außer Sichtweite ist, ist er doch irgendwie für mich da und achtet auf mich.“ Ich bin Atheist, aber vergleiche dies mit dem Glaube eines Christen, dass Gott, Jeus, Maria - trotzdem man ihn/sie nie gesehen hat - immer präsent sind und einen beschützen.
Streichen Sie das Wort „Kontrollzwang“ in Bezug auf Hunde aus Ihrem Wortschatz. Hunde haben sich nicht dem Menschen angeschlossen , um ihn zu kontrollieren. Wozu auch? Sie brauchen uns und wollen bei uns sein. Hunde, die diesen angeblichen Kontrollzwang haben, haben einfach nur unsagbare Angst, plötzlich alleine zu sein. Unsicher Hunde haben dies häufig bzw. Hunde die sehr früh Verluste erlitten haben, sei es durch zu frühes Alleinseintraining oder zu frühes Absetzen vom Muttertier.
Und bitte bitte bitte schleichen Sie sich niemals heimlich aus dem Haus, wenn das Hundebaby gerade schläft. Wenn es aufwacht, und Sie sind wie vom Erdboden verschwunden, wird es tausend Tode sterben. Und genauso ziehen Sie sich einen angeblichen „Kontrollfreak“ heran, der gelernt hat: „Wenn ich die Augen zumache, dann bin ich für immer allein!“ Dann geht es ihrem Hund wie den Jugendlichen in „Nightmare on Elm Streat“. Wenn Sie einschlafen, dann passiert das Grauen. Die Folge wird sein, dass Ihr Hund Ihnen auf Schritt und Tritt folgen wird, nie mehr zu seinen 20 Stunden Schlaf am Tag kommt, und in Folge des ständigen Schlafentzuges unter Dauerstress gerät. Im schlimmsten Fall haben Sie dann einen Hund, der nie mehr alleine sein kann und ständig unter Strom steht. Dann heißt es: "Der ist nicht genügend ausgelastet!" und dann wird das arme Baby auch noch zu Marathonspaziergängen mitgenommen, die es aufgrund seiner Verlassensheitsängste auch noch mitmacht und vor lauter Streßhormone auch noch aushält.
Sich einen Welpen zu holen ist der gleiche Fulltimejob wie ein Kind zu bekommen.
Einen zweiten Hund als Gesellschaft dazuzuholen klappt meistens nicht. Es ist in der Regel dann nicht der Fall, dass der Zweithund dem Ersthund vermittelt, dass Alleinesein doch nicht so schlimm ist, sondern umgekehrt: Die Angst, die der panische Ersthund vermittelt, kommt beim Zweithund genauso an: Alleinesein ist scheinbar wirklich lebensgefährlich.
In diesem Sinne – nehmen Sie sich Zeit für die paar Monate, in denen Ihr Hund/Kind noch ein Baby ist. Sie legen damit einen Grundstein fürs Leben.
8.
Wenn man auf die Aggression eines Hundes
mit Aggression bzw. Gewalt reagiert, wie soll der Hund dann schlußfolgern können, dass Aggression unerwünscht ist?
7.
„Wenn er nicht gehorcht beim Spazierengehen, dann brechen wir zur Strafe den Spaziergang ab!“ hat mir vor kurzem eine Kundin mitgeteilt.Glauben Sie wirklich, dass ein Hund dies als Strafe für sein Vergehen erkennen und interpretieren kann?
Ebenso beliebt ist: „Zur Strafe kommt er an die Leine!“
Bitte denken Sie logisch. Dann wäre im Umkehrschluß jedes Ende eines Spaziergang für den Hund eine von Ihnen erteilte Strafe an den Hund, jedes Anleinen eine von Ihnen erteilte Strafe an den Hund. Dann wäre ja für der Hund - wenn es für ihn ersichtlich wäre - dieser Moment der Zeitpunkt über seine „Sünden“ nachzudenken, zu reflektieren, logische Schlüsse zu ziehen und um –zig Ecken zu interpretieren, was für Missetaten er begangen haben könnte.
Liebe Hundehalter: Das geht nicht, und das kann er nicht. Einem Menschen kann man so etwas erklären, einem Tier nicht.
Würde Ihr Hund das Anleinen als Strafe empfinden, dann wäre ja jedes Gehen an der Leine für ihn eine Strafe. Wenn dem so wäre, dann hätten Sie aber einiges im Zusammenleben mit Ihrem Hund falsch gemacht. Das Gehen an der Leine sollte für den Hund als genauso schön empfunden werden, wie der Freilauf. An der Leine gehen ist ein Hand-in-Hand gehen, eine innige Nähe, eine Verbundenheit, ein Miteinander, ein Schutz.
Und ebenso das Ende eines Spazierganges, was ja bei jedem Spaziergang die logische Folge ist, denn jeder Spaziergang hat ein Ende. Es soll ein Ausklingen des gemeinsam Erlebten sein, ein nach Hause kommen, was wiederum wohlige Entspannung bedeutet.
Bitte bedenken Sie: Ein Strafe – soll sie für den Hund ersichtlich sein – muss sofort (innerhalb von 2 - 3 Sekunden) und so hart erfolgen, dass der Hund wirklich einen Zusammenhang daraus verknüpfen kann. Und Bestrafen können Sie nur eine Handlung. Also ist es sinnlos, den Hund zu bestrafen, wenn er etws nicht tut, also wenn er beispielsweise auf einen Rückruf nicht folgt. Er verknüpft die Strafe, die Sie ihm für einen nicht befolgten Befehl erteilen nur mit der Tatsache, dass Sie gerade anwesend sind.
Bedenken Sie weiterhin, dass das was wir als Strafe an den Hund weitergeben, in der Hundewelt völlig anders verstanden wird.
Hunde bestrafen sich in dem Sinne nicht, wie wir Menschen es tun:
Hunde verteidigen Ihre Ressourcen, wie zum Beispiel Futter, Spielzeug, Schlafplätze, ihren Menschen oder ihren Individualbereich (und damit auch das Bedürfnis nach Ruhe in seiner Nähe). Nichts anderes machen wir in solchen Situationen auch. Aber das ist kein Strafen.
Aber Hunde bestrafen sich nicht gegeseitig fürs nicht Gehorchen, denn Gehorsam gibt es in der Hundewelt nicht. Gehorsam hat immer etwas mit Herrschaft zu tun. Hunde sind keine Rudeltiere (Wölfe auch nicht, denn die sind Familientiere), und selbst in einem Rudel gibt es in dem Sinne keinen Oberbefehlshaber, der militärische Befehle erteilt, sondern einen, der durch sein Wissen das Rudel leitet, führt und schützt.
Machen Sie es Ihrem Hund leicht: Es ist um vieles einfacher für ihn, zu begreifen, was Sie von ihm wollen, anstatt in unserer komplizieren Menschenwelt nachzuvollziehen, was Sie NICHT wollen.
Es liegt an Ihnen, es ihm so zu vermitteln, dass er es auch verstehen kann. Anstatt das Unerwünschte zu bestrafen, zeigen Sie ihm das Richtige, das Erwünschte.
6.
Warum Sie niemals der Rudelführer/Chef/Leitwolf/Alpha/Packleader Ihres Hundes werden können.
Warum Sie niemals der Rudelführer/Chef/Leitwolf/Alpha/Packleader Ihres Hundes werden können.
Der Gedanke, der Rudelführer über seinen Hund zu werden, ist leider nicht totzukriegen und wird fleißig tagtäglich wie Flüsterpost in den Medien und Hundeschulen verbreitet.
Rudelführer über den eigenen Hund ist aber biologisch nicht möglich, da Hunde keine Rudeltiere sind und ihnen somit eine Rangordnung oder ein Hierarchiegedanke völlig fremd ist. Hunde haben sich vor 15.000 Jahren nicht dem Menschen angeschlossen, um mit ihm ein Rudel zu bilden, was ja ziemlich absurd wäre, denn dann wären Hunde ja ziemlich dumme Tiere, wenn sie nicht mal den Unterscheid zwischen Mensch und Hund erkennen könnten. Und Tiere können nur innerartlich Rudel bzw. Herden bilden, so hat die Natur es gewollt. Sonst wäre ja auch die Erhaltung der Art gefährdet. Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich am Ende mit Ihrem Hund verpaaren... als ordentlicher selbsternannter Rudelführer. Gruseliger Gedanke, oder?
Satire beiseite.
Hunde sind im Vergleich zu Wölfen keine Rudeltiere. Und selbst Wölfe sind streng genommen keine Rudeltiere, sondern Familientiere, denn ein Rudel besteht aus einem monogamen Elternpaar und zwei Generationen Welpen, die jeweils in der Pubertät mit zwei bis drei Jahren das Elternhaus verlassen, um selber eine kleine Familie zu gründen. Kein Alpha, kein Omega, keine Rangordnung, sondern eine Familie, die zusammenhält und sich niemals gegenseitig bekriegen oder bekämpfen würde.
Hunde haben sich selber domestiziert, man musste sie nicht erst zähmen, sie haben sich freiwillig dem Menschen angeschlossen und sind die einzigen Tiere, die das Zusammenleben mit einem Menschen einem Leben in der Freiheit oder einem Leben mit einem Artgenossen vorziehen. Hunde sind hochsoziale Lebewesen, Weltmeister im Konflikte vermeiden und gehen unangenehmen Situationen eher aus dem Weg als das Risoko einer Auseinandersetzung einzugehen.
Und sie haben sich nicht dem Menschen angeschlossen, um gegen ihn zu kämpfen. Ansonsten wäre ja Hundehaltung ein ziemlich riskantes Hobby und der Hund sicher nicht eines der beliebtesten Haustiere. Auch der Terminus „bester Freund des Menschen“ wäre ja dann eine Farce, wenn dieser angeblich beste Freund ständig auf eine Gelegenheit lauern würde, um uns in der angeblichen Rangordnung zu übertrumpfen.
Rangordnungen gibt es bei uns Menschen in diesem Wirtschschaftssystem, in welchem es ausschließlich darum geht, gegeneinander zu konkurrieren. Daher vermenschlichen wir in dieser Sichtweise den Hund extrem, indem wir ihm unterstellen, ebefalls in dieser menschlichen Hierarchieschiene zu leben. Tut er aber nicht.
Hunde lieben uns Menschen mehr als wir Menschen uns gegenseitig fähig sind lieben. Ihre Liebe ist bedingungslos. Sie lieben uns und und verzeihen uns dummerweise auch noch alles. Wie würde dieses Ansinnen mit einer Rangordnung gleichzusetzen sein?
Hunde bilden keine Rudel, sondern manchmal individuelle Freundschaften, die aber auch nichts mit Rangordnungen zu tun haben. Hunde sind sehr soziale Lebewesen, aber sie verteidigen aus überlebenstechnischen Gründen ihre Ressourcen und ihren individualbereich. Was immer noch nichts mit einer Rangordnung zu tun hat. Jeder verteidigt seine Ressourcen und seinen Individualbereich. Wir Menschen ganz besonders.
Wenn Sie sich als vermeindlicher Rudelführer über ihren Hund aufspielen, bekommt Ihr Hund lediglich Angst vor Ihnen und verliert sein Vertrauen in Sie und in Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen. Wer sich so verhält ist einfach nur asozial und gefährlich in den Augen eines Hundes. Und dennoch kann er nicht anders – und liebt Sie trotz allem immer noch.
Und abgesehen davon ist ein Rudelführer oder ein Leittier in der Natur außer bei einigen wenigen Affenarten nie derjenige der am meisten rumprollt und am asozialsten ist, sondern derjedenige, der den anderen Mitgliedern am meisten dient. Er ist derjenige, der vor Gefahren schützt, der der am besten sieht, wittert und hört, der Klügste, der Gelassenste, der Souveränste, der Weiseste, also derjenige, der durch seine besonderen Fähigkeiten den Schutz des Rudels /der Herde gewährleisten kann. Aber niemals derjenige, der Ausbeutung oder Bekämpfung der Gemeinschaft betreibt, denn dann wäre er in Kürze ganz alleine.
Ich empfehle allen immer noch gläubigen Rudelführern das Buch „Hundeverstand“ von John Brandshaw, das aktuellste kynologische Buch, welches nicht ganz einfach zu lesen ist. Wie es bei wissenschaftlicher Literatur eben so ist. Das Märchen von der Rangordnung bei Wölfen ist seit den Mitte der 90er Jahre von vielen Wolfsforschern wissenschaftlich widerlegt und bei Hunden auch schon seit vielen Jahren von diversen namhaften Kynologen.
Werden Sie nicht der Feind Ihres Hundes, sondern sein Freund. Die gemeinsame Zeit ist ohnehin viel zu kurz und sollte nicht mit dem ständigen Niederringen eines liebenden Tieres vergeudet werden.
5.
Wie war Ihre Kindheit?
Wie gingen Ihre Eltern mit Ihnen um? Gab es bei Ihnen noch die „gesunde Watsch’n“, die angeblich noch keinem geschadet hat?
Sind Sie häufig gestraft oder geschimpft worden? Was hat das in Ihrer damaligen Sicht mit Ihnen gemacht und was in Ihrer heutigen Sicht?
Warum straft oder schimpft man eigentlich mit Vorliebe Schwächere und Abhängige?
Wie gehen Sie mit Ihrem Hund um? Genau so wie man mit Ihnen als Kind umgegangen ist? Möchten Sie nochmal das gestrafte Kind von früher sein? Möchten Sie Ihr Hund sein? Möchten Sie mit Ihrem Hund tauschen? Soll er für Ihre Kindheit büßen?
Gerne wendet man das, was man in seiner Kindheit erlebt hat, auf andere Lebewesen an.
Wie war wohl die Kindheit von besonders liebevollen und empathischen Menschen?
Und wie war wohl die Kindheit von grausamen, harten und eventuell gar kriminellen Menschen?
Verstehen Sie, worauf ich hinaus will? Selbst wenn Sie eine nicht besonders liebevolle Kindheit hatten, Sie nicht geherzt und geküßt wurden, kuscheln und Lob bei Ihnen nicht zur Tagesordnung gehörte, Ihre Eltern Ihnen nicht die Liebe gegeben haben, die Sie als kleines wehrloses und abhängiges Kind so dringend gebraucht hätten... ist das ein Freibrief, dies ungefiltert an Schwächere weiterzugeben? Sie sind doch nicht fremdbestimmt. Keine unsichtbare Macht in Ihrem Inneren zwingt Sie dazu. Sie können freigeistig über Ihr Handeln bestimmen – und reflektieren.
Anstatt solche unschönen Erziehungsmethoden Ihrer Eltern an Ihren Hund weiterzugeben, sehen Sie doch die Beziehung zu Ihrem Hund als Chance, es besser zu machen. Fangen Sie sofort damit an, und Sie werden sehen, wie sich Ihre Beziehung zu Ihrem Hund zum Postitiven verändert. Es ist ganz einfach und liegt nur an Ihnen. Machen Sie es besser und machen Sie damit die Welt ein Stück weit besser.
4.
Was passiert zwischen Ihnen und Ihrem Hund, wenn Sie ihn strafen?
Egal wie Sie ihn strafen, mit körperlicher oder psychischer Gewalt, mit Stimme oder Drohgesten, Ihr Hund wird nur eines daraus lernen: Ihre Nähe zu meiden. Wenn ein Hund einen anderen Hund attackiert, dann will er dass dieser sich entfernt und mit Sicherheit nicht, dass dieser näher zu ihm kommt und ihm vertraut. Attacke bedeutet: „Hau ab! Weg aus meinem Dunstkreis! Weg aus meinem Individualbereich! Ich mag Dich nicht! Ich will Dich nicht in meiner Nähe haben!“
Aber niemals bedeutet es. „Bleib näher bei mir, komm dichter zu mir, bleib mit dem Blickkontakt bei mir, bleib mit Deiner Aufmerksamkeit bei mir! Vertraue mir! Lass uns ein Team werden! Lass uns Freunde fürs Leben werden!“
Somit erreichen Sie niemals das Erwünschte, wenn Sie Ihren Hund strafen. Daher bitte zeigen Sie IMMER Ihrem Hund, was Sie von ihm möchten und niemals, was Sie NICHT möchten. Er wird es nicht verstehen, denn unsere Gedankengänge sind zu kompliziert und zu komplex, als dass er sie wirklich erraten könnte.
Einen Hund, der ja seinen Menschen immer bedingungslos liebt zu strafen oder zu bedrohen, bewirkt lediglich, dass das Vertrauen zu dieser Person Stück für Stück zu bröckeln beginnt. Der Hund wird lernen, Probleme selber auf seine eigene Art und Weise zu lösen und nicht auf die Kompetenz seines Menschen zu setzen. Er wird im Augenblick des gestraft-Werdens Fehlverknüpfungen machen und die Situation, in der er gestraft wurde erst recht negativ in Erinnerung behalten. Und somit entstehen immer mehr Probleme, denn der Hund sieht seinen Menschen dann nicht mehr als seinen Freund und Sozialpartner, sondern als seinen Gegner. Somit für den Hundehalter ein weiterer Freibrief, seinen Hund noch mehr zu strafen, zu maßregeln und zu bedrohen, und ein regelrechter Teufelskreis beginnt.
Durchbrechen Sie ihn und fangen Sie von vorne an, um aus dieser Spirale wieder herauszukommen. Lernen Sie, Ihren Hund zu verstehen und seine Emotionen ernst zu nehmen. Sein Verhalten ist nur eine logische Folge seiner Emotionen. Emotionen kann man nicht bestrafen, aber man kann negative Emotionen in positive Emotionen umwandeln, so dass der Hund das unerwünschte Verhalten gar nicht mehr zeigen muss.
3.
Kennen Sie Sisyphos?
Jenen "Helden" der griechischen Mythologie, der immer und immer wieder vergebens einen Felsen einen Berg hinaufstemmte, welcher oben angekommen wieder bergab zurückrollte. Sisyphos lernte nichts daraus und versuchte es weiterhin.
Eine sinnlose Tätigkeit, die zu nichts führt, nennt man gemeinhin Sisyphustätigkeit.
Fast niemand macht so etwas. Mit fällt da höchstens Homer Simpson ein, der beispielsweise irgendwo hinfasst, wo es weh tut, „AU!“ schreit, und im nächsten Moment wieder dorthinfasst und erneut „AU!“ schreit. Dies mit ein paar Wiederholungen bringt die Zuschauer zum Lachen, und jeder denkt: „So ein Trottel!“ Spätestens nach dem dritten sinnlosen Versuch, merken doch die meisten, dass etwas nicht klappt.
Und dieser wunderbaren Methodik können Sie sich im Umgang mit Ihrem Hund bedienen. Ohne ihn zu dressieren, abzurichten oder gar zu strafen. In fast jeder Situation. Lassen Sie ihn doch einfach die Erfahrung machen, dass das, was er vorhat, einfach nicht klappt.
Einfaches Beispiel: Sie stehen aus irgendeinem triftigen Grund irgendwo, und Ihr Hund zieht an der Leine, weil er weiter möchte. Was wäre Ihre übliche Reaktion? (An dieser Stelle möchte ich bitte nochmals anmerken, dass eine Leine eine Sicherung ist, und die Luftröhre ein denkbar ungeeignetes Körperteil zum Sichern eines atmenden, fühlenden Lebewesens ist. Daher bitte immer ein gutsitzendes Brustgeschirr zum Sichern verwenden.)
Leinenruck? Schimpfen? Zurückziehen?
Ihr Hund lernt nichts daraus, außer dass Sie mal wieder schlecht gelaunt sind und ihm ständig (in seiner Denke) grundlos weh tun. Denn ein Hund kann nicht erkennen, dass Gehen plötzlich falsch sein soll.
Lassen Sie Ihren Arm immer länger werden? Oder gehen Sie auf einem Bein balancierend mit dem Oberkörper und dem anderen Bein immer mehr in die Waagrechte? Oder gehen Sie gar zwei, drei Schritte mit ihm mit? Was lernt Ihr Hund daraus? Richtig: Dass an der Leine ziehen sich lohnt. Es ist zwar ein wenig anstrengend, aber Anstrengung führt ja bekanntlich zum Ziel. Ganz einfacher Lerneffekt. Und doch logisch und nachvollziehbar, nicht wahr? Daher ziehen Hunde in der Regel an der Leine, wenn der Hundehalter steht. Weil sie es gelernt haben, dass sich dadurch etwas ändert. Weil die Halter es ihnen unbewußt beigebracht haben.
Also was wäre die einfachste und für alle Beteiligten logischste Variante? Natürlich! Gehen Sie doch einfach NICHT darauf ein! Soll er doch ziehen! Er darf gerne ziehen. Es wird sich nichts an seiner Situation ändern, und so lernt jeder Hund ratzfatz: An der Leine zu ziehen bringt nichts. Vergebliche Liebesmüh. Es ändert sich nichts.
Und diese Erkenntnis läßt sich weiter fortführen beim Leineziehen beim Gehen. Bitte lassen Sie sich weder zu einer schnelleren Gangart hinreißen (Sie werden ohnehin nie so schnell gehen können wie Ihr Hund, da wir Menschen nur zwei Beine haben), noch zum oft geratenen Stehenbleiben, noch zu der Unart des ständigen strafenden Leinenrucks. Gehen und bleiben Sie in Ihrem Tempo, und Sisyphos wird einfach nur merken: „Der/die Arme kann halt nicht schneller.“
Ihr Hund bettelt? Na und? Gehen Sie doch einfach nicht drauf ein, anstatt ihn zuzutexten mit: „Neiiiiiiiiiin, es gibt nichts! Neiiiiiiiin, das ist meins!“ Oder dem prolligen AUS!- oder ABINDEINKÖRBCHEN!-Gebrülle. Egal ob Sie es nett oder aggressiv vermitteln, Ihr Hund lernt lediglich daraus, dass Sie um Ihre Ressource Essen kämpfen, und dass das Thema noch gar nicht vom Tisch ist – im wahrsten Sinne des Wortes.
Sisyphos kann betteln soviel er will – es führt zu nichts. Also wird er sich irgendwann mal in sein Körbchen oder unter den Tisch kuscheln. Bleiben Sie dran, und bleiben Sie bei sich. Das Thema „Bei sich bleiben“ habe ich in meinem Buch 3 „Mit Hunden Sein 3- Die Botschaft der Hunde“ ausführlich beschrieben.
Ihr Hund will Menschen anspringen? Halten Sie in so einem (meist absehbaren) Moment doch einfach die Leine so kurz, dass er es gar nicht erst schafft, und Sisyphos wird merken, dass Hochspringen nicht klappt. Erlebe ich tagtäglich, wenn ich Neukunden treffe, und diese seelenruhig zusehen, wie Ihre 50 kg-Dogge an der langen Leine an mir hochklettert. Auch wenn ich Hundetrainerin bin, finde ich es in keinster Weise toll, wenn fremde Hunde an mir hochspringen. Tut gerade bei großen Hunden übrigens echt weh, wenn man nicht gerade wie für eine Polarexpedition gekleidet ist.
Dass die Haustür zu ist, der Garten einen Zaun hat, der Kühlschrank zu ist, die Futterbox nicht erreichbar ist, und und und ... diese und ähnliche Erkenntnisse machen Hunde tagtäglich ohne dass wir ihnen das antrainieren oder anerziehen müssen. Es sind einfache Erfahrungen durch Try and Error, die Hunde tagtäglich machen, ihre Schlüsse daraus ziehen und für sich lernen. Uns geht es tagtäglich nicht anders.
Und dies können Sie sich wunderbar im täglichen Umgang mit Ihrem besten vierbeinigen Freund zunutze machen. Völlig unspektakulär.
Und so einfach.
In diesem Sinne – bleiben und werden Sie kreativ.
Und bleiben sie immer klar und durchschaubar. Für Mensch und Tier.
2.
Auf der Seite eines sehr bekannten deutschen Hundetrainers las ich den Tipp, den Hund nicht immer zu streicheln, wenn dieser es fordere, sonst würde der Hund glauben, wir seien seine Marionette.
Nun lassen sich dies mal bitteschön auf der Zunge zergehen. Da wünscht sich dieses uns liebende Wesen, welches in seinen wenigen ca. 10 Jahren Lebenserwartung nur uns hat und sonst niemanden, einfach in diesem Moment ein wenig Liebe, ein wenig Zärtlichkeit, ein wenig Nähe, und Sie sollen ihm die kalte Schulter zeigen? Was soll das Geben von Liebe und Körperkontakt Negatives bewirken? Gab es schon mal einen Fall, bei dem Liebe, Streicheleinheiten, Nähe und Körperkontakt etwas Negatives hervorgerufen hat?
Wie ginge es Ihnen in so einem Moment? Sie sehnen sich nach einfachem Körperkontakt von Ihrem Partner, und dieser weist Sie ab. Ich vermute, Sie fangen an, an seiner Liebe zu zweifeln oder zu vermuten, dass in Ihrer Beziehung etwas nicht stimmt.
Hatten Sie nicht auch mal das Bedürfnis, Ihrem Partner zu sagen: „Kannst Du mich bitte ganz fest in die Arme nehmen?“
Oder Sie umarmen und küssen ihn, weil sie gerade vor Liebe und Sehnsucht nach ihm zerspringen könnten.
Ein Kind will mit den Eltern kuscheln, und diese ignorieren dies.
Hunde sind von uns so abhängig wie ein Kind von seinen Eltern.
Das Verwehren von Liebe ist mit das Grausamste was man jemanden, der von einem abhängig ist, antun kann. Das hinterläßt einen tiefen Riss in der Seele.
Bitte hören Sie auf Ihr Herz, Ihr Bauchgefühl und auf Ihren gesunden Menschenverstand. Ihr Hund möchte nichts weiter als einfach gestreichelt werden. Streicheln Sie Ihren Hund nicht gerne?
Was passiert denn eigentlich, wenn Sie Ihren Hund liebevoll streicheln (und damit meine ich nicht wuscheln, kratzen oder klopfen, sondern wirklich streicheln)?
Im Körper des Hundes wird ein Hormon gebildet, das sogenannte Kuschel- und Bindungshormon Oxytozin. Dieses Hormon bewirkt, dass sich der Gestreichelte wohl fühlt, es stärkt die Bindung, die Beziehung, das Vertrauen und die Hingabe. Und das Schöne ist: Im Körper des Streichelnden bildet sich das gleiche Hormon. Das heißt, dass beide, also Streichelnder und der Gestreichelte diesen Moment gleichermaßen genießen und sich noch mehr zueinander hingezogen fühlen.
Oxytozin entsteht zwischen Mutter und Baby schon im Mutterleib und zwischen zwei Verliebten beim Sexualakt. Sie lieben sich in dem Moment noch mehr. Und Sie und Ihr Hund lieben sich beim Kuscheln noch mehr. Und das soll kontraproduktiv sein? Zwei Wesen, die sich lieben und berühren? Es ist in keinester Weise biochemisch oder verhaltensbiologisch erklärbar, dass dies negative Auswirkungen hätte.
Also wovor haben Sie in so einem Moment Angst? Lassen Sie sich bitte nichts einreden. Ihre gemeinsame Zeit ist ohnehin viel zu kurz. Hören Sie immer auf Ihr Bauchgefühl.
1.
Grenzen – Regeln
Die Zauberwörter vieler Hundehalter, an die sie sich gerne klammern wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.
„Regeln und Grenzen muss er kennen, und gehorchen muss er“.
Was für Regeln und Grenzen sollen das aber denn nun sein, die ein Tier, welches in einer völlig anderen Welt lebt, alle auswendig kennen und können muss?
Dass es kommt, wenn man es ruft? Ist das eine Regel? Dann wären ja alle Hunde, die diese Regel einst gelernt hatten, jederzeit zu 100% abrufbar. Ist aber kein Hund – definitiv keiner. Nicht mal meine fünf Mädels, und das will schon was heißen! 100% kann niemand.
Also ist dies schon mal keine Regel, sondern etwas, was man sich verdienen bzw. schwer erarbeiten muss. Der Rückruf ist ein Geschenk seitens des Hundes an Sie. Ein gut aufgebauter Rückruf ist Gold wert und kann lebensrettend sein. Je attraktiver Sie den Rückruf gestalten, desto mehr Lust hat der Hund zu kommen, ja für Sie alles stehen und liegen zu lassen. Also keine Regel. An Ihnen liegt es!
Ist es eine Regel, dass der Hund nicht auf die Staße rennen darf? Ich hoffe doch sehr, dass Ihr Hund an Straßen angeleint ist, und es gar nicht erst dazu kommen kann, denn das wäre grob fahrlässig. Die Vernunft und den Verstand, dass Autos tödlich sein können, kann ein Hund und auch ein Kleinkind nicht haben. Also wieder keine Regel. Sie haben die Verantwortung.
Ist es eine Regel, dass Ihr Hund an der Ampel stehen bleiben muss? Ich hoffe doch sehr, dass Sie an der Ampel stehen bleiben und dabei die Leine kurz halten, so wie Sie ein Kleinkind in so einer Situation an der Hand halten würden.
Ist es eine Regel, dass der Hund im Haus kein Essen „klauen“ darf? Eine Ressource, die nicht bewacht wird, gilt in der Welt der Hunde als freigegeben, also bewahren Sie bitte Lebensmittel wie bei einer Katze auch außer Reichweite auf. Also liegt erneut die Verantwortung und die Regel bei Ihnen.
Er soll sich hinsetzen, bevor Sie ihm sein Essen geben.
Warum? Tiere füttern ist doch etwas selbstverständliches: Man gibt ihnen ihr Essen. Unsere Pflicht und eine Regel für alle Tierhalter.
Er soll nicht betteln? Dann gehen Sie doch einfach nicht darauf ein, anstatt eine Litanei an Maßregelungen loszulassen. Lassen Sie ihn doch in aller Gelassenheit die Erfahrung machen, dass Betteln zu nichts führt. Wieder eine Regel, die nicht der Hund sondern Sie einhalten müssen.
Wäre es nicht besser, wir setzen uns als Hundehalter, die wir die Fürsorgepflicht haben, selber eine Menge Regeln und Grenzen.
Unseren unangeleinten Hund zum Beispiel nicht zu einem angeleinten Hund zu lassen.
Für unseren Hund zu 100% berechenbar zu sein und nicht ständig unseren Mißmut an ihm auszulassen.
Die Spaziergänge in seinem Sinne zu gestalten, ihn in Ruhe schnüffeln und markieren zu lassen.
Ihn an der Leine kurz zu halten, wenn er dazu neigt, andere Menschen anzuspringen, weil er Menschen so liebt und am liebsten die ganze Welt umarmen könnte.
Ihn so wenig wie möglich alleine zu lassen.
Für ihn da zu sein, wenn er uns braucht.
Ihn und seine Emotionen ernst zu nehmen.
Uns ständig mit wirklicher Fachliteratur über Hundverhalten und Hundepsychologie soweit schlau zu machen, so dass wir wissen, wie denn so ein Hund lebt, liebt, denkt, tickt, lernt, wie er unsere menschliche Welt wahrnimmt und wie wir seine Welt interpretieren können.
Anderen Menschen Grenzen zu setzten, die unserem Hund zu nahe kommen oder gar schaden wollen.
Vor allem unseren Kindern Grenzen setzen, was ihren Umgang mit dem Hund betrifft. Schlimm genug, was Hunde in unserer Zeit bei Kindern alles aushalten müssen. Wagt der Hund einmal sich zu wehren, dann gilt er aggressiv. Früher war es Gang und Gäbe, dass man einen Hund, der schläft in Ruhe läßt und dass Kinder ihn nicht verfolgen dürfen, wenn sie ihn streicheln wollen, sondern warten müssen, bis er gesreichelt werden möchte.
Ein Tier zum Funktionieren zu bringen, ihm ein Verständnis für unsere Welt auferlegen zu wollen, ist absurd. Es ist ein Tier und kein erwachsener Gelehrter, der den Knigge auswendig kann. Funktionieren müssen wir Menschen in diesem System. Funktionieren und benutzbar sein müssen Computer und Maschinen, und es wird von uns und von diesen Gegenständen erwartet, aber von einem Tier? Und ist es nicht nach unseren Vorstellungen zu 100% perfekt, dann greift der Mensch zu Mitteln wie Unterwerfung, Strafe, gefügig machen, damit es auf Knopfdruck funktioniert. Ist das denn wirklich möglich? Wenn man unseren IQ und den eines Hundes vergleicht, erscheint es doch völlig absurd, was wir alles von einem Hund erwarten und verlangen.
Wenn Ihr Hund etwas in einer Situation macht, was sie gerade nicht möchten, dann sagen Sie doch einfach ganz freundlich, ja fast fragend seinen Namen, er wird Ihren Blickkontakt suchen, da er sofort aufgrund Ihrer freundlichen Stimme eine positive Erwartungshaltung an Sie hat, Sie ansehen, Sie loben ihn dafür sofort verbal – und schon ist die Situation beendet. Super einfach und wirksam. Und besser als ständige Abbruchsignale, mit denen Sie Ihren Hund nur zeigen, dass Sie eine Spaßbremse sind. Das Anbieten eines Alternativverhaltens ist für den Hund tausendmal schöner und wirksamer als ein Abbruchsignal.
Also: Setzten sich sich selber Grenzen, stellen Sie sich selber Regeln auf, seien und bleiben Sie fair zu ihrem Hund, seien Sie kreativ, und wenn er etwas nicht versteht, dann zeigen Sie ihm freundlich, was Sie von ihm wollen, anstatt das zu bestrafen was Sie an seinem Verhalten nicht wollen. Handeln Sie vorausschauend und achtsam, damit er erst gar nicht zu unerwünschten Situationen und unerwünschtem Verhalten kommt. Bieten Sie Ihrem Hund stets ein Alternativverhalten zu seiner Absicht an. Hunde bemühen sich ohnehin so sehr, unsere komplizierte Menschenwelt zu verstehen und uns zu gefallen.
In diesem Sinne - Behandeln Sie ihn so, wie Sie von jemandem behandelt werden möchten, den Sie lieben.
Foto: Entspanntes Mensch-Hund-Paar im Gelassenheitstraining in Münchens Fußgängerzone